Bei Menschen mit hohem genetischem Risiko für Darmkrebs wirken sich Änderungen des Lebensstils besonders stark aus. Laut einer großen Studie senkt eine gesunde Lebensweise in dieser Population das Risiko um 40% – mehr als bei Menschen ohne familiäres Risiko.
Wer "schlechte Gene" hat, kann mit modifizierbaren Risikofaktoren für das kolorektale Karzinom auch nicht viel retten? Ganz im Gegenteil, meinen die Autoren einer aufwändigen 'UK Biobank'-Studie mit Daten von 346,3 Tsd. Teilnehmern.1–3
Die prospektive, populationsbasierte Untersuchung ist eine der wenigen, welche die Wechselwirkungen zwischen dem Lebensstil und der genetischen Anfälligkeit für Darmkrebs quantifizieren.
Für die Analyse wurden Lebensstil-Scores gebildet, gemäß denen eine Einstufung in ungesunde, intermediäre und gesunde Lebensweise vorgenommen wurde. In diese Healthy Lifestyle Scores (HLS) flossen 8 Faktoren ein, in Anlehnung an die Richtlinien der American Cancer Society (BMI, Taillen-Hüft-Verhältnis, körperliche Aktivität, sitzend verbrachte Zeit, Verzehr von verarbeitetem und rotem Fleisch, Gemüse- und Obstverzehr, Alkohol- und Tabakkonsum).
Außerdem wurde anhand von 95 genetischen Varianten, die in genomweiten Assoziationsstudien der letzten Jahre mit dem Darmkrebsrisiko verknüpft waren, ein polygener Risikoscore (PRS) erstellt.
Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von knapp 6 Jahren identifizierten die Forscher 2.066 Neuerkrankungen. Gesündere Lebensstil-Scores gingen in der Art einer Dosis-Wirkungs-Kurve mit einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Darmkrebs einher, wobei die Risikoreduktion bei Personen mit einem hohen genetischen Risiko deutlicher ausfiel als bei solchen mit einem niedrigen: die Autoren schätzen, dass die Einhaltung eines gesunden Lebensstils bei Menschen mit genetischer Disposition mit einer fast 40%igen Verringerung des Erkrankungsrisikos verbunden ist. Bei Menschen mit einem niedrigen genetischen Risiko waren es dagegen 25%.
Anders ausgedrückt: Menschen im Alter von 40 bis 75 Jahren mit ungünstiger Genetik und einem ungesunden Lebensstil hatten eine dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, als Menschen mit einem geringen genetischen Risiko und einem gesunden Lebensstil (6,4% versus 2,09%).
Eine wichtige Limitation der Studie besteht darin, dass sich die Erfassung der Punktzahlen für einen gesunden Lebensstil ausschließlich auf einen Selbstbeantwortungsfragebogen stützte. Dies könnte zu Klassifizierungsfehlern bei der Expositionsabschätzung geführt haben. Es ist wahrscheinlich, dass das Ausmaß der Risikoreduktion hierdurch eher unterschätzt wurde.
Auch wenn das Design als Beobachtungsstudie zudem keine Rückschlüsse auf Kausalität zulässt, legen die Ergebnisse nahe, dass es bei Menschen mit höherer genetischer Empfänglichkeit noch einmal deutlich stärker auf die Lebensstilfaktoren ankommt als bei Personen mit niedrigem genetischem Risiko.
Referenzen:
1. Healthy Lifestyle Changes More Beneficial to Prevent CRC for People With High Versus Low Genetic Risk. Cancer Network https://www.cancernetwork.com/view/healthy-lifestyle-changes-more-beneficial-to-prevent-crc-for-people-with-high-versus-low-genetic-risk.
2. Choi, J., Jia, G., Wen, W., Shu, X.-O. & Zheng, W. Healthy lifestyles, genetic modifiers, and colorectal cancer risk: a prospective cohort study in the UK Biobank. The American Journal of Clinical Nutrition 113, 810–820 (2021).
3. People at high genetic risk for colorectal cancer benefit more from lifestyle changes. Scienmag: Latest Science and Health News https://scienmag.com/people-at-high-genetic-risk-for-colorectal-cancer-benefit-more-from-lifestyle-changes/.