Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist einerseits eine der am besten verstandenen Erkrankungen des höheren Alters. Andererseits jedoch ist die Pathophysiologie der AMD noch immer weitestgehend unbekannt. Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass neben einer genetischen und einer lebensstilbedingten Komponente wohl auch Komplementfaktoren und das sogenannte "Inflammasom" eine tragende Rolle spielen könnten.
Bei der AMD handelt es sich im Wesentlichen um eine fortschreitende Erkrankung des Photorezeptorsystems und seiner Hilfsstrukturen im Auge, was am Ende in einem Verlust des Sehvermögens gipfelt. Als Hauptursachen für die AMD gelten nach heutiger Ansicht einige krankheitsfördernde Genvarianten, veränderliche Faktoren (wie z. B. Ernährung, Rauchen, u. a.) sowie oxidativer Stress.1
Nicht selten tritt im Zusammenhang mit der AMD - selbst unter Therapie - auch die sogenannte geographische Atrophie (GA) auf. Gegen diese gibt es bisher keine etablierte Therapie. Die GA ist zudem durch ein beständiges Wachstum charakterisiert, d. h. die Vergrößerung der Atrophiezonen stoppt nicht; allerdings treten durchaus individuelle Wachstumsraten auf.1
Als eine mögliche Ursache der AMD werden ja seit Längerem genetische Faktoren diskutiert. Tatsächlich lassen moderne Verfahren, wie z. B. Genome-wide association studies (GWAS), "einen Blick hinter die Kulissen" zu.2 Die Genetik soll dabei zwei wesentliche Fragen klären: 1. Was löst die AMD aus? und 2. Was lässt die AMD weiter voranschreiten?
In aktuellen GWAS ist die Unterscheidung nach frühen oder späten AMD-Genen möglich. So konnten beispielsweise mit CFH, C3, CFI, CFB sowie mit Faktoren des Komplementsystems Genorte identifiziert werden, die sowohl in der frühen als auch in der späten AMD eine Rolle spielen. Gene, die ausschließlich die Spätphase der AMD beeinflussen gibt es nur sehr wenige. Einzelne genetische Trigger ausschließlich für die frühe Erkrankungsphase gibt es hingegen bisher keine.2
Eine weitere mögliche Ursache für die AMD ist die chronische Komplementaktivierung und am Ende eine chronische Entzündungsreaktion.3 Ausgangspunkt dieses Ansatzes könnte der alternative Weg der Komplementaktivierung sein, der dauerhaft in Bereitschaft ist. Kommt es hier zu Stimulationen, wird die Komplementkaskade ausgelöst, in deren Folge auch der Komplementfaktor C5a gebildet wird. C5a wiederum fördert die Inflammation. Auf diese Weise aktivierte RPE-Zellen bilden Inflammasomen, welche neben Apoptose und Sekretion ebenso die Entzündungsreaktionen weiter anregen.3
Entzündungsorte wiederum locken Monozyten/Makrophagen an, die sich dann ebenfalls in der äußeren Retina ansiedeln und dort das immunologische Umfeld der Zellen verändern, indem die Immunsuppression zugunsten von Entzündungsmediatoren zurückgefahren wird.3
Einen weiteren Zusammenhang mit der Entstehung der AMD scheinen die in den RPE-Zellen reichlich vorhandenen Granula zu bieten. Dabei gilt allerdings, dass Lipofuscin-Granula wohl in erster Linie ein Zeichen für höheres Alter sind und nicht ursächlich mit der AMD in Verbindung stehen.4
Jedoch fällt auf, das die Granula bei AMD-PatientInnen anders als beim Gesunden zur Aggregation neigen, dass es im großen Maßstab zur Neuordnung und ebenso zum Verlust von Granula kommt. Ob solche Veränderungen als Vorstufen der Apoptose von Zellen des retinalen Pigmentepithels (RPE) angesehen werden können, ist hingegen weiterhin unklar.4
Obgleich mit der anti-VEGF-Therapie mittlerweile eine wirksame Behandlung der AMD möglich ist, und die Erkrankung in ihrem Fortschreiten dadurch zumindest gebremst wird, sind deren mögliche Ursachen weiterhin noch nicht bis ins Detail bekannt.
Neben genetischen Faktoren werden heutzutage vor allem Entzündungsmechanismen sowie Veränderungen in der Granulierung von RPE-Zellen diskutiert, die letztlich den Zelluntergang durch Apoptose bedingen könnten.
Quellen:
1 Holz -FG. Pathophysiology, disease monitoring and therapy of AMD: an overview (Sa20-01)
2 Heid I. Genetics in AMD (Sa20-02)
3 Strauß O. The role of complement in AMD (Sa20-03)
4 Ach T. RPE function in AMD: In situ imaging (Sa20-04)
Veranstaltung:
Symposium “Highlights in translational science: AMD”; DOG 2019, Berlin