Meningitis/Enzephalitis – Herausforderungen bei alt bekannten Infektionen

Die Therapie beim Verdacht auf Meningitis/Enzephalitis muss rasch einsetzen, das machte Dr. Falitsa Mandraka vom Labor Dr. Wisplinghoff in Köln beim Internistenkongress in Mannheim deutlich. Denn die Letalität bei Meningitis ist hoch: Sie liegt bei Meningokokken-Meningitis bei 3 bis 10%, bei Pneumokokken-Meningitis bei 15 bis 20% und bei Listerien-Meningitis bei 20 bis 30%.

Rasches Handeln bei Verdacht Meningitis erforderlich

Die Therapie beim Verdacht auf Meningitis/Enzephalitis muss rasch einsetzen, das machte Dr. Falitsa Mandraka vom Labor Dr. Wisplinghoff in Köln beim Internistenkongress in Mannheim deutlich. Denn die Letalität bei Meningitis ist hoch: Sie liegt bei Meningokokken-Meningitis bei 3 bis 10%, bei Pneumokokken-Meningitis bei 15 bis 20% und bei Listerien-Meningitis bei 20 bis 30%.

Ein weiteres Problem ist, dass bei ca. 40% der Patienten letztlich die Ursache nicht geklärt werden kann, berichtet Mandraka. Weil abwarten keine Option ist, bedeutet das: Beim klinischen Verdacht auf Meningitis/Enzephalitis muss ein Therapie-Programm gestartet werden und zwar unabhängig davon, ob man später dem Erreger auf die Spur kommt. Das wiederum heißt: Management und Kenntnisse zur Empirie sind entscheidend fürs Überleben des Patienten.

Die anatomische Herausforderung bei der Meningitis-Therapie ist die Blut-Hirn-Schranke:

Zerebrale Komplikationen sind bei Meningitis nicht selten, dazu zählen:

Die Empirie ist entscheidend, betont Mandraka: "Man hat es mit einer Infektion zu, bei der man eine Idee haben sollte, wodurch die Infektion hervorgerufen sein könnte". Die häufigsten Erreger von Meningitiden sind:

 Diagnose (Häufigkeit %)

 Erregerspektrum

 Bakterielle Meningitis des Erwachsenen (machen   50% der Fälle aus)

 Führende Erreger sind der Strept. Pneumoniae   und der Neisseria meningitis; dann folgen   Listerien (<5%), Staphylokokken (1 bis 9%),   gram-negative Enterobakterien (<10%), H.   influenza (1 bis 3%)

 Virusmeningitis (8 bis 15%)

 Bis zu 80% werden durch Enteroviren (zB.   Coxsackie, Echo) verursacht; Herpes-Viren (3%),   Mumps-, Masern-, Arbo-Viren (FSME)

 Nicht infektiöse Meningitis (2 bis 5%)

 Keine Erreger aber: Hervorgerufen durch   Trauma,  Blutung, Medikamente, SLE, Malignom,   Vaskulitis, Sarkoidose, Epilepsie etc.

 Meningitis bei Immunsuppression

 Kryptokokken, Listerien, Pilze, HSV, VZ; shift hin   zu opportunistischen Erregern (Herpes-   Meningitiden können bei Immunsuppression bis   zu 20% der Fälle ausmachen).

 Meningitis nosokomial

 Anamnese wichtig!

 Ist es traumatisch bedingt spielen Erreger aus   dem Haut- und Schleimhautbereich eine größere   Rolle wie: Staph. Aureus, Staph. Epi;

 Sind die Patienten mit einem shunt versorgt: eher   Hauterreger (Propioni) oder gram-negative   multiresistente Erreger wie Pseudomonaden.

 Neurochirurgische oder HNO-OPs zuvor:   Streptokokken und negative Enterobakerien und   Pseudomonaden.

Erfolgt die Antibiotikagabe bis 3 Stunden nach Klinikaufnahme dann sind neurologische Residuen und Letalität signifikant niedriger. Eine verspätete Antibiotikagabe hingegen ist mit schlechterer Prognose verknüpft. Es ist deshalb notwendig, einen Therapie-Algorithmus einzusetzen.

