Jedes Jahr am 30. März ist 'National Doctor's Day' – ein Grund, sich mit der Zufriedenheit von Ärzten in ihrem Beruf, Burnout und der Work-Life-Balance zu befassen.
Zunehmender ökonomischer Druck und Personalmangel sorgen dafür, dass Depressionen, Schlafstörungen und Burnout überall sind, aber einige Fachrichtungen sind häufiger betroffen als andere. Viele Studien zeigen, dass gerade Ärzte sich das Überlastungssyndrom oft zunächst nicht eingestehen können. Offenbar gehört es immer noch zum Arztideal, alles zu schaffen.1
So wurden Mitte 2019 für die Studie "Inside Heilberufe" 500 Ärzte (zu jeweils gleichen Teilen angestellt oder selbstständig), Apotheker und Medizinstudenten befragt. Das Fazit: die berufliche Zufriedenheit ist im Vergleich zur Ersterhebung 2016 weiter gesunken: von 62% auf nur noch 55%.2
Mit 90% war der Wunsch nach weniger Bürokratie bzw. staatlicher Regulierung besonders relevant. Dem gegenüber stand der große Wunsch nach mehr Zeit für den Patienten, mehr Autonomie, flexiblerer Arbeitszeitgestaltung und einem Arbeitsumfeld, welches Familie und Privatleben (als laut Befragung oberster Priorität) respektiert. Nur 59% der Allgemeinärzte und 49% der Fachärzte würden den Beruf derzeit weiterempfehlen. Auch die Studenten schätzten ihre beruflichen Aussichten deutlich weniger optimistisch ein.
Im 'Medscape Lifestyle, Happiness & Burnout Report 2020', für den Mitte 2019 über 15 Tsd. Ärzte befragt wurden, antwortete etwa jeder dritte Onkologe, mit seiner Arbeit glücklich zu sein.3 Damit rangierten die Onkologen im Mittelfeld der 29 befragten Spezialisierungsrichtungen. Die Zufriedensten waren die Dermatologen und Onkologen (ca. 40%) und auf den untersten Plätzen lagen die Internisten (22%) und Neurologen (18%).
Der Anteil an Onkologen, die an einem Burnout (32%) oder Depressionen (4%, 9% bejahten beides) litten, entsprach dem Durchschnitt der Fachrichtungen. Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu interpretieren, denn die Umfrage stützte sich auf die Einschätzungen der Befragten. Andere Untersuchungen zeigen, dass Betroffene oft nicht bemerken, dass sie eigentlich schon in einem Burnout sind – insbesondere in den Anfangsphasen, die zunächst mit einer nach außen verstärkten Geschäftigkeit einhergehen können.
Eine deutliche Sprache spricht aber, was laut den Onkologen am meisten zu Überlastung und Burnout beiträgt: am häufigsten genannt war die wachsende Anzahl bürokratischer Aufgaben (74%), gefolgt von zu langen Arbeitszeiten (42%), fehlender Wertschätzung durch Verwaltung, Vorgesetzte und Kollegen (36%), zunehmender Computerisierung (32%) und Mangel an Kontrolle/ Autonomie (31%).
Beliebte Coping-Strategien waren Sport (51%), mit Familienangehörigen oder Freunden sprechen (49%), Schlafen (37%) und Musik machen oder hören (24%). Besorgniserregender Weise antworteten aber auch viele, sich von anderen zu isolieren (38%), Alkohol zu trinken (26%), Junkfood zu essen (23% und weitere 15% "binge eating") oder verschreibungspflichtige Medikamente einzunehmen (3%).
Die Mehrheit der Onkologen hatte für Burnout oder Depressionen keine professionelle Hilfe in Anspruch genommen. Als Begründung führten die meisten an, dass die Symptome nicht schwer genug seien, sie keine professionelle Betreuung bräuchten oder schlichtweg keine Zeit hätten.
Ich weiß nicht, ob dieses Thema gerade im schlechtesten oder besten Moment kommt.
Dazu, dass die Arbeitsbelastung vielen wenig Zeit für Selbstfürsorge lässt, hatten wir in der Vergangenheit einige Beiträge, wie diesen hier.
Das Folgende ist natürlich kein Ersatz für professionelle Mitbetreuung und auch kein Garant, nicht in einen Burnout zu rutschen, aber eine Möglichkeit, sich hinterher besser zu fühlen und mit bestimmten Situationen vielleicht stressfreier und lösungsorientierter umgehen zu können. Viele Kollegen beschreiben das Problem, dass sie viel Belastung von der Arbeit mit nach Hause nehmen, sodass sie auch in der freien Zeit nicht auftanken können, selbst wenn in dieser objektiv kein großer Ärger anliegt. Dann kann es sinnvoll sein, nach Arbeitsende bewusst einen Schnitt zu machen.
Dass selbst wenige Minuten einer Achtsamkeitspraxis pro Tag, regelmäßig praktiziert, im Gehirn strukturell etwas verändern, können Sie hier nachlesen.
Als sehr hilfreich empfinde ich es, nachdem man den ganzen Tag gearbeitet, viel Input bekommen, vieles erledigt und rational durchdacht oder diskutiert hat, sich ein wenig Zeit zu nehmen (vielleicht 20 Minuten als realistisches Ziel), in der man all dies ruhen lässt und sich stattdessen für einen Moment bewusst nur darauf konzentriert, wie es bestmöglich aussehen könnte. Beispielsweise in einer Meditation, in der man sich stattdessen vorstellt, wie sich alles positivst entwickeln könnte.
Dabei mag es Tage geben, an denen die externen Stressoren so massiv sind, dass dies schwerfällt. Statt es dann gar nicht erst zu versuchen oder die Meditationszeit mit weiterem inneren Dialog zu verbringen, kann es effektiver sein, den Einstieg über eine körperliche Entspannung zu suchen. Erfahrungsgemäß stellt sich darüber ein Zustand ein, in dem auch ein überlasteter Kopf frei wird. Hierzu gibt es viele Methoden und die richtige ist die, die für Sie an dem Tag am besten funktioniert. Für mich ist das z. B. Yoga in Kombination mit Affirmationen. Auf diesem sehr guten Kanal gibt es u. a. Übungsserien zu bestimmten Themen (wie Ärger, Trauer, Angst). Zu jeder Yoga-Position gibt es eine Affirmation oder eine kurze Anweisung, wohin die Aufmerksamkeit gehen soll.
In diesem Sinne viel Kraft und kommen Sie gut durch die Woche!
Referenzen:
1. Ärzteblatt, D. Ä. G., Redaktion Deutsches. Arztgesundheit: Selbstfürsorge kommt zu kurz. Deutsches Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/archiv/207877/Arztgesundheit-Selbstfuersorge-kommt-zu-kurz (2019).
2. apoBank-Studie ‘Inside Heilberufe II’. Mynewsdesk http://newsroom.apobank.de/documents/apobank-studie-inside-heilberufe-ii-92669.
3. Medscape Oncologist Lifestyle, Happiness & Burnout Report 2020. Medscape //www.medscape.com/slideshow/2020-lifestyle-oncologist-6012471.