Schulze-Koops ging zunächst auf die Wirksamkeit von JAK-Inhibitoren ein. Er stellte hierfür verschiedene Studiendaten vor. So zeigte sich in einer 12-monatigen Phase-3-Studie, dass bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und Methotrexat-Therapie der JAK-Inhibitor Tofacitinib dem Placebo signifikant überlegen war. In seiner Wirksamkeit war Tofacitinib zudem zahlenmäßig mit Adalimumab vergleichbar gewesen. In einer anderen 52-wöchigen Phase-3-Studie ging der JAK-Inhibitor Baricitinib bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und unzureichendem Therapieansprechen auf Methotrexat mit einer deutlichen klinischen Verbesserung – im Vergleich zum Placebo und Adalimumab – einher.1-3
Die Behandlung von Schmerzen bei rheumatoider Arthritis zählt zu den schwierigsten Aufgaben im klinischen Alltag. In verschiedenen klinischen Studien führte der Einsatz von JAK-Inhibitoren zu einer wirksamen Schmerzlinderung. Schulze-Koops führte dem Auditorium zur Veranschaulichung die Datenanalyse der ORAL STANDARD, RA-BEAM, SELECT-COMPARE und FINCH 1 vor Augen. In all diesen Studien ging die Behandlung mit den jeweiligen JAK-Inhibitoren (Tofacitinib, Baricitinib, Upadacitinib und Filgotinib) mit einer Schmerzreduktion innerhalb der ersten 12 Wochen nach Therapiebeginn einher. Gegenüber dem Placebo zeigte sich hier statistische Signifikanz. Die Minderung des Schmerzempfindens durch JAK-Inhibitoren überstieg zudem die Schmerzreduktion durch Adalimumab. Im gleichen Atemzug machte Schulze-Koops auf die Änderung der EULAR-Empfehlung aus dem Jahr 2019 aufmerksam. Diese besagt, dass bei fehlender Effizienz (Methotrexat) oder Nebenwirkungen in Phase I und prognostisch ungünstigen Faktoren (RF/ACPA; hohe Aktivität; frühe Erosion) eine Zugabe eines bDMARD oder eines JAK-Inhibitors ratsam ist.1
Limitationen der JAK-Inhibitoren
Die klinische Remission ist ein wichtiges Therapieziel in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Schulze-Koops betonte in seinem Vortrag, dass trotz der guten Wirksamkeitsdaten und der effizienten Schmerzreduktion die Behandlung mit JAK-Inhibitoren auch Limitationen aufweist: Hinsichtlich des Erreichens einer klinischen Remission bei 100% der betroffenen Patienten übertrifft die Therapie mittels JAK-Inhibitoren aktuell nicht die Behandlung mittels TNF-Inhibitoren. Studiendaten konnten zeigen, dass 12 Wochen nach Therapiebeginn bei lediglich 8% der mit JAK-Inhibitoren behandelten Patienten eine SDAI- bzw. CDAI-Remission vorlag. Unter Adalimumab konnte bei 7% der Patienten eine SDAI- bzw. CDAI-Remission erreicht werden. Auch hinsichtlich der radiologischen Progression zeigt sich hier noch Verbesserungsbedarf. Die knöcherne Erosion schreitet trotz Therapie weiter voran. Eine Heilung der rheumatoiden Arthritis ist damit bis dato nicht möglich.1
„Adhärenz – ein Dauerproblem in der Behandlung chronisch erkrankter Patienten“
Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops
Verbesserung der Therapieadhärenz durch JAK-Inhibitoren
Schulze-Koops sprach in seinem Vortrag das sekundäre Wirkversagen an. Er stellte hierfür Studiendaten aus dem Jahr 2003 vor. Kernaussage war, dass sich bereits nach 2 Jahren bei der Hälfte der TNF-Inhibitoren behandelten Patienten Wirkversagen einstellte. Vor allem bei jungen Patienten ist dies ein großes Problem, da nur eine begrenzte Anzahl an TNF-Inhibitoren zur Verfügung steht. Bei einer Behandlung mittels JAK-Inhibitoren hingegen kommt es erst nach 5 Jahren zu einem Wirkversagen bei 50% der Patienten. Ein Grund hierfür könnte in ihrer Biologie liegen. Da es sich bei ihnen um keine Proteine handelt induzieren sie auch keine sekundäre Immunantwort und ein damit verbundenes sekundäres Wirkversagen. Gleichzeitig liegt jedoch auch bei der Hälfte der Patienten nach 5 Jahren ein Wirkverlust der JAK-Inhibitoren vor.1
Sicherheitsbedenken zu der Behandlung mittels JAK-Inhibitoren
Das Nebenwirkungsprofil der Biologikatherapie umfasst kardiovaskuläre Ereignisse, schwere und opportunistische Infektionen, Herpes zoster (HZ), Tuberkulose, bösartige Erkrankungen, gastrointestinale Perforation und die tiefe Beinvenenthrombose. Schulze-Koops betonte in seinem Vortrag, dass der JAK-Inhibitor Tofacitinib hinsichtlich dieser Nebenwirkungen in der Phase-3-Studie ein benignes Sicherheitsprofil gezeigt habe. Einem erhöhten Risiko für eine HZ-Reaktivierung kann mit einer prophylaktischen Impfung begegnet werden. Dennoch sollte dem am 17.03.2023 veröffentlichen Rote-Hand-Brief zu Januskinase-Inhibitoren Beachtung geschenkt werden.1
Fazit zur Anwendung von JAK-Inhibitoren bei rheumatoider Arthritis
- JAK-Inhibitoren zeigen eine gute Wirksamkeit bei unzureichendem Therapieansprechen auf Methotrexat.
- JAK-Inhibitoren führen zu einer wirksamen Schmerzlinderung.
- Lange Therapieadhärenz durch JAK-Inhibitoren möglich.
- Wirkverlust der JAK-Inhibitoren nach 5 Jahren bei der Hälfte der Patienten.
- JAK-Inhibitoren ermöglichen keine klinische Remission bei 100% der Patienten.
- Progression der knöchernen Erosion unter Therapie mit JAK-Inhibitoren.
DGRh-Kongress 2023: "Blick über den Tellerrand"
Vom 30.08. bis zum 02.09.2023 kommt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie im Rahmen ihres 51. Fachkongresses zusammen, um sich zum gesamten Spektrum der Rheumatologie auszutauschen – von der klinischen Rheumatologie über den praktischen Versorgungsalltag hin zur experimentellen Rheumatologie mit innovativen Entwicklungen und zum interdisziplinären „Blick über den Tellerrand“. Alle Highlights finden Sie in der esanum-Berichterstattung.
- Schulze-Koops Hendrik, Prof. Dr. med., Kriterien für den sicheren Einsatz von JAK-Inhibitoren? Pfizer Pharma GmbH: Wie geht es weiter mit den JAK-Inhibitoren?, Deutscher Rheumatologiekongress 2023 in Leipzig, 13:30 -14:00 Uhr, 31. August 2023.
- van Vollenhoven RF. et al. (2012). Tofacitinib or adalimumab versus placebo in rheumatoid arthritis. N Engl J Med. 2012 Aug 9;367(6):508-19.
- Taylor PC. et al. (2017). Baricitinib versus Placebo or Adalimumab in Rheumatoid Arthritis. N Engl J Med. 2017 Feb 16;376(7):652-662.