Hunde können Krebs riechen. In einer Studie konnten trainierte Beagles Serumproben von Krebspatienten und Gesunden auseinanderhalten – mit einer Sensitivität von 97% und einer Spezifität von 98%.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine so gute Nase, dass Sie es bemerken würden, wenn sich unter 1.000 Salzkörnern 1 Zuckerkorn befände. Hunde können sogar Gerüche noch wahrnehmen, die auf 1-2 ppt (parts per trillion) verdünnt sind.1,2
Eine aktuelle Studie liefert neue Evidenz für die schon länger bestehende Hypothese, dass Hunde neoplastische Prozesse detektieren können. Vorgestellt wurde diese anlässlich des diesjährigen Kongresses der American Society for Biochemistry and Molecular Biology (ein anderes Mitglied dieser Gesellschaft gewann dieses Jahr übrigens den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie).
Eine frühe Erkennung erhöht die Chancen für das bestmögliche Outcome und Überleben.
Lungenkrebs gehört zu den Neoplasien, die schwierig zu erkennen sind, da Symptome oft erst in späteren Stadien auftreten und derzeitige Verfahren, wie Röntgen und CT, stellen keine optimalen Screeningmethoden dar und weisen auch nicht die Spezifität und Sensitivität auf, die für eine frühe Diagnose nötig wären. Der hoch entwickelte Geruchssinn von Hunden könnte genutzt werden, um Biomarker zu identifizieren, die mit verschiedenen Lungentumoren assoziiert sind.
Drei junge Beagles wurden mittels operanter Konditionierung (Clicker-Training) geschult, Blutproben von NSCLC‑Patienten von denen Gesunder zu unterscheiden. In einer doppelblinden Studie waren die Hunde in der Lage, Serumproben Erkrankter korrekt zu identifizieren, mit einer Sensitivität von 96,7%, einer Spezifität von 97,5%, einem positiven prädiktiven Wert von 90,6% und einem negativen prädiktiven Wert von 99,2%.3 Diese Ergebnisse werden nun Anlass zu einem größeren Forschungsprojekt geben.
Bereits frühere Arbeiten beschrieben, dass Hunde Krebskranke am Geruch ihres Atems oder Urins erkennen konnten. Anhand des Atems konnten sie Lungen- und Brustkrebs aufspüren und lagen in 98%4 respektive 100%5 der Fälle richtig. Über Atem oder Stuhl konnten Hunde selbst frühe Stadien von Darmkrebs detektieren und erreichten eine der Koloskopie vergleichbare Genauigkeit.6 Anhand des Urins konnten Hunde außerdem Blasen, Eierstock- oder Prostatakrebs ausfindig machen.7–9 Bspw. beim Ovarialkarzinom erreichten sie 100% Sensitivität und 97,5% Spezifität.10
In einer anderen kleinen Studie zeigten Hunde maligne Melanome korrekt an. Sogar bei einem Patienten, bei dem der Arzt die Stelle bereits als krebsfrei eingestuft hatte, signalisierte der Hund ein Malignom. Anschließende histologische Untersuchungen ergaben tatsächlich einige entartete Zellen.11
Evidenz für chemische Melanom-Marker in Blut und Urin legen nahe, dass möglicherweise volatile Verbindungen von Melanomzellen an der Hautoberfläche freigesetzt werden – in für eine Früherkennung ausreichenden Mengen.
Die Leistung der Hunde ist damit der konventioneller diagnostischer Verfahren vergleichbar oder sogar besser. Eine low-tech Methode, die sehr effektiv sein könnte, nicht invasiv ist, daher keine Risiken für den Patienten mit sich bringt. Gleichzeitig sind die Hunde mobil und können schnell und überall arbeiten. Die Studien erforderten mehrheitlich einen geringen Trainingsaufwand, in der Regel wenige Wochen, und die vorhergehende Ausbildung beschränkte sich auf Grundgehorsam, wie bei anderen jungen Hunden auch.
