Massives Übergewicht wird zunehmend zum Problem und es beginnt häufig schon im Kindesalter. Fettleibigkeit erhöht das Morbiditätsrisiko, u.a. für Diabetes, aber auch für Asthma. Eine aktuelle kalifornische Studie legt nahe, dass umgekehrt auch Asthma im Kindesalter offenbar zu den Risikofaktoren für eine krankhafte Gewichtsentwicklung zählt.
Die Wechselbeziehungen zwischen Diabetologie und Pulmologie sind vielfältig. Eine davon betrifft die chronische systemische Inflammation. Sie gilt als ein gemeinsamer Nenner von obstruktiven Lungenerkrankungen wie der COPD und metabolischen Störungen wie dem Typ-2-Diabetes. Bei der Therapie sind ebenfalls Crossover-Effekte zu be(ob)achten (Triggern inhalative Kortikosteroide den Diabetes?).
Auch bei Problemen mit dem Schlaf kommen die Vertreter beider Fachgebiete zueinander – oder sollten es zumindest, wie kürzlich beim DDG Kongress in Hamburg angemahnt wurde (Die Schlafqualität sollte Teil der Diabetes-Schulung sein).
Eine weitere Schnittstelle findet sich beim Körpergewicht. Dass Übergewicht das Asthma-Risiko erhöht, ist ja schon länger bekannt. Nicht bekannt war dagegen bis jetzt, ob das auch anders herum gilt.
Kalifornische Wissenschaftler haben deshalb den Einfluss der Atemwegserkrankung und der dazugehörigen Medikation auf die Entwicklung von Adipositas im Kindesalter untersucht.
Für ihre prospektive Kohortenstudie rekrutierten sie über 2.100 Kinder im Alter zwischen 5 und 8 Jahren aus der „Southern California Children’s Health Study“ (CHS). Alle waren zu Studienbeginn nicht adipös, also normal- oder leicht übergewichtig.
Die Kinder wurden 10 Jahre lang in ihrer Entwicklung beobachtet und jährlich untersucht. Körpergewicht und Körpergröße wurden gemessen und daraus der Body Mass Index (BMI) berechnet. Per Fragebogen erhoben die Forscher zudem diverse Angaben, u.a. zur körperlichen Aktivität, zum Verlauf von Atemwegserkrankungen und zur Einnahme von Medikamenten. Bei Kindern unter 10 Jahren antworteten die Eltern. Die Analyse wurde bei einer noch etwas größeren, unabhängigen CHS-Stichprobe wiederholt, in der die Beobachtung im Alter von etwa 10 bis 18 Jahren erfolgte.
Die Ergebnisse der anschließenden Analysen lauten:
Mit adäquaten Bedarfsmedikamenten wie kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika scheint das durch Asthma getriggerte Fettleibigkeitsrisiko also fast wieder aufgehoben werden zu können.
Die Autoren vermuten dahinter einen pharmakologischen Effekt, der über Beta-2-Rezeptoren in Fettgewebe und Skelettmuskulatur vermittelt wird. Versuche im Tiermodell haben bereits gezeigt, dass eine Aktivierung dieser Rezeptoren zu höherem Energieverbrauch und besserem Fettabbau führt.
Für die Wissenschaftler sprechen ihre Ergebnisse dafür, dass mit einer frühzeitigen Behandlung des kindlichen Asthmas dem Teufelskreis aus zunehmendem Übergewicht und Verschlechterung des Asthmas entgegengewirkt werden kann. Auch das langfristig erhöhte Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes könnte nach Ansicht der Autoren dadurch gemindert werden.
Zu den Limitationen der Studie zählt allerdings, dass die Fragebogen-Daten auf Selbsteinschätzungen von Eltern oder Kindern beruhen. Außerdem wurden keine Informationen zur Ernährung der Kinder erfasst.
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Referenz: Chen Z et al. Effects of Childhood Asthma on the Development of Obesity among School-aged Children. Am J Respir Crit Care Med 2017;195(9):1181-8.