Cannabis rechtssicher handhaben

Ob und wann  ein Arzt Cannabis verordnet, muss er im Einzelfall entscheiden und gut begründen. Eine eindeutige Indikationsstellung existiert nicht. Derzeit werden gut ein Drittel der Erstverordnungen von den Krankenkassen abgelehnt.  Unkritisch scheinen Verordnungen in der Palliativmedizin zu sein.

Ob und wann  ein Arzt Cannabis verordnet, muss er im Einzelfall entscheiden und gut begründen. Eine eindeutige Indikationsstellung existiert nicht. Derzeit werden gut ein Drittel der Erstverordnungen von den Krankenkassen abgelehnt.  Unkritisch scheinen Verordnungen in der Palliativmedizin zu sein.

Verstöße gegen  das Betäubungsmittelgesetz sind strafbar. Auch Cannabis  fällt hierunter, da es grundsätzlich zu den nicht-verkehrsfähigen Betäubungsmitteln zählen (Anlage 1 BtMG). Das Gericht kann jedoch gemäß § 29 Abs. 5 BtMG  von einer Bestrafung absehen, wenn der Täter das Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

Nicht-verkehrsfähige Betäubungsmittel dürfen weder verschrieben noch verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden. Bei der Verkehrsfähigkeit von Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen) hat der Gesetzgeber jedoch Ausnahmen zugelassen, wenn es aus einem Anbau stammt, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle erfolgt, sowie in Zubereitungen vorliegt, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind (Anlage 3 BtMG). Ausnahmen gelten  auch für die Nutzung in der Landwirtschaft. Die Pflanzen müssen dann aber vor der Blüte vernichtet werden oder es ist Nutzhanf mit weniger als 0,2% THC-Gehalt.

Therapieentscheidung  mit Begründung

Ärzte dürfen verkehrsfähige und verschreibungspflichtige Betäubungsmittel gemäß Anlage 3 BtMG verordnen, verabreichen oder überlassen, "wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen … Körper begründet ist" (§ 13 Abs. 1 BtMG). Die Anwendung gilt als nicht-begründet, "wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann" (ebd.).  Das SGB V spricht in diesem Kontext von einer allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistung, die vorliegen müsste. Nur wenn diese nicht vorliegt und durch Cannabis eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf Symptome naheliegt, haben Patienten Anspruch auf eine Verordnung in Form von Blüten und Extrakten bzw. Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon verordnen. (§ 31 Abs. 6 SGB V)

"Da im Gesetz keine konkreten Krankheitsbilder definiert sind, kommt den Ärzten eine Schlüsselstellung zu", sagt der Verband der Ersatzkassen (vdek). Der Arzt muss unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen und des Krankheitszustands seines Patienten einzelfallbezogen entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Cannabis-Therapie gegeben sind.

Zusätzlich muss die Krankenkasse des Patienten die Erst-Verordnung genehmigen und darf dies nur in begründeten Ausnahmen ablehnen. 2017 gingen rund 20.000 Anträge bei den Kassen ein, darunter 8.300 bei den Ersatzassen. Knapp zwei Drittel der Anträge wurden bewilligt. Im ersten Halbjahr 2018 ist die Zahl der verordneten Cannabis-Blüten deutlich angestiegen. Unverarbeitete Blüten machen inzwischen fast die Hälfte des GKV-Bruttoumsatzes für Cannabis in Höhe von 30,8 Millionen Euro aus.

Der vdek spricht von einer positiven Bilanz bei den Genehmigungen für eine neu eingeführte Leistung.  Warum eine Verordnung abgelehnt wird, wird nicht systematisch erfasst. Als mögliche Gründe nennt Tobias Kurfer, stellvertretender Pressesprecher des vdek.  unvollständige Anträge und / oder eine unzureichende Begründung. Generell gelte: Je aussagekräftiger die Informationen sind, die vom Arzt vorgelegt werden – insbesondere auch Informationen zu den Therapiezielen (was soll mit der Behandlung von medizinischem Cannabis konkret bezogen auf die Erkrankung(en) des Patienten erreicht werden), desto einfacher ist eine sachgerechte Entscheidung durch die Krankenkasse mit Hilfe des MDK zu treffen.

Hohe Bewilligung in der Palliativversorgung

Über den Antrag des Versicherten auf Kostenübernahme, muss die Kasse innerhalb von drei Wochen entscheiden. Zieht sie den MDK hinzu, verlängert sich der Zeitraum auf fünf Wochen. In nur drei Tagen muss die Entscheidung vorliegen, wenn Cannabis im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) verordnet wird.  Hier ist die Bewilligungsquote überdurchschnittlich hoch. Bei den Ersatzkassen wurden im vergangenen Jahr alle 650 Anträge im Rahmen der SAPV genehmigt.

Die verordnenden Ärzte sind qua Gesetz verpflichtet, an einer wissenschaftlichen Begleiterhebung teilzunehmen, die noch bis Ende März 2022 läuft. Sie können die Daten in anonymisierter Form über das Portal www.begleiterhebung.de des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte übermitteln. Ihre  Patienten müssen sie vorab informieren.