Das Pankreaskarzinom hat nach wie vor eine sehr schlechte Prognose. Bis 2030 wird es wohl die zweithäufigste krebsassoziierte Todesursache sein. Im Vergleich mit den medizinischen Fortschritten bei anderen Tumorentitäten ist darüber hinaus an eine Heilung des Pankreaskarzinoms nicht vor 2190 zu denken, wie Expertinnen und Experten unlängst aus den verfügbaren Daten extrapolierten.
Dennoch gibt es auch beim Pankreaskarzinom Fortschritte und ganz aktuell einige Lichtblicke in Diagnostik und Therapie, wie die neue S3-Leitlinie – mit Stand vom Dezember 2021 – zeigt. Darin heißt es beispielsweise, dass der Weg der Patienten über onkologische Zentren gehen sollte. Derzeit werden nur etwa 25 % der Patientinnen und Patienten mit Pankreaskarzinom in spezialisierten onkologischen Zentren behandelt.
In Studien profitierten jedoch gerade ältere Patienten im Alter von > 80 Jahren deutlich von einer Behandlung in onkologischen Zentren (HR = 2,48). Der größte Erfolg eines solchen Vorgehens bestand demnach in der Erhöhung des medianen Gesamtüberlebens.
Desweiteren sollten Patientinnen und Patienten mit resezierbarem Pankreaskarzinom leitlinienkonform präoperativ nach einem 2-phasigen Dünnschicht-CT ein Leber-MRT erhalten [Empfehlungsgrad B]. Alternativ sollten sie ein PET-CT zum Ausschluss von Fernmetastasen angeboten bekommen [Empfehlungsgrad B]. Das MRT hat gemäß Studienlage eine höhere Sensitivität und Spezifität als das CT zum Nachweis von Metastasen – insbesondere bei Läsionen < 1 cm. Dieser Vorteil beim Ausschluss von Metastasen ist in der Konsequenz mit einem längeren postoperativen Überleben der Patientinnen Patienten assoziiert.
Darüber hinaus sagt die Leitlinie, dass die Endosonographie als hochwertiges diagnostisches Verfahren zur lokalen Befundbeurteilung eines Pankreaskarzinoms herangezogen werden kann. Dies ist z. B. wichtig zur Gewinnung einer Histologie. Auch die Endosonographie besitzt eine hohe Sensitivität bei der Detektion kleinerer Läsionen.
Obgleich das Pankreaskarzinom in der Therapie noch immer eine schlechte Prognose hat, gibt es auch hier einige Fortschritte, welche die individuelle Situation der Patientinnen und Patienten verbessern können. Dies betrifft insbesondere die Gruppe der resektablen Pankreaskarzinome. Schätzungsweise 20% der Pankreaskarzinome sind bei Diagnose noch resektabel oder zumindest borderline resektabel.
Die adjuvante Chemotherapie ist heutzutage eigentlich Standard in der Therapie des Pankreaskarzinoms, jedoch erhalten lediglich 50 % der Patientinnen und Patienten überhaupt eine solche Prognose-verbessernde Behandlung nach Resektion. Häufiger Grund für diese Unterversorgung ist wahrscheinlich die hohe Morbidität der Pankreaskarzinom-Operation, sodass die zusätzlichen Belastungen einer Chemotherapie nicht oder weniger gut toleriert werden können. Jedoch gibt es mittlerweile neue Chemotherapeutika, welche im Vergleich mit dem Standard Gemcitabin Vorteile bringen.
Die Leitlinie empfiehlt hierzu in der adjuvanten Therapie: Nach einem ECOG 0–1 soll eine adjuvante Chemotherapie mit mFOLFIRINOX erfolgen [Empfehlungsgrad A]. Dieses Medikament zeigte in einer Studie eine Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens von 54,4 Monaten versus 35 Monaten mit Gemcitabin. Bei einem ECOG > 1–2 sollen hingegen Chemotherapieprotokolle mit Gemcitabin oder Gemcitabin plus Capecitabin eingesetzt werden [Empfehlungsgrad B].
In der neoadjuvanten Situation gibt es nach derzeitiger Datenlage keinen Überlebensvorteil für die Patientinnen und Patienten. Hier werden derzeit aber die Ergebnisse der PREOPANC-3-Studie erwartet, um das Konzept der Vorbehandlung neu beurteilen zu können.
Anders sieht die Datenlage indes bei den borderline resektablen Patientinnen und Patienten aus. Hier verbesserte eine neoadjuvante Chemotherapie in Studien sowohl das mediane Gesamtüberleben auf ca. 19,2 Monate sowie die R0-Rate auf 89 %. Dadurch wurde die gesamte Prognose der Erkrankung nachweislich verbessert.
Wie bei anderen Tumorentitäten zu beobachten, finden sich auch beim Pankreaskarzinom in ca. 20–40 % der Fälle Mutationen im Bereich der DNA-Reparaturgene, z. B. BRAF oder BRCA1/2. Vorläufige Daten zeigen für solche BRCA-positiven Pankreaskarzinome ein höheres Ansprechen für eine Platin-basierte Therapie, gefolgt von PARP-Inhibitoren in der Erhaltungstherapie.
Dies wird auch bereits in der aktuellen Leitlinie abgebildet: Bei Patienten mit BRCA1/2-Keimbahnmutationen sollte eine Platin-basierte Chemotherapie in der Erstlinie bevorzugt werden [Empfehlungsgrad B]. Bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom sollte eine Prüfung auf BRCA1/2 Keimbahnmutationen erfolgen, um Platin-sensible Patienten frühzeitig zu identifizieren und die Option auf eine Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor zu klären [Empfehlungsgrad A].
Grundlage für diese Empfehlungen ist die sogenannte POLO-Studie. Hier führte Olaparib ungefähr zu einer Verdopplung des medianen progressionsfreien Überlebens von 3,8 auf 7,4 Monate.
Quelle:
1. Julia Meyerle „Pankreaskarzinom – Standards und neue Entwicklungen“, DGIM 2022 vom 30.04.2022
2. S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom [Stand: 12/2021], AWMF-Registernr. 032/010OL: [zuletzt aufgerufen am 01.05.2022]