Pneumonie in der Notaufnahme: besser klug entscheiden

Die Notaufnahmen sind vielerorts überlastet, die Hitze tut noch ein Übriges. Da heißt es erst recht, kühlen Kopf zu bewahren und die neuen Empfehlungen für kluges Entscheiden zu beherzigen.

Die Notaufnahmen sind vielerorts überlastet, die Hitze tut noch ein Übriges. Da heißt es erst recht, kühlen Kopf zu bewahren und die neuen Empfehlungen für kluges Entscheiden zu beherzigen.

Die Notaufnahmen sind in Not. Nicht so sehr, jedenfalls bislang, wegen der Hitze als vielmehr aufgrund der dauerhaften Überbeanspruchung. Diese ist sicher auch durch einen nicht gerade irrelevanten Anteil (von einem Drittel ist die Rede) an "Patienten mit Zipperlein" bedingt, wie es die Internistin Dr. Ilka Enger formuliert. Die Vorsitzende des Bundesverbandes niedergelassener Fachärzte (BVNF) befürwortet die Idee einer Notfallgebühr.

Lieber lotsen als abkassieren?

Das Thema Praxisgebühr ist längst wieder ad acta gelegt, ob das mit der Notfallgebühr besser klappen könnte, sei dahingestellt. Ein konstruktiver und offenbar erfolgreicher Lösungsweg wird an der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Frankfurt Höchst beschritten. Dort wird der Patient am gemeinsamen Tresen von Notaufnahme und ärztlichem Bereitschaftsdienst "entsprechend seines Krankheitsbildes in die für ihn passende Versorgungsebene gelotst", wie Chefarzt Dr. Peter-Friedrich Petersen im Interview berichtet. Es handelt sich um ein Modellprojekt in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Gesundheitsministerium und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt, ein dreiviertel Jahr ist bisher rum. Mal sehen, was danach passiert …

Die Patienten zu mehr Eigenverantwortung zu "motivieren", ist grundsätzlich kein verkehrter Ansatz. Dazu gehört allerdings auch eine wirksame Aufklärung bzw. Information, etwa darüber, dass es den ärztlichen Bereitschaftsdienst gibt und wie er zu erreichen ist. "Meine Erfahrung zeigt: viele Patienten wissen nicht einmal, dass es einen ärztlichen Bereitschaftsdienst gibt. Sie gehen davon aus, dass, wer nach den Öffnungszeiten Schmerzen oder Beschwerden hat, in die Notaufnahme geht", kommentiert ein Kollege den zitierten Interview-Beitrag. Diese Erfahrung teilen wir …    

Klug entscheiden in der Notaufnahme

Pneumonie und Lungenembolie zählen zu den häufigsten Gründen für das tatsächlich gebotene Aufsuchen einer Notaufnahme. Wie die DGIM gerade in einer Pressemitteilung verlautbart hat, gibt es nun auch „Klug entscheiden-Empfehlungen“ (KEE) für die Notaufnahme.

Mit dieser Initiative für kluges Entscheiden im praktisch-klinischen Alltag und den pneumologisch relevanten Empfehlungen haben wir uns in diesem Blog ja schon beschäftigt (u.a. Verdacht auf Lungenembolie – ab zur CT?). Die Notaufnahme-KEE sehen sieben Positiv- und drei Negativempfehlungen vor.

Die erste Positivempfehlung lautet:

Welche drei Formen sind das gleich nochmal? Na klar: 1. ambulant, 2. nosokomial und 3. unter Immunsuppression erworben.

Die zweite Empfehlung besagt:

Der Grund: Die Letalität beträgt bis zu 30 %. "Für das Überleben entscheidend ist deshalb der frühzeitige Beginn der antibiotischen Therapie", wird Prof. Claus Vogelmeier in der DGIM-Pressemitteilung zitiert. Der bekannte Marburger Pneumologe ist – darauf sei mit schwerpunktspezifischem Identifikationsgefühl hingewiesen – der aktuell amtierende Vorsitzende der Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) für die Saison 2018/2019.

Wie soll die "unverzügliche" Antibiotikatherapie erfolgen?

"Unverzüglich" bedeutet: eine Kombination verschiedener Breitspektrumantibiotika intravenös verabreichen. Vorher aber selbstverständlich "mindestens 2 Blutkulturen-Paare an separaten Punktionsstellen" abnehmen! "Damit schließen wir Fehldiagnosen, etwa durch Kontamination an der Entnahmestelle, aus", so Vogelmeier.

Die DGIM hat den KEE eine eigene Website (klug-entscheiden.com) gewidmet, auf der Sie auch die Empfehlungen zum klugen Handeln in der Notaufnahme samt Erläuterungen finden.

Man mag sich hier und da fragen, wer diese mitunter selbstverständlich anmutenden Empfehlungen denn wirklich nötig hat. "Gerade in der Notfallmedizin ist es sehr schwer, aktuelles Leitlinien-Wissen aus allen Fachbereichen stets parat zu haben", erklärt der Göttinger Kardiologe Prof. Gerd Hasenfuß in der Pressemeldung. Ja, das kann man nachvollziehen (und dabei ggf. an eigene Erfahrungen in der Notfallambulanz denken). Hasenfuß ist übrigens "Sonderbeauftragter der DGIM für die Themen Digitale Medizin und Klug entscheiden". Eine Kombination mit Zukunftspotenzial, wie es scheint …

Klug wäre … impfen!

Gibt es denn auch eine kluge Empfehlung, um so manche Pneumonie erst gar nicht entstehen zu lassen? Klar, die gibt es:

Das ist die dritte der fünf pneumologischen Positivempfehlungen. Die dürftigen Impfraten zeigen leider, dass die praktische Umsetzung des medizinischen State of the Art nicht nur in der Notaufnahme eine Herausforderung sein kann.