Antibiose bei schwerer Pneumonie: Lieber gleich dual?

Eine ambulant erworbene Pneumonie gehört zu den häufigsten Infektionen überhaupt. Eine aktuelle Publikation widmet sich den Standards der Antibiotika-Therapie.

Eine ambulant erworbene Pneumonie gehört zu den häufigsten Infektionen überhaupt. Eine aktuelle Publikation widmet sich den Standards der Antibiotika-Therapie.

"Bei begründetem Verdacht auf atypische Pneumonie gleich dual behandeln!" – diese kürzlich gelesene Überschrift1 veranlasst uns zu einem kurzen Refresher in Sachen ambulant erworbene Pneumonie (CAP). Immerhin zählt sie bei uns zu den häufigsten Infektionskrankheiten.

Einweisen oder nicht?

Dem niedergelassenen Arzt stellen sich bei einer ambulant erworbenen Pneumonie mit schwererem Krankheitsbild vor allem zwei wichtige Fragen: Einweisen oder nicht? Welche Antibiose?

Neben der klinischen Einschätzung des Patienten wird zur Risikostratifizierung der CRB-65-Score herangezogen2. Die einfache und gut validierte Skala umfasst vier Punkte:

Für jedes erfüllte Kriterium gibt es einen Punkt. Bei einem Summen-Score von 0 wurden keine signifikant erhöhten Mortalitätsraten beobachtet. Bei 1-2 Punkten steigt das Risiko an auf 6-9%, bei 3-4 Punkten auf über 20% bis zu 40% und höher, je nach Quelle2,3.

Prospektive Interventionsstudien zu Therapieentscheidungen auf Basis des CRB-65-Scores gibt es allerdings nicht. Zudem sollten zur Vorhersage des Risikos für ambulante und insbesondere für ältere Patienten weitere Kriterien herangezogen werden. Neben medizinischen Befunden natürlich auch solche, die die Situation des Patienten und sein häusliches (Betreuungs-) Umfeld betreffen.

Ab CRB-65-Score = 2 ins Krankenhaus

Bei null Punkten kann normalerweise, wenn keine sonstigen Risikofaktoren oder Komplikationen vorliegen, ambulant behandelt werden. Ab zwei Punkten ist die Einweisung ins Krankenhaus angezeigt. Ergibt die CRB-Bewertung einen Punkt, kann die Entscheidung knifflig werden.

Bei jüngeren Patienten unter 65 Jahren ist die stationäre Aufnahme vor allem dann zu erwägen, wenn beidseitige oder segmentübergreifende Infiltrate im Röntgenbild zu sehen sind oder eine Hypoxämie besteht. Im Alter über 65 Jahre sind es relevante Komorbiditäten, die den Ausschlag für die Einweisung geben können, v.a.:

Pneumokokken machen nahezu die Hälfte der außerhalb des Krankenhauses erworbenen Lungenentzündungen aus. Nicht zu unterschätzen ist allerdings auch die Prävalenz der  atypischen Pneumonie. Sie gehört zu den häufigeren Problemen in der Praxis und ist auch für den Spezialisten nicht immer leicht zu erkennen.

Atypische Pneumonien: nicht selten und nicht immer leicht zu erkennen

Wegen der teilweise nur geringen Symptomatik werden atypische Pneumonien nach Expertenmeinung unterdiagnostiziert. Sind sie ein Indikator für eine insgesamt angegriffene Gesundheit? Kann sein, muss aber nicht.

Wenn von einer atypischen Pneumonie die Rede ist, sind meist zwei Dinge gemeint:

Bei solchen Anzeichen ist immer auch an eine atypische Pneumonie zu denken. Vor allem, wenn weitere, nicht-respiratorische Symptome hinzukommen wie Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Diarrhoe und Laborauffälligkeiten wie Hyponatriämie, Transaminasenerhöhung und erhöhte Nierenwerte.

Betalaktame oder Makrolide/Fluorchinolone oder beides?

Weist der Patient eine schwere Symptomatik auf, stellt sich die Frage nach der richtigen Strategie für die antibiotische Behandlung. Neben dem entscheidenden Aspekt der Wirksamkeit fließen noch weitere Überlegungen in die therapeutische Entscheidung ein, die etwa die Verträglichkeit, mögliche Gefahren der Resistenzbildung und letztlich auch die Kosten betreffen.

Eine Erregerdiagnostik sollte man zwar veranlassen, das Ergebnis abwarten kann man aber nicht. Zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie werden Betalaktam-Antibiotika empfohlen, eventuell gemeinsam mit einem Betalaktamase-Inhibitor. Allerdings sind diese Medikamente nicht gegen atypische Erreger wirksam.

Bei Verdacht auf einen atypischen Erreger ist ein anderes Antibiotika-Spektrum angezeigt, nämlich Fluorchinolone (z.B. Levofloxacin, Moxifloxacin), Makrolide (z.B. Clarithromycin, Azithromycin) und ggf. Tetracycline.

Duale Therapie senkt Mortalitätsrisiko

Um die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens zu erhöhen, wird deshalb eben empfohlen, bei einer schweren Pneumonie gleich mit einer dualen Therapie zu beginnen.

In früheren Studien ergab der Vergleich von Dual- und Monotherapie, also  Betalaktame/Makrolide versus Betalaktame widersprüchliche Ergebnisse. Eine Metaanalyse4 jüngeren Datums hat mit einem um 33% reduzierten Mortalitätsrisiko einen signifikanten Vorteil für die Dualtherapie ermittelt. Allerdings standen für diese Auswertung lediglich Beobachtungsstudien zur Verfügung.

Bei Verschlechterung nach drei Tagen: stationäre Einweisung empfehlenswert

Als entscheidend für die Beurteilung des Ansprechens der Therapie gilt der Zustand des Patienten drei Tage nach Behandlungsbeginn. Wichtig ist die genaue, erneute Beurteilung der Vitalparameter: Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz, Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur, Bewusstseinsstatus. Bei einer Verschlechterung trotz Antibiose ist die Einweisung ratsam.

Referenzen:

  1. Lungenentzündung: Bei begründetem Verdacht auf atypische Pneumonie gleich dual behandeln!. Pneumo News 2016;8(6):29. (Interview)
  2. Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) et al. S3-Leitlinie: Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention – Update 2016.
  3. Heppner HJ. V. a. Lungenentzündung im Alter: Muss jede Pneumonie ins Krankenhaus? MMW  Fortschritte der Medizin 2016;158(15):23.
  4. Nie W et al. β-Lactam/macrolide dual therapy versus β-lactam monotherapy for the treatment of community-acquired pneumonia in adults: a systematic review and meta-analysis. J Antimicrob Chemother. 2014;69(6):1441-6.