Management bei Verdacht auf akute Meningitis:

  1. Isolation des Patienten, dann Blutabnahme (Notfallroutine) und Blutkulturen
  2. Klinische Einschätzung des Patienten: Liegen Risikofaktoren vor, die für einen erhöhten intrakraniellen Druck (ICP) sprechen?

Dazu gehören Bewusstlosigkeit, stark eingeschränkte Vigilanz des Patienten, fokalneurologisches Defizit, zerebrale Krampfanfälle, neurologische Vorerkrankung, Alter >60 Jahre, Immunsuppression.

Wird einer dieser Faktoren mit "Ja" beantwortet: Erst die Therapie starten:

Der Patient erhält 10 mg Dexamethason intravenös und die empirische AB Therapie, die zum Verdacht passt, dann folgt die Bildgebung (CCT). Zeigen sich dabei keine Hinweise auf einen erhöhten ICP, folgt eine Lumbalpunktion, liegen Hinweise vor, dann nicht.

Lautet die Antwort "Nein" bzw. liegen keine Risikofaktoren vor, folgt eine sofortige Lumbalpunktion (außer bei Hinweis auf Koagulopathie), danach Start der Therapie mit 10 mg Dexamethason intravenös und empirischer AB-Therapie, dann die CCT.

Zur empirischen AB-Therapie bei bakterieller Meningitis des Erwachsenen ist folgendes Schema nützlich:

Häufige Erreger

Therapie

Ambulant erworbene Meningitis, sonst gesunder Patient

S. pneumoniae

N. meningitidis

L. monocytogenes

Gram-negative Stäbchen

Ceftriaxon (2x2g) plus

Ampicillin (6x2g)

Bei Penicillin-Res: Dann zusätzlich Vancomycin 2x1g oder Rifa 1x600mg

Meningitis bei V.a. Shunt-Infektion

S. pneumoniae

N. meningitidis

L. monocytogines

S. aureus

S. epidermidis

Gram-negative Stäbchen inkl. P. aeruginosa

Vancomycin (2x1g) plus

Meropenem (3x2g)

oder

Vancomycin (2x1g) plus

Ceftazidim (3x2g)

(beide wirken gleich gut)

Meningitis bei Z.n. SH-Trauma, Z.m. NCH-OP, nach OP-Zugang über Schleimhäute

S. aureus

S. epidemidis

Gram-negative Stäbchen

Inkl. P. aeruginosa

Vancomycin (2x1g) plus

Meropenem (3x2g)

oder

Vancomycin (2x1g) plus

Ceftazidim (3x2g)

Die Virusmeningitis bei Erwachsenen wird so therapiert:

Bei Verdacht/Möglichkeit: kein zeitlicher Verzug, denn:

Eine Steroidgabe sollte vor bzw. gleichzeitig mit der Antibiotikatherapie beginnen:

Dosis Erwachsene:

4 Tage 4x10mg Dexamethason intravenös

Mandraka betont, dass es wichtig ist abzuklären, ob ein Fokus vorliegt, der saniert werden muss. Die Erkrankung ist nicht unter Kontrolle zu bekommen, wenn der Fokus nicht saniert ist, das gilt besonders für Foki im HNO-Bereich. Besteht der Verdacht auf Sinusitis, Otitis, Mastoiditis etc. muss der Patient entsprechend der Leitlinie noch am Aufnahmetag einem HNO-Arzt vorgestellt und so zeitnah wie möglich eine operative Sanierung durchgeführt werden.

Weitere begleitende Therapien sind:

Eine Kontaktprophylaxe ist notwendig bei Nachweis von oder Verdacht auf N. meningitidis für Personen:

Erwachsene werden dann mit 1x750 mg Ciprofloxacin behandelt, Kinder mit 2x10mg/kg Rifampicin über zwei Tage und Schwangere mit 250 mg Ceftriaxon intravenös.

Quelle:
Meningitis/Enzephalitis – Herausforderungen bei alt bekannten Infektionen, 15. April 2018, DGIM Mannheim