COPD Patienten mit chronischer Hyperkapnie (Kohlendioxid-Überschuss im Blut) nach lebensbedrohlicher Exazerbation profitieren von einer häuslichen, nicht-invasiven Beatmung (NIV = non invasive ventilation): Die Zeit bis zum nächsten Krankenhausaufenthalt oder Tod wird damit signifikant verlängert.
Dies zeigt die neue britische Studie mit dem Kürzel HOT-HMV. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind bereits in die frisch überarbeiteten Leitlinien zur Beatmungstherapie bei chronisch respiratorischen Insuffizienz eingeflossen.
HOT-HMV steht für Home Oxygen Therapy (HOT) und Home Mechanical Ventilation (HMV). Erst im Frühsommer wurde die Studie im renommierten Journal of American Medical Association veröffentlicht (Murphy et al., JAMA, June 6 2017).
Bekanntermaßen leiden Patienten mit schwerer COPD unter wiederholten Exazerbationen mit häufigen Krankenhausaufenthalten. Je nach Schweregrad müssen sie immer wieder invasiv oder nicht-invasiv auf der Intensivstation beatmet werden. Die Mortalität bei dieser Patientengruppe ist deutlich erhöht.
Ein Teil dieser Patienten erhält zu Hause Langzeit-Sauerstoff, einzelne von ihnen benötigen sogar eine dauerhafte, außerklinische Beatmung – entweder invasiv oder teils auch nicht-invasiv (NIV). Die HOT-HMV-Studie ging der Frage nach, ob die nicht-invasive Beatmung zuhause, also die NIV der "normalen" häuslichen Sauerstofftherapie überlegen ist.
Bei der Untersuchung handelte es sich um eine randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie, die zwischen 2010 und 2015 an 13 Standorten in Großbritannien durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden 116 COPD-Patienten nach schwerer Exazerbation mit chronischer Hyperkapnie (arterieller Kohlendioxidpartialdruck PaCO2 > 53mmHg, gemessen 2 und 4 Wochen nach Exazerbation). Sie wurden in zwei Therapiegruppen eingeteilt:
Die Ergebnisse zeigten einen Vorteil der NIV:
HOT-HMV ist die zweite größere, randomisierte Studie, die einen Nutzen einer Langzeit-NIV bei COPD-Patienten mit chronischer Hyperkapnie bestätigt. Eine deutsch-österreichische Studie von Köhnlein et al. hatte 2014 ebenfalls einen Benefit der NIV zeigen können (Reduktion der 1-Jahres-Mortalität).
Die Ergebnisse der HOT-HMV-Studie sind kurz nach ihrer Veröffentlichung bereits Teil der überarbeiteten Leitlinien
"Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronisch respiratorischen Insuffizienz"
geworden. Auch die Leitlinien von 2009 empfahlen bei bestimmten COPD-Patienten bereits eine NIV-Therapie, diese Empfehlungen wurden nun ausführlich überarbeitet und konkretisiert. So heißt es: Eine NIV im häuslichen Umfeld des Patienten ist u.a. indiziert, wenn „in der Folge einer akuten beatmungspflichtigen respiratorischen Azidose mindestens 14 Tage nach Beendigung der Akut-Beatmung noch eine persistierende Hyperkapnie (paCO2 > 53mmHg) besteht (Murphy et al., 2017)“. Hier spiegeln sich im Detail und direkt die Ergebnisse von HOT-HMV wieder.
Für den einzelnen COPD-Patienten (mit chronischer Hyperkapnie) bedeutet die Einleitung einer NIV im häuslichen Umfeld, dass:
Offen bleiben die Fragen, wie entsprechende Versorgungskonzepte aussehen könnten und von wem die Kosten getragen werden. Die Leitlinien sprechen von Beatmungszentren, die die Versorgung dieser Patienten mit übernehmen sollen. Fakt ist, dass global die Anzahl außerklinisch beatmeter Patienten steigt und dass stark steigende Kosten für das Gesundheitssystem zu erwarten sind.
In Deutschland erhält ein Teil der COPD-Patienten bereits eine häusliche nicht-invasive Beatmungstherapie. Es bleibt nun abzuwarten, inwiefern sich der klinische Alltag durch die überarbeiteten Leitlinien verändern wird.
Referenzen: