Dr. med. Oliver Schubert-Olesen vom Diabeteszentrum Hamburg City ging in seinem Vortrag der Frage nach, ob eine Therapieunterstützung durch RT-CGM-Technologie die Lebensqualität bei Diabetes-Patienten verbessern kann. Als Vorteile sehen Patienten eine bessere Behandlungsqualität, größere Eigenverantwortung und Selbstbestimmung in der Therapie, mehr Unterstützung bei Therapieentscheidungen, verbesserte Kommunikation mit dem Arzt und dem Diabetesteam, einen besseren Austausch mit anderen Betroffenen und eine Reduzierung der Arztbesuche. Besonders die Unterstützung bei Therapieentscheidungen wurde von vielen als großer Vorteil betrachtet, der durch CGM-Systeme ermöglicht wird. Die Möglichkeit, jederzeit den eigenen Glukosewert zu sehen, bietet eine verbesserte Kontrolle und Analyse. Dies kann zu einer stabilen Stoffwechsellage und damit zu einer höheren Lebensqualität führen. Allerdings wurden auch potenzielle Nachteile der Digitalisierung genannt, wie ein erhöhtes Risiko für fehlerhafte Therapieentscheidungen, hohe Kosten, Fehleranfälligkeit von digitalen Anwendungen, Überforderung durch Technik, Ersatz des Arztes in einigen Fällen und Gefahr des Missbrauchs von Patientendaten.
Das Robert-Koch-Institut definiert die gesundheitsbezogene Lebensqualität als ein multidimensionales Konstrukt, das physische, psychische und soziale Dimensionen umfasst. Die subjektive Wahrnehmung des Einzelnen spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Obwohl Studien zeigen, dass RT-CGM-Systeme durch das frühzeitige Erkennen von Hypoglykämien und die bessere Kontrolle der Stoffwechsellage, eine signifikante Verbesserungen der Diabetes-spezifischen Lebensqualität bewirken können, gibt es individuelle Barrieren, die einer Verbesserung der Lebensqualität im Wege stehen können, Wenn die Nutzer zu viele Informationen erhalten oder sich nicht in der Lage fühlen, die Technik richtig zu bedienen, kann dies die Lebensqualität negativ beeinflussen. Dazu gehören auch das Tragen von Geräten am Körper und das Unwohlsein, das damit verbunden sein kann. Es ist wichtig, spezifische Hürden zu identifizieren und entsprechende Lösungsansätze zu finden.
Um die Lebensqualität im Umgang mit CGM-Systemen zu verbessern, sollten Schulungen und Unterstützung angeboten werden, um die Umsetzung und Belastung beherrschbar zu machen. Es ist auch wichtig, die Bedürfnisse der Nutzer zu berücksichtigen und über die Hürden der Technologie zu sprechen.
Prof. Dr. Knut Mai von der Medizinischen Klinik für Endokrinologie, Diabetes und Stoffwechselmedizin an der Charité Berlin stellte Daten zur Bedeutung der Lebensqualität und Akzeptanz bei der Bewertung verschiedener Gewichtsreduktionskonzepte für Patienten mit Diabetes vor.
Studien haben gezeigt, dass Gewichtsreduktion positive Effekte auf den Stoffwechsel hat. Allerdings nehmen viele Patienten im Verlauf eines Jahres wieder zu, wodurch die positiven Effekte auf den HbA1c-Spiegel und die Diabetes-Remission abnehmen. Es wird deutlich, dass die Lebensqualität eine entscheidende Rolle spielt und verschiedene Faktoren die Lebensqualität bei Diabetes-Patienten beeinflussen, insbesondere das Übergewicht. In einer eigenen Studie mit 140 Probanden konnte Mai zeigen, dass adipöse Patienten mit Diabetes sowie vermeintlich metabolisch gesunde Patienten ähnlich viel abnahmen. Diabetes-Patienten profitierten besonders von der Gewichtsreduktion, da sie generell eine geringere Lebensqualität aufweisen. Dennoch sind rund 90% der Interventionen zur langfristigen Gewichtsreduktion nicht erfolgreich.
