Krebsdiagnose in der Notaufnahme: gar nicht so selten

Die bislang umfassendste Analyse zum Thema Krebsdiagnose zeigt auf, dass in 6 Ländern mit hohem Einkommen etwa ein Drittel aller Krebserkrankungen erst durch Vorstellungen in der Notaufnahme entdeckt wird.

Späte Diagnose erhöht Sterblichkeit

Beachtlicher Anteil der Krebskranken weltweit in Notaufnahmen diagnostiziert

Die Studie analysierte mehr als 850.000 Krebsfälle zwischen 2012 und 2017 in Australien, Kanada, Dänemark, Neuseeland, Norwegen und Großbritannien.2,3
Etwa jeder dritte Krebskranke kam durch eine Vorstellung in der Notaufnahme zur Diagnose – genauer 37 % der Fälle in England, 37,4 % in Wales, 38,5 % in Schottland und 27,9 % in Nordirland (wo ein anderes Abrechnungsverfahren angewendet wurde).

Eine Krebsdiagnose im Rahmen einer Vorstellung in der Notaufnahme scheint laut dieser aktuellen Daten kein Problem eines einzelnen Landes oder Gesundheitssystems zu sein.
Getoppt wurden diese Zahlen von Neuseeland, wo stattliche 42,5 % der Neoplasien per Notaufnahme entdeckt wurden. Norwegen kam mit 36,5 % auf eine vergleichbare Rate wie Großbritannien. Die niedrigste Rate in der Erhebung konnte der australische Bundesstaat Victoria mit 24 % vorweisen.

Länder mit höherer Inzidenz von Notfallvorstellungen verzeichneten schlechtere Überlebensraten

Der höchste Anteil der Notfalleinweisungen entfiel mit 46,1 % auf Pankreaskarzinome. Rektale Karzinome hatten im Durchschnitt den geringsten Anteil an den Notaufnahmen (12,1 %).

Vulnerable Patienten waren insgesamt deutlich überrepräsentiert: die höchsten Quoten von Diagnosen per Notaufnahme fanden sich bei älteren Menschen (75–85 Jahre und über 85 Jahren) und fortgeschritteneren Tumorstadien (Fernmetastasen). 

Die auf diesem Wege diagnostizierten Krebskranken hatten durchweg eine wesentlich höhere 12-Monats-Sterblichkeit als Nicht-Notfälle (OR >1,9). Pro 10%igem Anstieg der notfällig diagnostizierten Krebsfälle in einem Land nahm die 1-Jahres-Überlebensrate je nach Tumorentität um 2,5–7 % ab.

Anteil der Betroffenen, die auf diesem Weg diagnostiziert werden, muss reduziert werden

Die Coronakrise, die nach dem Ende des Datensatzes begann, könnte die Situation noch verschlimmert haben, meint auch Michelle Mitchell, Geschäftsführerin von 'Cancer Research UK': „Seit Monaten warnen wir davor, dass die Krebsüberlebensraten aufgrund der Coronakrise zurückgehen könnten.“ Denn die Menschen haben weniger Routineuntersuchungen wahrgenommen, in vielen Ländern waren der Zugang zur medizinischen Grundversorgung und zu diagnostischen Tests eingeschränkt und Screeningprogramme pausiert. 

Das Forscher-Team hofft, dass diese Studie die Notwendigkeit für eine höhere Vigilanz hinsichtlich früher Krebssymptome sowie für geringere Barrieren für Krebsvorsorgeuntersuchungen und mehr Kapazitäten für die Frühdiagnose in Arztpraxen und Krankenhäusern verdeutlicht.3

Referenzen:
1. Emergency presentations: what are they, and what do they mean for cancer survival? Cancer Research UK - Cancer News https://news.cancerresearchuk.org/2022/04/07/emergency-presentations-what-are-they-and-what-do-they-mean-for-cancer-survival/ (2022).
2. McPhail, S. et al. Risk factors and prognostic implications of diagnosis of cancer within 30 days after an emergency hospital admission (emergency presentation): an International Cancer Benchmarking Partnership (ICBP) population-based study. The Lancet Oncology 0, (2022).
3. UCL. A third of UK cancer patients diagnosed as emergencies. UCL News https://www.ucl.ac.uk/news/2022/apr/third-uk-cancer-patients-diagnosed-emergencies (2022).

letzter Zugriff auf genannte Weblinks: 11.4.22