Zellbasierte, individualisierte Therapie bei Hirntumoren

Die CAR-T-Zell-Therapie ist ein vielversprechender innovativer Therapieansatz: Mit Tisagenlecleucel und Axicabtagen Ciloleucel sind im August 2018 in Europa erstmals zwei gentechnisch modifizierte T-Zellprodukte zur Krebstherapie bei bestimmten B-Zell-Leukämien/Lymphomen zugelassen worden.

CAR-T-Zell-Therapie ist ein vielversprechender innovativer Therapieansatz bei PatientInnen mit Leukämie

Die CAR-T-Zell-Therapie ist ein vielversprechender innovativer Therapieansatz: Mit Tisagenlecleucel und Axicabtagen Ciloleucel sind im August 2018 in Europa erstmals zwei gentechnisch modifizierte T-Zellprodukte zur Krebstherapie bei bestimmten B-Zell-Leukämien/Lymphomen zugelassen worden. Sowohl Tisagenlecleucel als auch Axicabtagen Ciloleucel nutzen einen CD19-spezifischen künstlichen Antigen-Rezeptor (CAR), der in die körpereigenen T-Zellen der PatientInnen eingebracht wird. Ex vivo wird der Rezeptor so verändert, dass er bestimmte tumorspezifische Antigene erkennen kann.

Schon seit einiger Zeit prüfen Onkologinnen und Onkologen, ob auch PatientInnen mit rezidivierten soliden Tumoren von einer CAR-T-Zell-Therapie profitieren können. CAR-T-Zell-Strategien bei PatientInnen mit Glioblastomen stellte Dr. Michael Burger, Institut für Neuroonkologie des Universitätsklinikums Frankfurt, jetzt auf dem Neurologenkongress im ICS in Stuttgart vor.

Drei Studien mit 28 Glioblastom-PatientInnen

In einer Arbeit aus 2018 (Migliorini D et al. Clin Cancer Res 2018) wurden drei Studien zur CAR-T-Zell-Therapie bei 28 pädiatrischen und erwachsenen GlioblastompatientInnen ausgewertet. In den Studien wurden unterschiedliche CAR-Rezeptoren verwendet (IL13Rα2, HER2 und EGFRvIII) sowie verschiedene Applikationsarten angewendet.

In der Studie aus 2017 (O´Rourke DM et al. Sci Transl Med, 2017) wurden 10 PatientInnen mit rezidivierendem Glioblastom mit CAR-T-Zellen behandelt, die sich gegen EGFRvIII richteten. Bei einem der Patienten blieb die Erkrankung über 18 Monate stabil.

In der Arbeit aus 2016 (Brown CE et al. NEJM; 2016) wurde von einem Patienten berichtet, der eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten hatte. Bei diesem Patienten wurde eine komplette Remission erzielt, bestimmt anhand der RANO-Kriterien (Response Assessment in Neuro-Oncology). Es handelte sich um einen 50-Jährigen, dessen T-Zellen den Rezeptor gegen IL13R-alpha-2 trugen. Das Glioblastom enthielt unmethylierte MGMT-Promotoren und keine Mutationen im Gen für das Enzym Isocitratdehydrogenase (IDH). Vermutet wird, dass der Erfolg auf der intrathekalen Applikation beruhte.

Die dritte Studie schließlich (Ahmed N et al, JAMA Oncol, 2017) berichtete über 10 Erwachsene und 7 Kinder mit rezidivierendem Glioblastom, die stark vorbehandelt waren und mit CAR-T-Zellen gegen HER2 therapiert wurden. Für die gesamte Studienkohorte betrug das mediane Gesamtüberleben 11,1 Monate ab der ersten T-Zell-Infusion und 24,5 Monate ab Diagnose.

Die Immuntherapie zeigte sich in allen drei Studien sicher und ohne schwere toxische Nebenwirkungen, das Zytokin-Freisetzungs-Syndrom trat in keinem Fall auf. In zwei Studien wurde ein radiologisches Ansprechen auf die Immuntherapie beobachtet, bei einem Patienten kam es zu einer kompletten Remission. Neue Rezidive zeigten sich als Tumorzellen ohne das für die Therapie ausgewählte Antigen. Die AutorInnen der Studie schließen daraus, dass für künftige Therapieansätze T-Zellen hergestellt werden müssten, die mehrere Tumorantigene zugleich erkennen können, um zu verhindern, dass Tumorzellen dem Immunangriff entwischen.

Welcher Applikationsweg ist der beste?

Wie soll verabreicht werden? Intravenöse oder lokal? In der Studie von Brown zeigten sich Vorteile der lokalen intrakraniellen Verabreichung von CAR-T-Zellen im Vergleich zur intravenösen Verabreichung, wobei intraventrikuläre Infusionen einen möglichen Nutzen gegenüber intrakraniellen Tumorinfusionen in einem multifokalen Krankheitsmodell aufweisen.

Offene Fragen/Probleme der CAR-T-Zelltherapie beim Glioblastom:

CAR2BRAIN-Studie: Injektion von natürlichen Killerzellen während der OP

Burger berichtete von der CAR2BRAIN-Studie, die Anfang 2018 am Uniklinikum Frankfurt gestartet ist. Darin werden PatientInnen mit einem HER2-positiven Glioblastom behandelt, die einen Rückfall (Rezidiv) erlitten haben. Bei der Therapie werden natürliche Killerzellen (NK-Zellen) genutzt. Sie sind eine essenzielle Komponente des Immunsystems bei der Abwehr von Krebszellen.

Glioblastome sind besonders aggressive Hirntumoren, schon in frühen Stadien beginnen die Tumorzellen zu wandern und das Gehirn mit einer Art Netzstruktur zu durchziehen. Es ist unmöglich sie durch eine Operation oder Bestrahlung vollständig zu entfernen. Die neu entwickelten CAR-NK-Zellen – also genetisch modifizierte NK-92 Zellen - werden während der Rezidiv-Operation in das Operationsgebiet injiziert.

Dadurch sollen die trotz Operation zurückbleibenden Tumorzellen attackiert und das patienteneigene Immunsystem gegen diese aktiviert werden, um ein erneutes Ausbreiten zu verhindern. Die Sicherheit und Verträglichkeit einer intravenösen Gabe von NK-Zellen der Zelllinie NK-92 wurde in mehreren Studien bei PatientInnen mit unterschiedlichen Krebserkrankungen nachgewiesen.

Einschlusskriterien in die CAR2BRAIN-Studie sind:

  1. Rezidiv eines Glioblastoms, welches operiert werden kann
  2. Karnofsky Index mindestens 50%
  3. HER2-positiver Tumor (HER2-Status wird durch das Klinikum Frankfurt bestimmt)
  4. Maximale tägliche Dosis Dexamethason bei Studieneinschluss 4mg

Referenzen:
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Kongresszentrum Stuttgart ICS 2019