Um langfristig abzunehmen, wurden verschiedene Ernährungskonzepte untersucht. Ein erhöhter Proteinanteil in der Diät führte dazu, dass Patienten langsamer wieder zunahmen. Allerdings stellt sich die Frage nach den Auswirkungen des dauerhaften Konsums proteinreicher Nahrungsmittel auf die Lebensqualität, da diese oft nicht den Geschmacksvorlieben der Patienten entsprechen. Mai führte eine Studie mit 500 Probanden durch, in der normale Lebensmittel wie Nudeln, Brot und Müsli so verändert wurden, dass sie einen erhöhten Proteinanteil aufwiesen. Die Ergebnisse zeigten, dass der Proteinkonsum dadurch erhöht werden konnte, jedoch ist die Akzeptanz solcher Produkte entscheidend. In diesem Zusammenhang untersuchte Mai auch verschiedene Formen des Fastens, einschließlich intermittierendem Fasten und zeitbegrenztem Essen.
Intermittierendes Fasten erwies sich als wirksame Methode zur kurzfristigen Gewichtsabnahme, war jedoch schwer umzusetzen. Zeitbegrenztes Essen hingegen ermöglichte den Patienten, ihr Gewicht mit einfacheren Methoden zu halten, ohne Kalorien zählen zu müssen. Obwohl zeitbegrenztes Essen eine geringe Verbesserung des körperlichen Aktivitätsmusters und der psychischen Gesundheit zeigte, fehlen bisher Langzeitdaten. Hindernisse beim Fasten bestehen in der Vereinbarkeit mit sozialen Kontakten, dem privaten Leben und dem Beruf, etwa bei Schichtdienst. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zeitbegrenztes Essen eine vielversprechende Methode ist, um das Körpergewicht zu reduzieren und gleichzeitig die Lebensqualität zu verbessern. Allerdings sind Langzeitdaten erforderlich, um die langfristige Wirksamkeit und Praktikabilität in der klinischen Anwendung zu bestätigen.
Karin Lange von der Medizinischen Hochschule Hannover stellte in ihrem Vortrag fünf Punkte vor, die im Zusammenhang mit psychologischen Angeboten und Interventionen für Menschen mit Diabetes stehen.
Die spezifische Messung der Lebensqualität bei Diabetes gestaltet sich komplex, insbesondere wenn technologische Fortschritte wie das kontinuierliche Glukosemonitoring (CGM) einbezogen werden. Zudem gibt es Faktoren, auf die Diabetologen und Psychologen keinen Einfluss haben. Stattdessen sollte der Fokus darauf liegen, die Belastungen im Zusammenhang mit Diabetes und Adipositas zu reduzieren.
Die individuelle Perspektive hat einen starken Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Die eigenen Ziele, das Framing der Lebensqualität und die Kognition spielen eine wichtige Rolle. Die Erfassung der Lebensqualität kann mithilfe von Fragebögen wie dem SF-36 gemessen werden, bei Kindern mit dem Kidscreen. Allerdings sind es meist nicht die tatsächlichen Umstände allein, die die Lebensqualität beeinträchtigen, sondern vielmehr die Art und Weise, wie wir über diese Umstände denken. Es gibt acht Dimensionen der Lebensqualität: Vitalität, körperliche Funktionsfähigkeit, Schmerzen, allgemeine Gesundheitswahrnehmung, emotionale und soziale Rollenfunktionen sowie psychisches Wohlbefinden. Bei Kindern sind die Dimensionen ähnlich, wobei auch Beziehungen zu Eltern, Gleichaltrigen und das schulische Umfeld eine Rolle spielen. Herkömmliche Fragebögen haben aber eine geringe Sensitivität für diabetesbezogene Belastungen. Spezifischere Instrumente sind nötig, um den individuellen Bedürfnissen von Menschen mit Diabetes gerecht zu werden. Hierbei spielen der sozioökonomische Faktoren eine große Rolle.
Bei Typ-1-Diabetes wurden Belastungen wie die Bewältigung der Diagnose, Konflikte zwischen persönlichen Zielen und Diabetes-Management sowie die Angst vor Komplikationen und Hypoglykämien diskutiert. Bei Typ-2-Diabetes spielen Aspekte wie die Veränderung des Lebensstils, die Bewältigung von Stigmatisierung, das Gefühl des Versagens und die Depression eine Rolle.
Psychologische Interventionen wie kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeitstraining und andere Methoden können helfen, die psychischen Belastungen zu bewältigen, den Umgang mit der Krankheit zu verbessern und die Lebensqualität insgesamt zu steigern. Ein multidisziplinärer Ansatz, der Diabetologen, Psychologen, Ernährungsberater und andere Fachkräfte umfasst, ist entscheidend, um die bestmögliche Versorgung und Unterstützung für Menschen mit Diabetes zu gewährleisten.