Sowohl gezieltes Kraft- als auch Ausdauertraining haben enorme Auswirkungen auf Betroffene mit Typ-2-Diabetes, so Prof. Stephan Geisler. Neben einer Verbesserung der Insulinsensitivität hat körperliche Aktivität ebenso einen positiven Effekt auf die insulinunabhängige Glukoseaufnahme. Bezüglich des bei Menschen mit T2-Diabetes häufig dysregulierten Blutdrucks setzt durch Sport ebenso eine Besserung ein.
Da Muskeln die größten stoffwechselaktiven Organe des Menschen sind, sorgt eine Hypertrophie dafür, dass allein in Ruhe mehr Zucker verbraucht wird. Dieses Muskeldickenwachstum wird erreicht, wenn gezieltes Krafttraining ausgeführt wird.
Während beim Kraftsport insbesondere Muskulatur und Knochendichte angepasst werden, erfolgen durch Ausdauertraining vor allem mitochondriale Anpassungsprozesse. Prof. Geisler betont, dass die Kombination aus beiden – Kraft- und Ausdauertraining – bei weitem den größten gesundheitlichen Nutzen mit sich bringt.
Gilt bei Diabetes und anderen Erkrankungen automatisch "je mehr Training und je Bewegungen, desto besser?" oder sollte die körperliche Aktivität lieber in einer festgesetzten Dosis erfolgen? Zur Beantwortung dieser Frage bezieht Prof. Geisler sich auf eine Metaanalyse von Momma et al. (doi: 10.1136/bjsports-2021-105061.), die sich auf Untersuchungen hinsichtlich der Auswirkung von Muskeltraining auf die Mortalität fokussiert. Dabei konnte festgestellt werden, dass die größten positiven Effekte hinsichtlich der Vermeidung eines frühzeitigen Todes durch 30 bis 60 Minuten Muskeltraining pro Woche erzielt werden können. Gerade für Patientinnen und Patienten, die es nicht wie Leistungssportler gewohnt sind, täglich über mehrere Stunden zu trainieren, ist das "eine super Nachricht", so Prof. Geisler. Er empfiehlt also im Allgemeinen zwei Mal die Woche je 30 Minuten Krafttraining.
Der Clou: Bei Betroffenen von Diabetes sieht das anders aus. Denn die Metaanalyse brachte ebenso zutage, dass die konstante Erhöhung des Kraftsportpensums lediglich bei Diabetes zu immer mehr positiven Outcomes führt. Für Patientinnen und Patienten mit T2-Diabetes gilt laut Prof. Geisler also tatsächlich "je mehr Sport, desto besser". Doch regelmäßiges Gewichtestemmen muss gar nicht sein. In Deutschland besteht häufig der Irrglaube, Krafttraining sei immer mit schweren Hanteln auszuführen. Vielmehr geht es jedoch um sogenanntes Widerstandstraining.
"Der Muskel sieht nicht, ob ich eine schwere Hantel hebe, oder einfach mit meinem anderen Arm dagegen halte."
- Prof. Dr. Stephan Geisler
So kann in Prävention und Therapie nicht nur mit Gewichten und Geräten, sondern auch mit dem eigenen Körpergewicht und beispielsweise Gummibändern gearbeitet werden, wenn es um Krafttraining geht.
Knifflig kann es werden, wenn man Patientinnen und Patienten dazu motivieren möchte, mehr Bewegung in ihren Alltag zu integrieren. Denn häufig tritt Non-Compliance auf, wenn mehr Sport für die eigene Gesundheit getrieben werden soll.
Hier gilt es in den Augen von Prof. Geisler, individuell auf den einzelnen Betroffenen einzugehen. Während manche klare Ansagen und feste Strukturen benötigen, ist es bei anderen Patienten womöglich förderlicher, niedrigschwellige Angebote aufzuzeigen. Eine weitere Möglichkeit wäre, Bewegung auf Rezept zu verschreiben. Generell gilt: Individuell auf den Charakter des Einzelnen eingehen und das Arzt-Patienten-Verhältnis so aufbauen, dass die Adhärenz steigt.
Mehr Informationen rund um das Thema Bewegung finden Sie auf der Seite des SMHS, auf dem auch Prof. Geisler anzutreffen sein wird.
Der Sports, Medicine and Health Summit ist ein interdisziplinäres Fortbildungsforum für Sport, Medizin und Gesundheit. Vom 22. - 24. Juni 2023 treffen sich nationale und internationale Vertreter und Vertreterinnen aus Medizin, Sport und Gesundheit, um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu präsentieren.