Biologika-Therapie beim Asthma: Es darf gewechselt werden

Kann man von einem Antikörper auf den anderen umsteigen und wie? Hinweise aus einer Studie und weitere praktische Tipps vom DGP-Kongress.

Kann man von einem Antikörper auf den anderen umsteigen und wie? Hinweise aus einer Studie und weitere praktische Tipps vom DGP-Kongress.

Nach der Therapie mit Tomaten wenden wir uns wieder der pneumologisch relevanten Medikation zu. In der Asthma-Therapie mit den neuen Biologika ist noch viel "Learning by Doing" vonnöten. Diese aus klinisch-praktischer Erfahrung gespeiste Einsicht haben wir früher schon mal thematisiert. Da gibt es ja eine grobe Orientierung, die so aussieht:

Auch Komorbiditäten können gegebenenfalls als Orientierungskriterium dienen. Dennoch ist in der Praxisrealität die Grauzone breit, in der beide Ansätze in Frage kommen. Und es stellt sich natürlich auch die Frage nach der Umstellung vom einen auf das andere Biologikum. Hier dürfte jeder Behandler so seine Erfahrungen sammeln, zumal nicht jeder Antikörper bei jedem Patienten gleich wirkt. Eine Anfang Mai publizierte Studie1 zeigt den Erfolg eines solchen Switches, in diesem Fall von Omalizumab (Xolair® von Novartis) auf Mepolizumab (Nucala® von GSK), wodurch die Exazerbationsrate um rund zwei Drittel gesenkt werden konnte. Da lohnt sich ein genauerer Blick auf die Studiendaten.

OSMO-Studie: erfolgreicher Wechsel von Omalizumab zu Mepolizumab

Die von GSK finanzierte multizentrische, einarmige Open-Label-Studie lief über 32 Wochen. Es wurden 145 Teilnehmer mit folgenden Merkmalen eingeschlossen:

Die Patienten wurden ohne Pause direkt auf den Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab (100mg s.c. alle 4 Wochen) umgestellt. Am Ende der knapp achtmonatigen Studienphase wurden in der Intention-to-treat-Analyse die Endpunkte erreicht. Die erwünschte Verbesserung von Asthmakontrolle und Gesundheitszustand gelang. Die Gesamtwerte im ACQ-5 bzw. im SGRQ nahmen um -1,45 bzw. -19,0 Punkte ab. Den klinisch relevanten Mindestunterschied erreichten 77% bzw. 79% der Patienten. Die hochgerechnete Rate an Exazerbationen, die eine Behandlung mit oralen Steroiden erfordern, konnte um 64% gesenkt werden (3,26 vs. 1,18 Ereignisse pro Jahr). Zu Verträglichkeitsaspekten hatten die Autoren nichts Auffälliges zu vermelden.

Wenn man sich die obige Orientierungsregel anschaut, ist der Erfolg vielleicht gar nicht so verblüffend. Informationen über eine allergische Asthma-Komponente der Studienteilnehmer konnten wir bei den Einschlusskriterien nicht ausfindig machen. Ungeachtet dessen mag ein Fazit lauten: Wenn ein Antikörper nicht funktioniert, kann man es möglicherweise noch mit einem anderen probieren.

Weitere Antworten auf praxisrelevante Fragen

Natürlich gibt es noch einige weitere spannende Fragen im Zusammenhang mit dem Biologika-Einsatz beim Asthma. Etwa, wie lange die Behandlung bei gutem Ansprechen weitergeführt werden soll – für immer? Hier einige Antworten und praktische Tipps aus der Uniklinik Mainz von der dort arbeitenden Pneumologin Dr. Stephanie Korn, die wir einem Beitrag vom diesjährigen DGP-Kongress entnommen haben:

Referenzen:
1. Chapman KR et al. The clinical benefit of mepolizumab replacing omalizumab in uncontrolled severe eosinophilic asthma. Allergy 2019. doi:10.1111/all.13850

Abkürzungen:
ACQ = Asthma Control Questionnaire
DGP = Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.

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von Dr. Hubertus Glaser und Dr. Sophie Christoph

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Biologika-Therapie beim Asthma: Es darf gewechselt werden

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Kann man von einem Antikörper auf den anderen umsteigen und wie? Hinweise aus einer Studie und weitere praktische Tipps vom DGP-Kongress.

Nach der Therapie mit Tomaten wenden wir uns wieder der pneumologisch relevanten Medikation zu. In der Asthma-Therapie mit den neuen Biologika ist noch viel "Learning by Doing" vonnöten. Diese aus klinisch-praktischer Erfahrung gespeiste Einsicht haben wir früher schon mal thematisiert. Da gibt es ja eine grobe Orientierung, die so aussieht:

  • Patient mit perennialer Allergie, erhöhtem Gesamt-IgE und Eosinophilie: Kandidat für Anti-IgE;
  • Patient ohne bekannte Allergie, dafür mit niedrigem Gesamt-IgE und ausgeprägter Eosinophilie: Kandidat für Anti-IL-5.

