Mit dem bisherigen Goldstandard in der Behandlung des moderaten bis schweren obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms (OSAS) gibt es Probleme. Nicht, dass die nächtliche Überdrucktherapie nicht wirken würde. Die gerade aktualisierte Leitlinie1 besagt ganz klar: "Für die Beseitigung jeglicher Form von Atmungsstörungen gibt es kein effektiveres Verfahren als die Positivdrucktherapie, von der Tracheotomie bei schweren lebensbedrohlichen Fällen abgesehen."
Die CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) wird dort als häufigste Therapieform für alle Schweregrade der obstruktiven Schlafapnoe geadelt. Ihre positiven Effekte auf die Atmungsstörung beziehungsweise den Apopnoe-Hypopnoe-Index (AHI) sowie auf Schlafstruktur, Tagesschläfrigkeit, Lebensqualität (vor allem physische Aktivität und Vitalität), Stimmung, Kognition, Blutdruck und Unfallrisiko sind wissenschaftlich gut belegt.
Gemeint sind auch nicht die Kontroversen (und eventuellen Verunsicherungen), die die im vergangenen Jahr publizierte SAVE-Studie2 ausgelöst hat. Mitten im Sommer lief plötzlich die Meldung über den Ticker: "CPAP-Beatmung schützt in Studie nicht vor Herz-Kreislauf-Ereignissen"3.
Dabei sollte die SAVE-Studie den abschließenden Beweis dafür erbringen, was vorher schon Beobachtungsstudien gezeigt hatten: Dass es unter regelmäßiger Nutzung des CPAP-Geräts seltener zu kardiovaskulären Komplikationen des Schlafapnoe-Syndroms kommt. Schließlich waren auch schon günstige CPAP-Effekte auf die Endothelfunktion und die Insulinwirkung beobachtet worden. Der prospektive Nachweis der Kardioprotektion misslang in der SAVE-Studie jedoch. Teilgenommen hatten – mehrheitlich asiatische – Schlafapnoiker mit Herzgefäß- oder zerebrovaskulärer Erkrankung. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 3,7 Jahre.
Die Enttäuschung auf Seiten der Kardiologen war groß. Dabei profitierten viele Patienten eindeutig von ihrer Schlafmaske: Bezüglich Tagesschläfrigkeit, Lebensqualität, Depressionen und Fehltagen am Arbeitsplatz gab es auch in der SAVE-Studie signifikante Verbesserungen.
Zudem ergaben sich bei genauerem Hinsehen, nämlich unter Berücksichtigung der Therapietreue, durchaus Hinweise auf kardioprotektive Effekte. CPAP-Patienten mit guter Adhärenz (≥ 4 h/Nacht) erlitten signifikant seltener einen Schlaganfall und zerebrale Ereignisse. Sie hatten außerdem beim kombinierten primären Endpunkt (kardiovaskuläre Mortalität, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, akutem Koronarsyndrom oder transienter ischämischer Attacke) leichte, wenn auch nicht statistisch signifikante Vorteile. Möglicherweise war bei den selektierten, medikamentös optimal eingestellten Studienteilnehmern einfach zu wenig Raum für einen deutlicheren Zusatzeffekt der CPAP-Therapie drin.
Wo liegen also die Probleme, um die es in diesem Beitrag geht? Bei der Compliance der CPAP-Patienten! Um die ist es bekanntermaßen ziemlich schlecht bestellt.
In der SAVE-Studie betrug die mittlere Nutzungsdauer der Schlafmaske lediglich 3,3 Stunden pro Nacht. Nur bei 42 Prozent der Patienten waren es mehr als vier Stunden. Darauf weisen auch die deutschen Fachgesellschaften DGP und DGSM in ihrer im Januar veröffentlichten Stellungnahme4 zur SAVE-Studie hin. Als wesentlichen Grund vermuten sie angesichts eines mittleren ESS-Scores (Epworth-Schläfrigkeitsskala) von nur 7,4 den geringen Leidensdruck der Patienten.
Auch anderen Studienergebnissen zufolge trägt mindestens die Hälfte der Patienten die Maske kürzer als vier Stunden pro Nacht. Dabei werden wenigstens 5,5 Stunden pro Nacht für erforderlich gehalten, um optimale Effekte aus der Therapie ziehen zu können.
