Update: Venenthrombose und Lungenembolie

Zahlreiche neue Leitlinien zur Venenthrombose und Lungenembolie reflektieren die Entwicklungen in der Diagnostik und Behandlung.

Das sollten Sie wissen:

Gibt es Neuerungen in der Diagnostik?

Im Wesentlichen gibt es keine Änderungen beim Verdacht auf eine Venenthrombose. Die D-Dimere sollten nur bestimmt werden, wenn die klinische Wahrscheinlichkeit eher niedrig ist. Ansonsten ist der Ultraschall nach wie vor das diagnostische Mittel der Wahl.

Wie sieht es mit Kompression aus?

Bei TVT wird eine frühe Kompression empfohlen, die im Verlauf auf eine Dauer von sechs bis zwölf Monate begrenzt werden sollte. Bei proximalen Thrombosen lautet die Empfehlung, Kompressionsstrümpfe anzuwenden.

Neben der Kompressionstherapie sollten Betroffene auch innerhalb der ersten fünf bis 21 Tage erneut in der Praxis vorstellig und die Medikation gegebenenfalls angepasst werden. Bei dieser Gelegenheit kann auch die Kompression überprüft und festgestellt werden, ob noch Beschwerden vorliegen.

Wie lange soll medikamentös behandelt werden?

Gemäß den Leitlinien gibt es drei Therapiephasen: die Initialbehandlung deckt die ersten zehn Tage ab, die Erhaltungsphase geht über drei bis sechs Monate und die verlängerte Erhaltungstherapie kann schließlich in manchen Fällen für einen unbefristeten Zeitraum notwendig sein. Hier müssen individuelle Faktoren wie bestehende Risiken und Komorbiditäten berücksichtigt werden und die Entscheidung ist patientenspezifisch.

Der allgemeine Konsensus bei der medikamentösen Therapie lautet, dass, wenn indiziert, NOAKs oder DOAKs den Vitamin-K-Antagonisten vorzuziehen sind. Studien haben gezeigt, dass auch reduzierte Dosierungen dieser Arzneien vor Rezidiven schützen können.

Blutungsscores enttäuschen

Da die Dauer der Behandlung individuell so unterschiedlich sein kann, wurden verschiedene Marker getestet, die eventuell das Rezidiv- oder Blutungsrisiko vorhersagen können. Im klinischen Test haben diese Blutungsscores jedoch katastrophale Ergebnisse erzielt, sodass sie keine Anwendung finden können. Der Hb-Wert im Sinne einer Anämie jedoch hat sich als guter prädiktiver Marker für mögliche Komplikationen und Tod erwiesen und sollte daher regelmäßig bestimmt werden. 

Sonderfall Adipositas

Bei Patienten mit einem BMI von unter 40 kg/m2 oder einem Körpergewicht von weniger als 120 kg sind DOAKs weiterhin empfohlen. Bei einem BMI oder Gewicht jenseits dieser Grenzen sind Standarddosen von Apixaban oder Rivaroxaban sowie niedermolekulares Heparin denkbar. Vorsicht gilt nach bariatrischen Operationen: hier sollten DOAKs innerhalb der ersten vier Wochen nach dem Eingriff nicht angewendet werden. 

Besonderheiten bei Tumorpatienten

Etwa 20% der Krebserkrankten bekommen im Verlauf eine Thrombose. Auch hier haben DOAKs und NOAKs gute Verträglichkeit und ein allgemein gutes Sicherheitsprofil bewiesen. Bei Menschen mit GI-Tumoren besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko, allerdings kann Apixaban bei dieser Patientengruppe angewendet werden, ohne dass das Risiko erhöht wird. In instabilen Situationen, die mit einer hohen Blutungswahrscheinlichkeit einhergehen, sind niedermolekulare Heparine das Mittel der Wahl. Nach erfolgter Stabilisierung kann dann eine Umstellung auf ein anderes Präparat erwogen werden. Ist eine Therapie über sechs Monate erfolgt, wird empfohlen, die Behandlung neu zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen.

Fazit für die Praxis

Es gibt viele neue Leitlinien auf dem Gebiet der Venenthrombose und Lungenembolie – die revidierten deutschen Leitlinien werden für Ende des Jahres erwartet. Im Allgemeinen sind in der Therapie der venösen Thrombosen die DOAKs bevorzugt, wobei über die Dauer der Behandlung immer wieder neu entschieden werden muss. Bei krebsassoziierten Thrombosen sind Faktor-Xa-Inhibitoren am besten geeignet, insbesondere Apixaban bei Patientinnen und Patienten mit GI-Tumoren.

Quelle:
Session: Venen und Lymphgefäße
Bauersachs, Rupert, Prof. Dr. med., Cardioangiologisches Centrum Bethanien, Venenthrombose und Lungenembolie – was ist neu?, 128. Kongress der DGIM, 02.05.2022