Vielleicht ist es an der Zeit, diese Möglichkeiten zur Detektion diverser Krankheitsbilder, nicht nur Krebs, besser zu untersuchen und anschließend in die Praxis umzusetzen. Der schwer zu übertreffenden Leistung von Hunden vertrauen Profis in anderen Bereichen, in denen ebenfalls viel auf dem Spiel steht, bereits seit Jahrzehnten, sei es für die Detektion von Sprengstoffen, Drogen, verschütteten oder vermissten Personen – man denke an zahllose Expertenberichte, z. B. dem eines Hundes, der einen Plastikbehälter mit 35 Pfund Marihuana fand, obwohl dieser in einem verschlossenen Gastank steckte und in Benzin versenkt war.12
Wo wir gerade bei den geliebten Fellnasen sind: in letzter Zeit lese ich im Netz immer wieder von Xylitol-Intoxikationen bei Hunden, die leider in vielen Fällen nicht überlebt werden. Xylitol ist ein Zuckeralkohol, der sich als Zuckerersatz in einer zunehmenden Zahl von Produkten versteckt, bspw. in Erdnussbutter, die zuweilen von Hundebesitzern als Leckerli oder Helfer zum Verabreichen von Medikamenten verwendet wird. Bei geänderter/ zuckerfreier Rezeptur ist größte Vigilanz gefragt. Bereits ein Viertel Teelöffel kann für einen Hund gefährlich werden und zu Leberversagen, Krampfanfällen und Hirnschäden führen. Xylitol löst bei Hunden eine rapide Insulinfreisetzung aus, daher kann das Tier binnen 15 bis 20 Minuten komatös sein.13
Xylitol-haltige Produkte, wie bestimmte Kaugummis, Eiweißriegel oder Kekse, sollten so aufbewahrt werden, dass eine unbemerkte Aufnahme sicher auszuschließen ist. 2018 registrierte die ASPCA 6.760 Fälle, also knapp 19 pro Tag (und das sind nur die, die gemeldet wurden, bei denen diese Ursache bekannt war und das auch nur in den USA).
Referenzen:
1. The Incredible Sense of Smell in the Dog. https://www.companionpetclinics.com/articles/article/5966278/140212.htm.
2. How Far Can a Dog Smell: Your Dog’s Amazing Nose. https://www.thelabradorsite.com/how-far-can-a-dog-smell/.
3. Junqueira, H. et al. Accuracy of Canine Scent Detection of Non–Small Cell Lung Cancer in Blood Serum. J Am Osteopath Assoc 119, 413–418 (2019).
4. Guirao Montes, Á. et al. Lung cancer diagnosis by trained dogs. Eur J Cardiothorac Surg 52, 1206–1210 (2017).
5. Yoel, U., Gopas, J., Ozer, J., Peleg, R. & Shvartzman, P. Canine Scent Detection of Volatile Elements, Characteristic of Malignant Cells, in Cell Cultures. Isr. Med. Assoc. J. 17, 567–570 (2015).
6. Sonoda, H. et al. Colorectal cancer screening with odour material by canine scent detection. Gut 60, 814–819 (2011).
7. Horvath, G., Andersson, H. & Nemes, S. Cancer odor in the blood of ovarian cancer patients: a retrospective study of detection by dogs during treatment, 3 and 6 months afterward. BMC Cancer 13, 396 (2013).
8. Taverna, G. et al. Olfactory system of highly trained dogs detects prostate cancer in urine samples. J. Urol. 193, 1382–1387 (2015).
9. Can dogs smell cancer in humans? Research and diagnosis. Medical News Today https://www.medicalnewstoday.com/articles/323620.php.
10. Horvath, G., Andersson, H. & Paulsson, G. Characteristic odour in the blood reveals ovarian carcinoma. BMC Cancer 10, 643 (2010).
11. Pickel, D., Manucy, G. P., Walker, D. B., Hall, S. B. & Walker, J. C. Evidence for canine olfactory detection of melanoma. Applied Animal Behaviour Science 89, 107–116 (2004).
12. Dogs’ Dazzling Sense of Smell. https://www.pbs.org/wgbh/nova/article/dogs-sense-of-smell/.
13. BVetMed, J. N. Xylitol: The ‘sugar-free’ sweetener your dog NEEDS you to know about. http://www.preventivevet.com/dogs/xylitol-sugar-free-sweetener-dangerous-for-dogs.