Mehr als ein Drittel aller Krebserkrankungen stehen mit der Ernährung und anderen modifizierbaren Risikofaktoren in Verbindung.
Eine britischen Studie ergab, dass insgesamt 38 % der Neoplasien modifizierbaren Risikofaktoren geschuldet sind – das entspricht allein in Großbritannien 2.500 Krebsfällen pro Woche oder 135.500 Fällen pro Jahr, die potentiell verhindert werden könnten.1,2
Unter allen vermeidbaren Risikofaktoren für chronische Erkrankungen gehören falsche Ernährung und Übergewicht zu den Wichtigsten. Zu hohes Körpergewicht begünstigt nicht nur das Auftreten vieler Tumorentitäten, sondern wirkt sich auch auf Tumorprogress und Outcome aus.3,4
Heute soll es nicht darum gehen, was alles in Nahrungsmitteln enthalten ist, was uns krank macht, auch wenn dies ein spannendes eigenes Thema ist. Folgende Übersicht soll ein Gefühl dafür vermitteln, wie sich die Krebsbelastung weltweit verändern könnte, wenn lediglich mehr Menschen normalgewichtig wären.
Im Auftrag der IARC (Internationale Agentur für Krebsforschung, eine Einrichtung der WHO) stellte eine Gruppe 21 unabhängiger internationaler Experten ein systematisches Review aus insgesamt über 1000 Studien zur Beziehung zwischen Übergewicht und Krebs zusammen, welches im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde.5,6
Dieses bestätigte Ergebnisse einer früheren Evaluation der IARC, zeigte aber auch, dass der Einfluss von hohem Körpergewicht auf die Entwicklung von Krebs weiter reicht als bislang angenommen.
Es gibt demnach ausreichende Evidenz, dass das Fehlen überschüssigen Körperfetts das Risiko für folgende Neoplasien reduziert:
Auf Grundlage aktueller Schätzungen gehen 9,5 % der Krebsbelastung bei Frauen in den USA auf Adipositas zurück (bei Männern 3,5 %), in Europa sind es 8,2 % respektive 4,4 %.3
Anschaulicher ist in diesem Fall vielleicht eine absolute Zahl: über 100.000 neue Krebsfälle standen allein in den USA im Jahr 2012 mit einem hohen BMI in Zusammenhang.
Wer es gern interaktiv mag, dem sei der Besuch folgender Webseite an Herz gelegt, auf der interessante Analysen und Grafiken zur durch Übergewicht verursachten Krebs-Krankheitslast abgerufen werden können. Hier besteht die Möglichkeit, sich Informationen gezielt für bestimmte Tumorentitäten oder Länder veranschaulichen zu lassen.
Einige zelluläre und molekulare Mechanismen, die bei der Carcinogenese gestört oder alteriert sind, weisen kausale Zusammenhänge mit den Veränderungen bei Übergewicht auf. Adipositas führt zu chronischer Inflammation und erheblichen metabolischen und hormonellen Veränderungen – unter anderem im Sexualhormon-Stoffwechsel und in Signalwegen, die mit Insulin, Insulin-like Growth Factor (IGF) und Adipokinen verbunden sind.5
Dafür gibt es umgekehrt auch ermutigende Evidenz dafür, dass eine Gewichtsabnahme diese Prozesse positiv beeinflusst. Der günstige Effekt ist u. a. durch die Regulation des Gleichgewichtes zwischen Zellproliferation und Apoptose vermittelt, die als bestimmende Faktoren in der Krebsentstehung bekannt sind.
Übergewicht liegt gem. WHO-Definition bei einem BMI ≥ 25 kg/m2 vor, Adipositas bei einem BMI ≥ 30 kg/m2.7
Seit 1975 hat sich die globale Prävalenz von Adipositas etwa versechsfacht – geschätzt liegt sie bei 31 % (Männer 11 %, Frauen 15 % und Kinder 5 %). Weltweit sind mehr Personen über- als untergewichtig. 2014 waren weltweit 640 Mio. Erwachsene und 110 Mio. Kinder adipös.5
Im Jahr 2013 waren Übergewicht und Adipositas für etwa 4,5 Mio. Todesfälle weltweit verantwortlich.
Gewichtszunahme und Körperverfettung werden größtenteils durch modifizierbare Risikofaktoren verursacht, in erster Linie von übermäßiger Energiezufuhr (Speisen und Getränke) und körperlicher Inaktivität.5
Auf individueller und gesellschaftlicher Ebene müssen Lösungen zur Verbesserung von Ernährung und Bewegung gefunden werden. "Von politischer Seite sollte mehr dafür getan werden, dass Menschen die Entscheidung für eine gesunde Lebensweise leicht gemacht wird. Diese Art von Prävention wäre die kostengünstigste Maßnahme im Kampf gegen Krebs.", sagt Sir Harpal Kumar, Vorstandvorsitzender von Cancer Research UK.
Ein anderer wichtiger Teil ist allerdings das "Wie?" hinter der Ernährung. Normalgewicht allein schützt nicht unbedingt vor der Entwicklung von Neoplasien oder anderen chronischen Erkrankungen, wenn ein ungesundes Ernährungsprofil gewählt wird.8
Die richtigen Ernährungs- und Lebensstilveränderungen, ggf. unter Beratung durch Spezialisten, könnten Inzidenz und Progression von mit Übergewicht assoziierten Tumoren verringern und die Rekonvaleszenz von Krebspatienten unterstützen.8
Referenzen:
1. Brown, K. F. et al. The fraction of cancer attributable to modifiable risk factors in England, Wales, Scotland, Northern Ireland, and the United Kingdom in 2015. British Journal of Cancer 118, 1130–1141 (2018).
2. More than 2,500 cancer cases a week could be avoided. ScienceDaily Available at: https://www.sciencedaily.com/releases/2018/03/180323091000.htm. (Accessed: 11th May 2018)
3. Arnold, M. et al. Obesity and cancer: An update of the global impact. Cancer Epidemiol 41, 8–15 (2016).
4. Allott, E. H. & Hursting, S. D. Obesity and cancer: mechanistic insights from transdisciplinary studies. Endocr. Relat. Cancer 22, R365-386 (2015).
5. Lauby-Secretan, B. et al. Body Fatness and Cancer — Viewpoint of the IARC Working Group. New England Journal of Medicine 375, 794–798 (2016).
6. Media Centre - IARC Press Releases: IARC identifies eight additional cancer sites linked to overweight and obesity. Available at: https://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2016/. (Accessed: 13th May 2018)
7. DAG - Deutsche Adipositas Gesellschaft: Definition. Available at: http://www.adipositas-gesellschaft.de/index.php?id=39. (Accessed: 13th May 2018)
8. The connection between diet, obesity, and cancer: Nutrition experts explore the evidence. ScienceDaily Available at: https://www.sciencedaily.com/releases/2018/03/180327162556.htm. (Accessed: 11th May 2018)