Langfristige Komorbiditäten bei Krebsüberlebenden: Kardiale Ischämien

Derzeit überleben etwa 80% der Kinder und Jugendlichen mit Krebs. Der Evaluation von Langzeitfolgen kommt daher immer größere Bedeutung zu. Eine vor wenigen Tagen erschienene, große Studie berichtet über ein erhöhtes Risiko für (frühe) kardiale Ischämien bei Kinderkrebsüberlebenden.

Derzeit überleben etwa 80% der Kinder und Jugendlichen mit Krebs. Der Evaluation von Langzeitfolgen kommt daher immer größere Bedeutung zu. Eine vor wenigen Tagen erschienene, große Studie berichtet über ein erhöhtes Risiko für (frühe) kardiale Ischämien bei Kinderkrebsüberlebenden.

Weltweit gab es 2017 über 30 Mio. Krebsüberlebende. Diese haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung einen früheren Beginn und eine höhere Inzidenz von chronischen Begleiterkrankungen, wie Endokrinopathien, kardialer Dysfunktion, Osteoporose, Lungenfibrose, Sekundärmalignomen und Gebrechlichkeit.1 Die zugrundeliegenden Veränderungen auf zellulärer Ebene sind in vielen Fällen noch unzureichend verstanden. Doch direkte Effekte verschiedener Chemotherapeutika und Bestrahlung auf die Telomerlänge, seneszente Zellen, epigenetische Modifikationen und microRNA sind in verschiedenen Arbeiten beschrieben.

1 von 18 Kinderkrebsüberlebenden aus einer sehr großen europäischen Kohorte entwickelte bis zum 60. Lebensjahr eine schwere bis lebensbedrohliche kardiale Ischämie

Kinderkrebsüberlebende bilden eine Gruppe, in der die Spätfolgen onkologischer Therapien in der Regel schwerer wiegen als bei erwachsenen Krebsüberlebenden, da die Therapie in Phasen des Wachstums und der Entwicklung fällt.2

Eine vor wenigen Tagen in der Fachzeitschrift 'Heart' publizierte europaweite Studie verfolgte über 36 Tsd. Überlebende von Krebs im Kindesalter für 23 Jahre nach.3
Die Daten für die 'PanCareSurFup' (PanCare Childhood and Adolescent Cancer Survivor Care and Follow-Up Studies) kamen aus Frankreich, Ungarn, Italien, den Niederlanden, Slowenien, der Schweiz und Großbritannien.

Mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres hatte die kumulative Inzidenz für schwere, lebensbedrohliche oder tödliche kardiale Ischämien 5,4% erreicht, wobei Männer stärker betroffen waren als Frauen (7,1% versus 3,4%; p < 0,0001). Auffällig war vor allem das junge Alter eines signifikanten Anteils der Betroffenen: 13,6% waren zum Zeitpunkt des kardialen Ereignisses zwischen 14 und 30 Jahren alt.

Überlebende von Lymphomen und Patienten, die Bestrahlung oder Chemotherapien erhalten hatten, verzeichneten ebenfalls ein signifikant erhöhtes Risiko. Eine Radiatio oder Chemotherapie ging mit einer Verdoppelung des Risikos einher (95% KI 1,5–3,0) und die kardialen Komplikationen traten früher auf als bei Patienten, die nur eine Operation oder keine Therapie durchlaufen hatten: vor dem Erreichen des 30. Lebensjahres hatten 15% respektive 3% eine kardiale Ischämie erlitten.

Wahrnehmung und Forschung für Überlebende von Krebs steigern

Langfristige Komorbiditäten bei Krebsüberlebenden entstehen wahrscheinlich aus der Interaktion zwischen Therapiefolgen und der biologischen Alterung heraus, argumentiert auch ein Review in ESMO Open, welches sich mit frühzeitigen Alterungsprozessen bei Krebsüberlebenden beschäftigt.1 Langzeit-Daten von Krebsüberlebenden und Forschung über Präventionsstrategien könnten dazu beitragen, die Lebenserwartung und -qualität der wachsenden Population von Krebsüberlebenden weiter zu verbessern.

Genau dies ist auch die Intention von Organisationen wie PanCare. Das europaweite multidisziplinäre Netzwerk von Experten und Überlebenden von Krebs in der Kindheit oder Jugend hat sich zum Ziel gesetzt, die Häufigkeit, Schwere und Auswirkungen von Spätfolgen der Therapien zu reduzieren und einen gleichberechtigten Zugang zu optimaler Langzeitversorgung sicherzustellen. Hierzu arbeitet die Organisation mit der europäischen Gemeinschaft zusammen, veranstaltet jährlich zwei Kongresse und versteht sich als Ressource für Leitlinien und Informationen aus der Forschung zu allem, was mit späten Nebenwirkungen von Krebstherapien zu tun hat. Die oben vorgestellte 'PanCareSurFup'-Studie ist ein solches PanCare-Projekt.

Referenzen:
1.  Cupit-Link, M. C. et al. Biology of premature ageing in survivors of cancer. ESMO Open 2, e000250 (2017).
2.  PanCareSurFup :: SIOP Europe. https://siope.eu/activities/eu-projects/pancaresurfup/.
3.  Feijen, E. A. M. et al. Increased risk of cardiac ischaemia in a pan-European cohort of 36 205 childhood cancer survivors: a PanCareSurFup study. Heart (2020) doi:10.1136/heartjnl-2020-316655.