Das neue Jahr wird ja gerne mit guten Vorsätzen begonnen. Ganz oben auf der Liste steht bei vielen Menschen das Rauchen. Zumindest sollte es dort stehen, vor allem aus gesundheitlicher und medizinischer Sicht. Das gilt besonders für Asthmatiker und erst recht für solche, die das Leiden schon seit ihrer Kindheit mit sich herumschleppen.
Oder doch nicht? Man vermutet ja instinktiv, dass Rauchen für Menschen mit langjährigem Asthma ein besonderes Problem ist. Eine im letzten Jahr publizierte Langzeitstudie aus Neuseeland kann diese Annahme allerdings nicht bestätigen.
Pathophysiologie in den Atemwegen: komplex und variabel
Was mal wieder beweist: Die Pathophysiologie in den Atemwegen ist eine komplexe Angelegenheit – und eine sehr variable dazu. Das betrifft die Symptomatik ebenso wie die Entwicklung einer bronchialen Obstruktion, die sich bei manchen recht schnell und bei anderen offenbar gar nicht einstellt. Das Phänomen, dass es Raucher gibt, deren Lunge trotz jahrzehntelangen Nikotinkonsums normale Funktionswerte aufweist, ist uns allen bekannt. Am Wissen, warum das so ist, hapert es allerdings.
Daran ändert leider auch die neuseeländische Kohortenstudie nichts. Im Gegenteil: Haben Sie bisher nicht auch angenommen, dass das Rauchen die Krankheitsprogression bei Patienten fördert, die seit ihrer Kindheit an einem Asthma bronchiale leiden? Dem scheint nicht so zu sein, glaubt man den Ergebnissen der prospektiven Studie. Deren Teilnehmer (bzw. ihre Eltern) aus einer populationsbasierten Kohorte der Geburtsjahrgänge 1972 und 1973 wurden, beginnend im Alter von 3 Jahren und bis zum Alter von 38 Jahren, immer wieder befragt und untersucht. Zwischen dem 9. und 38. Lebensjahr wurden dazu Spirometrien mit und ohne Bronchodilatation durchgeführt.
Neuseeländische Kohortenstudie mit überraschendem Ergebnis
Anhand der Angaben von Eltern bzw. der Selbstauskünfte zu asthmaassoziierter Symptomatik und Medikation bildeten die Wissenschaftler vier Gruppen von Asthma-Phänotypen:
Bei jedem Untersuchungstermin wurden der Gebrauch inhalativer Steroide und der Nikotinkonsum erfasst.
Die Ergebnisse fielen erwartungsgemäß und überraschend zugleich aus. Ein Asthma seit Kindheitstagen war mit einer schlechteren Lungenfunktion im mittleren Lebensabschnitt assoziiert – und damit ein starker Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD. Ebenso das Rauchen. So weit, so erwartet.
Ausgerechnet bei den Personen mit Asthma seit der Kindheit fand sich aber für das Rauchen kein zusätzlicher negativer Effekt auf die Lungenfunktion. Auch mit einer Zigarettenrauch-Exposition im Kindheitsalter fand sich kein Zusammenhang.
Additive Schadeffekte durchs Rauchen – außer bei frühzeitigem Asthma-Beginn
Wodurch könnte die scheinbar geringere Vulnerabilität gegenüber dem Rauchen bei früh einsetzendem Asthma begründet sein? Hierüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Möglicherweise ist die asthmabedingte Vorschädigung schon so groß, dass zusätzliche Schäden durch den Zigarettenrauch nicht mehr groß auffallen. Im Sputumausstrich bzw. Blutbild, die in der Studie nicht untersucht wurden, ist zwar mit Veränderungen im inflammatorischen Prozess zu rechnen: Anstelle von eosinophilen werden neutrophile Granulozyten das Geschehen dominieren. Für den Atemwegsquerschnitt und die messbare Obstruktion macht das aber offenbar keinen Unterschied.
Rauchen schadet (trotzdem) – nicht nur den Atemwegen
Erstaunlich an der neuseeländischen Studie ist übrigens auch die Beobachtung, dass gut die Hälfte der untersuchten Personen später Raucher waren, egal, ob sie bereits in der Kindheit an Asthma litten oder nicht. Macht ja anscheinend auch nichts, könnte man jetzt vorschnell bemerken. Wie wir aber wissen, birgt das Rauchen auch jenseits der Atemwege einige erhebliche Risiken. Dass ein in der Kindheit erworbenes Asthma diese abmildert, ist mehr als unwahrscheinlich.
Referenz:
Hancox RJ et al. The Effect of Cigarette Smoking on Lung Function in Young Adults with Asthma. Am J Respir Crit Care Med 2016;194(3):276-84.