Pneumokokkenimpfung in Deutschland: viel Luft nach oben

Nicht einmal die Hälfte aller Personen ab 60 Jahren ist hierzulande gegen Pneumokokken geimpft. Unter den chronisch Kranken ab 16 Jahren sind gerade einmal 17 Prozent geschützt. Und das, obwohl die STIKO klare Empfehlungen für diese Zielgruppen ausspricht.

Krankheitsbild Pneumokokken: Überblick

Auf welchen Daten beruht die Analyse?

Die STIKO führt zwar eine eigene Impfstatistik, doch werden die Impfquoten darin weder nach bestimmten Krankheiten noch regional und nach Altersgruppen stratifiziert. Genau das wollten Sarah Mihm vom Münchner Unternehmen MSD Sharp & Dohme und ihr Team aber wissen und nutzten für ihre deskriptive retrospektive Kohortenstudie (DOI: 10.1055/a-2178-8306) eine Datenbank mit anonymisierten Krankenkassendaten von insgesamt 8,8 Millionen Versicherten. Daraus zogen sie eine repräsentative Stichprobe und untersuchten folgende Parameter:

Wie hoch war die Pneumokokken-Impfquote bei Älteren und Vorerkrankten?

Die Impfquote bei der Standardimpfung für Personen ab 60 Jahren lag bei ca. 46 Prozent. Dabei gab es zwischen den Altersgruppen erhebliche Unterschiede. Bei den 60- bis 64-Jährigen waren lediglich 13 Prozent geimpft, mit zunehmendem Alter stieg die Impfquote kontinuierlich an.

Bei den chronisch Kranken ab 16 Jahren erhielt nicht einmal jeder Fünfte die empfohlene Indikationsimpfung. Noch am besten waren Versicherte mit einer chronischen Herzerkrankung abgedeckt (24 Prozent), dann folgten Erkrankungen der Atemwege (21,5 Prozent) und neurologische Erkrankungen (19 Prozent). Bei den einzelnen Krankheitsentitäten schnitten Patienten mit Lungenemphysem am besten ab (39 Prozent), während Personen mit Zerebralparese die niedrigste Impfquote aufwiesen (9 Prozent).

Eigentlich sollte die Impfung mit PPSV aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes bei allen Risikogruppen mit einem Mindestabstand von 6 Jahren wiederholt werden. Doch in diesen Genuss kam bundesweit weniger als ein Viertel der Betroffenen. Vor allem jüngere Personen zwischen 16 und 29 Jahren erhielten nur selten eine Wiederholungsimpfung. 

Welche Ärzte in welcher Region impften am häufigsten?

Die Pneumokokken-Impfung liegt eindeutig in der Hand der Allgemeinärzte. Sie waren sowohl für die Standard- als auch für die Indikationsimpfungen hauptverantwortlich. Dahinter folgten Pneumologen, die aber nur 1,5 Prozent bzw. 2,3 Prozent der Immunisierungen vornahmen. 

Regional schnitten die östlichen Bundesländer inklusive Berlin besser ab als die westlichen. In allen Altersgruppen war die Impfquote in Bayern am niedrigsten (34,4 Prozent) und in Sachsen-Anhalt am höchsten (62,6 Prozent).

Für die Studienautoren sind die Ergebnisse alarmierend. Sie fordern angesichts einer alternden Gesellschaft und der Zunahme chronischer Erkrankungen eine bessere Umsetzung der STIKO-Empfehlungen. Ihre Vorschläge: u.a. ein stringenteres Impfmanagement mit geeigneter Softwarelösung sowie monetäre Anreize. So könnte die Quote an Impfungen bei denen, die sie brauchen, effektiv erhöht werden. 

Appell an die Hausärzte

Viele Risikopersonen sind hierzulande nicht oder nur unzureichend vor Pneumokokken geschützt. Dabei gibt es wirksame Impfstoffe und eine klare Empfehlung der STIKO. Vor allem Allgemeinmediziner sind aufgerufen, ihre gefährdeten Patienten vor schwerwiegenden Pneumokokken-Erkrankungen zu bewahren.
 

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