Die Gründe für die geringe Therapietreue sind vielfältig. Für viele Patienten ist die Maske ein Stör- oder auch Schamfaktor und natürlich ist die abendliche Prozedur lästig. Fehlt dann noch der Leidensdruck oder die Einsicht in die Vorteile der CPAP-Behandlung, bleibt das Gerät eben im Schrank liegen.
Nicht jeder Patient wendet sich an seinen Arzt oder den Hersteller-Service, wenn intolerable Unannehmlichkeiten oder technische Störungen auftreten. Auch dann ist die Gefahr der patientenseitigen Therapieaufgabe hoch.
Andererseits sind rasche Verbesserungen der Tagesschläfrigkeit, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität ein starker Motivationsfaktor. Der ersten Anwendungswoche kommt deshalb eine entscheidende Bedeutung zu. Hier ist ärztliche Unterstützung und Überzeugung gefragt! Allein mit dem Verordnen der CPAP-Therapie und des Geräts ist es nicht getan. Neben einer ausführlichen Ersteinweisung bedarf es in vielen Fällen intensiver Aufklärungsarbeit, wiederholten Erinnerungen und regelmäßiger Kontrollen.
Über den nächtlichen Beatmungsdruck lässt sich die CPAP-Nutzung messen, das Druckmonitoring sollte routinemäßig ausgelesen werden. Mit den Möglichkeiten des Telemonitorings können heute Kenngrößen der Therapieadhärenz wie die Dauer und Regelmäßigkeit der Nutzung ebenso wie andere therapierelevante Parameter (z.B. Leckagen) online erfasst und ausgewertet werden.
Darauf weist auch die bereits erwähnte deutsche Leitlinie1 hin: "Hierdurch wird es in einem weiteren Schritt möglich, den Patienten telemedizinisch zu betreuen und z.B. telefonisch oder durch internetbasierte Maßnahmen zu schulen, zu beraten oder gezielt zu motivieren, bzw. eine Vor-Ort-Intervention zu veranlassen." Günstige Effekte auf die nächtliche Tragedauer der Maske konnten in einigen Studien bereits gezeigt werden.
Ein offener randomisierter Parallelgruppenvergleich5, der kürzlich publiziert wurde, bestätigt den positiven Effekt einer motivierenden Verstärkung auf die Therapieadhärenz. Zunächst erfolgte die Einweisung durch eine medizinisch-technische Assistentin. Die CPAP-Patienten in der Interventionsgruppe erhielten dann zusätzlich zwei persönliche Gespräche mit einem Psychologen innerhalb der ersten beiden Wochen. Im weiteren Verlauf wurden sie über einen Zeitraum von 32 Wochen sechsmal zuhause angerufen. Dadurch konnte die nächtliche Tragedauer im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant um 99 Minuten verlängert werden.
Ein eher düsteres Bild zeichnet eine Review der aktuellen Literatur6. Zwar lässt sich mit Verhaltensinterventionen die Adhärenz durchschnittlich um etwa eine Stunde pro Nacht steigern. Dennoch hat sich in den letzten 20 Jahren die Rate der Nicht-Adhärenz von CPAP-Patienten so gut wie nicht verbessert. Sie liegt in den gescreenten Studien alles in allem bei etwa 34 Prozent. Fazit der Autoren: Angesichts der mangelnden Therapietreue ist die Rolle der CPAP als Goldstandard in der Therapie der Schlafapnoe zu hinterfragen.
Das ist ein berechtigter und wichtiger Hinweis. Denn es sollte nicht nur auf die Adhärenz des Patienten geschaut werden, sondern vor allem auch auf seine Präferenzen und seine medizinische und persönliche Situation – unter anderem auch unter Einbeziehung des Lebenspartners. Vielleicht ergibt sich dann eine andere Therapie der Wahl. Es gibt schließlich noch Alternativen zur CPAP, wie zum Beispiel die Unterkieferprotrusionsschiene. Ganz zu schweigen von einer profunden Gewichtsreduktion, die bei den entsprechenden Patienten Vorteile auf breiter Front mit sich brächte. Das sind dann aber wohl noch dickere Bretter.
Referenzen: