Resistenzmechanismen und die Suche nach Prädiktoren für das Ansprechen auf Immuntherapien

Eine signifikante Anzahl von Patienten sprechen nicht auf Therapien mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICIs) an – zusätzlich kommt es aufgrund von immunvermittelten Nebenwirkungen (IRAEs) zu Therapie-Abbrüchen. Wie könnten Patienten, die von ICIs profitieren, im Vorhinein identifiziert werden?

Eine signifikante Anzahl von Patienten sprechen nicht auf Therapien mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICIs) anzusätzlich kommt es aufgrund von immunvermittelten Nebenwirkungen (IRAEs) zu Therapie-Abbrüchen. Wie könnten Patienten, die von ICIs profitieren, im Vorhinein identifiziert werden?

Wenn man den derzeit limitierten Anteil der Patienten mit klinischem Benefit durch ICIs steigern will, werden Biomarker zur Abschätzung des Therapieansprechens dringend benötigt. Non-Responder, die oft dennoch unter Nebenwirkungen leiden, könnten somit ohne Verlust wertvoller Zeit anderen Therapie-Optionen zugeführt werden.

Für einige Neoplasien und ICIs sind inzwischen auch erste Langzeit-Daten verfügbar, in denen eine erhebliche Zahl von Spätrezidiven registriert wurden. Dies lässt neben primären auch erworbene Resistenzen vermuten. Melanom-Patienten nach Ipilimumab zeigen beispielsweise 20% bleibende Krankheitskontrolle nach 5-10 Jahren oder 33% 3 Jahre nach Pembrolizumab (gegenüber 70-80% initialer Ansprechrate).1

Resistenzmechanismen auf ICIs

Die in aktuellen Arbeiten beschriebenen Ursachen für Therapieversagen lassen sich fast immer einer der folgenden Endstrecken zuordnen:1

Darüber hinaus tragen Faktoren außerhalb des Tumors dazu bei, dass dieser sich der Immunantwort entziehen kann und begünstigen damit Tumor-Wachstum und ICI-Resistenz, z.B. die residente Keimflora des Patienten (diesem Thema haben wir in der Vergangenheit einen eigenen Beitrag gewidmet "Darmflora und Antibiotika beeinflussen das Ansprechen auf Immuntherapien").

Im Routinelabor verfügbare Marker für Ansprechen auf ICIs

Möglicherweise könnten klinische Charakteristika und Laborparameter, die routinemäßig zur Verfügung stehen, dabei helfen, potenziell toxische und ineffektive Therapien zu vermeiden.

Absolute und relative Werte für Leukozyten und deren Subtypen vor und nach Therapiebeginn gehören zu den vielversprechendsten routinemäßig verfügbaren Blutwerten, die in Studien eine Assoziation zum Ansprechen auf ICIs zeigten.2

So scheint das Neutrophilen-zu-Lymphozyten-Verhältnis (NLR) ein Marker für die generelle Immunantwort auf Stressreize zu sein. Eine Korrelation einer hohen NLR mit schlechteren Outcomes nach ICI-Therapie wurde in mehreren Arbeiten belegt.3

Ein erhöhter Anteil von Lymphozyten an den Leukozyten (RLC für relative lymphocyte count) zum Ausgangszeitpunkt ging dagegen in mehreren Studien mit höherem OS einher.2

Von möglicher Relevanz sind auch CRP und LDH. Erhöhte LDH-Werte gelten als prognostischer Indikator für ein schlechteres Überleben bei Melanom, mRCC und anderen Tumoren (und wurden vom American Joint Committee on Cancer, AJCC, daher als Staging-Parameter aufgenommen). Eine Normwertige LDH bei baseline ist mit besserem ICI-Ansprechen und OS assoziiert.2

Viele dieser Daten (auch letztgenannte) stammen von Melanom-Patienten nach Therapie mit den ersten zugelassenen ICIs (Ipilimumab, Pembrolizumab, Nivolumab). Teils handelt es sich um kleine, retrospektive Studien. Um genaue Cut-Off-Werte zu definieren, die Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit eines Therapieansprechens von potenziellen Non-Respondern trennen, müssen diese Parameter in weiteren Studien validiert werden.

Ob klinische Merkmale – wie Raucherstatus, physischer Zustand (ECOG PS), Lebermetastasen und Auftreten von IRAEs – als prädiktiv für ein Ansprechen auf ICIs oder besseres Überleben angesehen werden können, lässt sich aus den bisherigen kontroversen Studienergebnissen noch nicht beantworten.2

Immunkompetenz ist kein einzelner Biomarker

Eine gerade erst publizierte Studie legt außerdem nahe, dass therapeutische Entscheidungen durch konventionelle Flow-Cytometrie gestützt werden könnten. Die Häufigkeit von Monozyten (CD14+CD16-HLA-DRhi) vor Anti-PD-1-Therapiebeginn ist ein starker Prädiktor für PFS und OS.Konzentrationen von TGF-β und IL-10 im peripheren Blut könnten ebenfalls als prognostische Marker für das Rezidiv-Risiko nach ICI-Therapie dienen.

Des Weiteren fanden mehrere Studien einen Zusammenhang der PD-L1-Expression (durch infiltrierende myeloide Zellen und T-Zellen, nicht aber Tumor-Zellen) mit einer höheren Ansprechrate auf Anti-PD-1/PD-L1-Antikörper, PFS und OS.2 Die komplexen Vorgänge in der TME beeinträchtigen auch die periphere Immunerkennung in der Zirkulation.

Die Society for Immunotherapy of Cancer (SITC) hat eine internationale, multi-disziplinäre Experten-Kommission zusammengerufen, die multiple Biomarker für einen Screening-Prozess als vielversprechend vorstellte – hierunter genetische Faktoren des Patienten (SNP = Einzel-Nukleotid-Polymorphismen), Tumor-Alterationen in Genen und Proteinen, die die Antigen-Präsentation verändern und Prozesse der lokalen Rekrutierung des Immunsystems. Besonders relevant erscheint diesbezüglich die Messung der T-Zell-Rezeptor-Diversität (im peripheren Blut und in der TME, Studien laufen) und der lokalen Immunkompetenz (Tumor-infiltrierende B-Zellen)5. Veränderungen regulatorischer T-Zellen und Myeloid-derived suppressor cells (MDSCs) sind ebenfalls mit dem Ansprechen auf ICIs assoziiert.2

Prädiktoren für Effektivität mehr erforscht als für Toxizität

10-20% der Patienten2 unter PD-1-Blockade entwickeln schwere, potenziell vital gefährdende IRAEs, bei Kombination mit Anti-CTLA4-Antikörpern liegt diese Zahl höher (mehr dazu in diesem Beitrag: "Immunvermittelte Nebenwirkungen unter Immun-Checkpoint-Blockade").

Als mögliche Risikofaktoren für schwere IRAEs werden diskutiert: positive Familienanamnese für Autoimmunerkrankungen, Tumorinfiltration und -lokalisation, vorbestehende virale Infektionen (HIV, Hepatitis), begleitende Medikation mit bekannter autoimmuner Toxizität (Antiarrhythmika, Antibiotika, Antikonvulsiva, Antipsychotika) und körperlicher Zustand (Sarkopenie und niedrige Muskel-Attenuation in der CT vor Therapiebeginn gingen in einer neueren Arbeit mit höheren Raten schwerer toxischer Nebenwirkungen einher).2

Eine bessere Datenlage wäre hier wünschenswert. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass auch gleichzeitige Therapien (v.a. hoch-dosierte Steroide), Diversität der Darmflora, Prolactin, Autoimmun-Erkrankungen, HLA-Klasse, DNA mismatch repair complex (MMR complex), Tumor-Charakteristika (Größe, Lokalisation von Metastasen) und die Konzentration Tumor-infiltrierender Lymphozyten als potenzielle Prädiktoren für toxische Nebenwirkungen näher evaluiert werden sollten.2

Referenzen:
1. Jenkins, R. W. et al. Mechanisms of resistance to immune checkpoint inhibitors. British Journal of Cancer 118, 9–16 (2018).
2. Hopkins, A. M. et al. Predicting response and toxicity to immune checkpoint inhibitors using routinely available blood and clinical markers. British Journal of Cancer 117, 913–920 (2017).
3. Sacdalan, D. B. et al. Prognostic utility of baseline neutrophil-to-lymphocyte ratio in patients receiving immune checkpoint inhibitors: a review and meta-analysis. Onco Targets Ther 11, 955–965 (2018).
4. Krieg, C. et al. High-dimensional single-cell analysis predicts response to anti-PD-1 immunotherapy. Nature Medicine 24, 144–153 (2018).
5.Gnjatic, S. et al. Identifying baseline immune-related biomarkers to predict clinical outcome of immunotherapy. J Immunother Cancer 5, 44 (2017).

Abkürzungen:
TME
: Tumormikroumgebung
PFS: progressionsfreies Überleben (progression free survival)
OS: Gesamtüberleben (overall survival)
mRCC: metastasiertes Nierenzellkarzinom (renal cell carcinoma)
ECOG PS: Eastern Cooperative Oncology Group Performance Status