Schweres Asthma in der Praxis: "Finden Sie die OCS-Patienten!"

Bei der Therapie des schweren Asthmas sollten orale Steroide künftig eher in den Hintergrund rücken, zugunsten einer zielgerichteten Therapie mit den neuen Biologika. "Biologika vor OCS" auf Therapiestufe 5 entspricht auch der aktuellen GINA-Empfehlung.

Bei der Therapie des schweren Asthmas sollten orale Steroide künftig eher in den Hintergrund rücken, zugunsten einer zielgerichteten Therapie mit den neuen Biologika. "Biologika vor OCS" auf Therapiestufe 5 entspricht auch der aktuellen GINA-Empfehlung.

Über praxisrelevante Botschaften eines Symposiums zu diesem Thema, das beim diesjährigen DGP-Kongress in Stuttgart stattfand, haben wir vor einiger Zeit in diesem Beitrag berichtet. Hier folgt nun die versprochene Fortsetzung.

Wann spielen orale Steroide noch eine Rolle?

Wann spielen orale Steroide heute in der Praxis überhaupt noch eine Rolle? "Bei Exazerbationen, sonst kaum", so Dr. Christian Geßner, niedergelassener Pneumologe aus Leipzig. Und schon gar nicht als Dauertherapie. In einer Studie mit Daten aus dem Jahr 2003 betrug der Anteil an mit OCS behandelten Asthma-Patienten 18 Prozent. Das ist heute eigentlich nicht mehr vorstellbar.

Richtig überprüfbar ist es allerdings auch nicht, zumal der größte Teil der Lungenpatienten in der hausärztlichen Praxis betreut wird. Als Pneumologe sollte man sein Mögliches dazu beitragen, um OCS-Patienten beim Hausarzt ausfindig zu machen, appellierte Geßner an das versammelte Fachpublikum.

(Eine entsprechende Versorgungsstudie mit Abrechnungsdaten wäre sicher auch nicht verkehrt. Falls es die schon gibt, geben Sie uns bitte Bescheid!)

"OCS-Patienten sind Biologika-Kandidaten"

In der Diskussion wurde hierzu noch kritisch angemerkt, dass sich Hausärzte zwar für das Asthma-DMP einschreiben dürfen, ihren pneumologischen Kollegen dann aber häufig "die Patienten nur zum Body" schicken. Wenn aber ein Asthma-Patient mindestens 3-4mal im Jahr eine OCS-Tablette schluckt, befindet er sich auf GINA-Therapiestufe 4 bis 5 und sollte dringend an den Pneumologen überwiesen werden.

Prof. Roland Buhl von der Universitätsmedizin in Mainz wies bei der Eröffnung der Fragerunde darauf hin, dass bei Asthma-Patienten mit gehäuften Exazerbationen, sprich 2-3 pro Jahr, statt eines dritten Inhalativums ein Biologikum in Frage kommt. Jeder OCS-Patient sei ein "Bio-Kandidat". "OCS sollten nicht 20 Jahre lang gegeben werden!", so Buhl.

Dass dies unweigerlich zum Austausch der Augenlinsen führt, wie der Experte anmerkte, ist sicher nur eines von mehreren Argumenten, die gegen den oralen Dauer-Steroid-Einsatz sprechen. Laut Buhl sollte das Ziel bei solchen Patienten sein: "5 mg OCS (pro Tag Prednisolon-Äquivalent), dann raus."

"Keine Altersgrenze"

Soll man Biologika auch bei einem 80-jährigen Patienten noch einsetzen? Gegenfrage: Soll man ihn 15 Jahre mit ihrer Dyspnoe weiterleben lassen? Eine Altersgrenze gibt es beim Einsatz der Biologika für Prof. Marek Lommatzsch von der Uniklinik Rostock nicht. Als Fallbeispiel erwähnte der Kliniker eine 72-jährige Patientin, die er von einem oralen Kortikosteroid (10 mg) auf ein Biologikum umstellte. Mit Erfolg: "Seitdem kann sie wieder mit den Enkeln spielen."

Lommatzsch verwies auf die Kardiologen, die auch kein Problem damit hätten, einen 100-Jährigen noch mit einer TAVI zu beglücken. Kommentar: "Von Kardiologen lernen, heißt siegen lernen."

Ob nun alles, was kardiologisch glänzt, tatsächlich Gold ist, sei dahingestellt. Bei der heutigen Lebenserwartung sollten aber auch noch hochbetagte Patienten – wenn sie denn wollen – am pharmakotherapeutischen Fortschritt teilhaben können. Das ist sicher eine berechtigte und ärztlich zu vertretende Sichtweise.

Hochakuter Webinar-Hinweis

Gut zum Thema passt ein Webinar, das heute abend um 19:00 Uhr auf esanum.de mitzuerleben ist: "Schweres refraktäres Asthma: Erfahrungsbericht und welche Studiendaten Sie kennen sollten"

Prof. Karl-Christian Bergmann von der Charité Berlin widmet sich dabei folgenden Fragen:

Sie können nicht nur den Vortrag bequem mitverfolgen, sondern im Live-Chat auch die für Sie relevanten Fragen stellen. Wir wünschen gute Fortbildung und einen anregenden Austausch!

Referenz:
Zielgerichtete Therapie von chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen – aus der Praxis für die Praxis. Industriesymposium der AstraZeneca GmbH beim 58. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Stuttgart, 23. März 2017.

Abkürzungen:
Body = Bodyplethysmographie
DMP = Disease Management Programm
GINA = Global Initiative for Asthma
OCS = orale Kortikosteroide
TAVI = Transkatheter-Aortenklappen-Implantation