Die neurotrophe Kerathopie kann zu erheblichen Hornhautschäden führen. Umso wichtiger ist eine schnelle und stadiengerechte Therapie. Ein verhältnismäßig neu zugelassener Wirkstoff kann die Behandlung bei mittleren und schweren Stadien unterstützen, auch wenn bislang wenig klinische Erfahrungen vorliegen. Hoffnung liegt zudem auf dem experimentellen Verfahren der Neurotisation.
Die neurotrophe Keratopathie (NK) gehört zu den seltenen Hornhauterkrankungen, was bereits das erste Problem mit sich bringt: Gerade die sekundäre NK, die beispielsweise als Folge einer sehr schweren Keratoconjunctivits sicca entstehen kann, wird in der Praxis nicht immer sofort erkannt. Dabei gilt sie inzwischen als eigenständige Erkrankung und wird nicht mehr als Komplikation einer anderen Grunderkrankung gewertet.
Trotzdem gibt es kaum standardisierte Therapieverfahren, geschweige denn spezielle Leitlinien. Die wichtigsten Behandlungsgrundsätze für die NK sind aber durchaus bekannt:
Die stadiengerechte Therapie stellt FachärztInnen vor große Herausforderungen. Denn an den verschiedenen Optionen lässt sich leicht erkennen, dass keine dieser Behandlungen die neurothrophe Keropathie ursächlich beseitigt.
Erst seit 2017 ist in Deutschland ein rekombinanter humaner Nervenwachstumsfaktor (rhNGF) zugelassen, der eine deutlich höhere Konzentration des Wachstumsfaktors enthält als Eigenserum. In den Zulassungsstudien hatte sich gezeigt, dass die Epitheldefekte deutlich besser abheilten als unter einem Tränenersatzmitteln.
Nach achtwöchiger Therapie mit sechsmal täglicher Anwendung hatte sich bei 72 Prozent der behandelten PatientInnen das Epithel geschlossen. In der Kontrollgruppe war das nur bei 33 Prozent der Fall. Eines hatten alle ProbandInnen gemeinsam: Ihre neurotrophe Keratopathie hatte sich zuvor als resistent gegenüber den übrigen konservativen Therapieoptionen erwiesen.
Das heißt jedoch nicht, dass rhNGF nun das Mittel der ersten Wahl ist. Denn die klinischen Erfahrungen sind bislang begrenzt und weitere Studien, vor allem ein Vergleich mit Eigenserum, fehlen bislang. Die Zulassung bezieht sich ohnehin nur auf mittelschwere bis schwere Stadien. Empfohlen wird der Einsatz des Medikaments derzeit bei PatientInnen, bei denen andere konservative Therapieoptionen nicht greifen und wenig-invasive Verfahren wie die Amnionmembrantransplantion erfolglos geblieben oder nicht durchführbar sind.
Zu einer interessanten Option könnte sich auch die Neurotisation entwickeln. Es handelt sich dabei um ein experimentelles chirurgisches Verfahren zur Reinnervation der Hornhaut. Interessant ist dabei, dass der Wirkmechanismus nicht vollständig klar ist, es aber messbare Effekte gibt: Sowohl in Tierstudien als auch in klinischen Fallserien konnte eine Verbesserung der Hornhautsensibilität und des Epithels festgestellt werden. Die Neurotisation gilt daher schon jetzt als vielversprechend, auch wenn weitere Studien folgen müssen.
Quelle:
117. Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), Berlin, Prof. Dr. Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Köln, Symposium: Hornhaut und Limbus, Vortrag vom 27.09.2019.