Eine erniedrigte Einsekundenkapazität (FEV1) bei gleichzeitig normal erhaltenem Tiffeneau-Index (FEV1/FVC > 70%) wird als PRISm (Preserved ratio impaired spirometry) bezeichnet. Was kann dieser Befund bedeuten?
Frühere Arbeiten deuteten bereits darauf hin, dass eine PRISm mit respiratorischen Beschwerden assoziiert ist und ein Vorbote einer COPD sein kann. So lieferten Bildgebungsstudien Hinweise auf einen Grad von Atemwegsveränderungen und Emphysem im Zusammenhang mit PRISm, welcher einen späteren Progress zu einer COPD begünstigen könnte. Kohortenstudien beschrieben zudem einen Zusammenhang zu Atemwegssymptomen, erhöhter Inanspruchnahme des Gesundheitssystems, Begleiterkrankungen (wie Adipositas, Diabetes, kardiale Erkrankungen) und erhöhter Gesamtsterblichkeit.1
Die Datenbasis hierfür waren allerdings nur relativ kleine, nicht repräsentative Kohorten mit kurzer Nachbeobachtungszeit. Eine aktuell in der Fachzeitschrift 'Lancet Respiratory Medicine' erschienene Auswertung der 'UK Biobank'-Studie mit Daten von 351,8 Tsd. Personen gibt ein neues, klareres Bild.2
Zum Ausgangszeitpunkt war bei 11% (38,6 Tsd.) Studienteilnehmenden eine PRISm nachweisbar. Nach Korrektur bestand ein hoch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Auftreten von PRISm und Adipositas (OR 2,4; p < 0,0001), Rauchen (OR 1,48; p < 0,0001) und ärztlich diagnostiziertem Asthma (OR 1,76; p < 0,0001). Als weitere Risikofaktoren für ein PRISm zeigten sich weibliches Geschlecht, Übergewicht, Rumpffettmasse und Rumpffettanteil.
Menschen mit PRISm wiesen eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, an bestimmten Symptomen und Komorbiditäten zu leiden. Führend waren Atemlosigkeit (OR 2,0; p < 0,0001) und kardiovaskuläre Erkrankungen (OR 1,71; p < 0,0001 für Myokardinfarkt).
Neben einem durchschnittlichen Nachbeobachtungszeitraum von neun Jahren (mit wiederholten Spirometrien, wo möglich) wurde auch eine Überlebensanalyse über einen Zeitraum von 12 Jahren durchgeführt. Die Längsschnittauswertung ergab, dass 12,2% derjenigen, die zum Ausgangszeitpunkt eine PRISm hatten, sich im Verlauf zu einer für COPD typischen Obstruktion verschlechterten. Die Mortalität (wegen jedweder Ursache) war im Vergleich zu Patient:innen ohne PRISm-Befund deutlich erhöht (HR 1,61; p < 0,0001).
Obwohl eine PRISm starke Assoziationen zu Asthma, BMI und aktivem Rauchen aufweist, konnten diese Faktoren den Spirometrie-Befund nicht vollständig erklären und die Mechanismen sind noch wenig verstanden.
"PRISm wird als Vorbote einer COPD vermutet, was – falls sich dies bestätigt – ein vielversprechendes Ziel für Interventionen darstellen könnte, um COPD vorzubeugen, einer weltweit führenden Ursache für Sterblichkeit", sagt Erstautor Dr. Daniel H. Higbee von der Universität Bristol, Großbritannien.1 Oft ist eine PRISm ein transienter Befund und bei 50% der Betroffenen normalisiert sich die Lungenfunktion wieder. Wichtig wäre es aber, herauszufinden, welche Personen ein Risiko haben, progrediente Lungenfunktionsdefizite zu entwickeln (in dieser Studie 12% über die nächsten neun Jahre). "Eine weitere Erforschung der genetischen, strukturellen und funktionellen Pathophysiologie von PRISm wäre angezeigt", schließen die Autoren.
Referenzen:
1. Preserved ratio impaired spirometry linked with multimorbidity, increased mortality.
2. Higbee, D. H., Granell, R., Smith, G. D. & Dodd, J. W. Prevalence, risk factors, and clinical implications of preserved ratio impaired spirometry: a UK Biobank cohort analysis. The Lancet Respiratory Medicine.