Auch Komorbiditäten können gegebenenfalls als Orientierungskriterium dienen. Dennoch ist in der Praxisrealität die Grauzone breit, in der beide Ansätze in Frage kommen. Und es stellt sich natürlich auch die Frage nach der Umstellung vom einen auf das andere Biologikum. Hier dürfte jeder Behandler so seine Erfahrungen sammeln, zumal nicht jeder Antikörper bei jedem Patienten gleich wirkt. Eine Anfang Mai publizierte Studie1 zeigt den Erfolg eines solchen Switches, in diesem Fall von Omalizumab (Xolair® von Novartis) auf Mepolizumab (Nucala® von GSK), wodurch die Exazerbationsrate um rund zwei Drittel gesenkt werden konnte. Da lohnt sich ein genauerer Blick auf die Studiendaten.

OSMO-Studie: erfolgreicher Wechsel von Omalizumab zu Mepolizumab

Die von GSK finanzierte multizentrische, einarmige Open-Label-Studie lief über 32 Wochen. Es wurden 145 Teilnehmer mit folgenden Merkmalen eingeschlossen:

  • schweres eosinophiles Asthma, unzureichend kontrolliert trotz Behandlung mit hochdosierten Inhalativa und anderer Kontrollmedikation plus Omalizumab (über mindestens 4 Monate, im Mittel 2,5 Jahre);
  • mindestens zwei Exazerbationen in den letzten 12 Monaten;
  • Blut-Eosinophilie: entweder ≥ 150 Zellen/μl zu Studienbeginn oder mindestens einmalig ≥ 300 Zellen /μl im Vorjahreszeitraum;
  • ACQ-5 ≥ 1,5.

Die Patienten wurden ohne Pause direkt auf den Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab (100mg s.c. alle 4 Wochen) umgestellt. Am Ende der knapp achtmonatigen Studienphase wurden in der Intention-to-treat-Analyse die Endpunkte erreicht. Die erwünschte Verbesserung von Asthmakontrolle und Gesundheitszustand gelang. Die Gesamtwerte im ACQ-5 bzw. im SGRQ nahmen um -1,45 bzw. -19,0 Punkte ab. Den klinisch relevanten Mindestunterschied erreichten 77% bzw. 79% der Patienten. Die hochgerechnete Rate an Exazerbationen, die eine Behandlung mit oralen Steroiden erfordern, konnte um 64% gesenkt werden (3,26 vs. 1,18 Ereignisse pro Jahr). Zu Verträglichkeitsaspekten hatten die Autoren nichts Auffälliges zu vermelden.

Wenn man sich die obige Orientierungsregel anschaut, ist der Erfolg vielleicht gar nicht so verblüffend. Informationen über eine allergische Asthma-Komponente der Studienteilnehmer konnten wir bei den Einschlusskriterien nicht ausfindig machen. Ungeachtet dessen mag ein Fazit lauten: Wenn ein Antikörper nicht funktioniert, kann man es möglicherweise noch mit einem anderen probieren.

Weitere Antworten auf praxisrelevante Fragen

Natürlich gibt es noch einige weitere spannende Fragen im Zusammenhang mit dem Biologika-Einsatz beim Asthma. Etwa, wie lange die Behandlung bei gutem Ansprechen weitergeführt werden soll – für immer? Hier einige Antworten und praktische Tipps aus der Uniklinik Mainz von der dort arbeitenden Pneumologin Dr. Stephanie Korn, die wir einem Beitrag vom diesjährigen DGP-Kongress entnommen haben:

  • Zeitpunkt der Evaluation: laut Fachinformationen "nach 16 Wochen" (Omalizumab) bzw. "mindestens einmal im Jahr" (Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab), in Mainz üblicherweise nach der Applikation von vier kompletten Dosen (guter Zeitraum: "nach 3–6 Monaten");
  • Parameter für die Evaluation: alle anschauen! (Symptomkontrolle, Verbrauch von Bedarfsmedikation und systemischen Kortikosteroiden, Lungenfunktion, Zahl und Schweregrad von Exazerbationen, Nebenwirkungen und Patientenzufriedenheit);
  • Behandlungsdauer: "erstmal auf unbestimmte Zeit" weiterführen; Mainzer Erfahrung: in der Regel erneute Verschlechterung nach (ein- bis zweijährigem) Absetzen von Omalizumab und Mepolizumab, deshalb ggf. Dosisreduktion bei Absetzwunsch bevorzugen; längste Behandlungsdauer mit Mepolizumab: über 8 Jahre, mit sehr guter Verträglichkeit und ohne Wirkverlust beim betreffenden Patienten;
  • Umstellung: kommt für etwa ein Viertel der Patienten infrage, da etwa jeder vierte Patient mit schwerem Asthma sowohl die Kriterien für Anti-IgE- als auch jene für Anti-IL-5-Antikörper erfüllt; ggf. auch Wechsel innerhalb der Anti-IL-5-Riege erwägen;
  • Therapiepause vor Wechsel: 2–3 Monate ("Damit ist man auf der sicheren Seite."), schnellerer Wechsel vermutlich risikolos möglich (vgl. oben).

Referenzen:
1. Chapman KR et al. The clinical benefit of mepolizumab replacing omalizumab in uncontrolled severe eosinophilic asthma. Allergy 2019. doi:10.1111/all.13850

Abkürzungen:
ACQ = Asthma Control Questionnaire
DGP = Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.

Urheberrecht

Text:
Dr. Hubertus Glaser & Dr. Jörg Zorn
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