Arbeitsverdichtung, Personalmangel, Überstunden: Es gibt viele Gründe, weshalb mancher Arzt, manche Ärztin dieser Tage wenig Freude am Beruf empfindet, ja sogar darüber selbst krank wird und ausbrennt. Dabei können ÄrztInnen jederzeit etwas dagegen tun: Stressresilienz ist nämlich erlernbar.
Insbesondere jüngere KollegInnen sind sehr häufig von Stress betroffen. Sie leiden unter den zahlreichen Diensten und langen Arbeitszeiten. Das ewige Streben nach Perfektion lässt die KollegInnen am Ende leider gar nicht so selten ausgebrannt zurück.
Früher empfahlen die ExpertInnen diesen stressgeplagten MedizinerInnen gemäß geltendem Burnout-Konzept, die Arbeit zu verringern. Dies bringt jedoch oft nichts, da die Betroffenen ja ohnehin schon nicht mehr das ihnen auferlegte Tagespensum schaffen. Noch weniger Arbeit oder gar eine Krankschreibung empfinden sie daher als "in ein Loch zu fallen".
Schuld an diesem Gefühl ist die Bedeutung, die wir unserer täglichen Arbeit beimessen. Arbeit nimmt einen gewichtigen Teil des Lebens ein. Sie ist zudem zu einem Großteil an unserem Selbstbild beteiligt. Ohne Arbeit fühlen wir uns zweitrangig und nutzlos.
Sie sehen, dass aus einem solchen Ansatz der Arbeitsreduktion eigentlich kein positives Selbstbild mehr zu entwickeln ist. Aus diesem Grund folgen ExpertInnen heutzutage lieber dem sogenannten Resilienz-Konzept. Dabei geht es darum, die innere Mitte zu finden und “festzuhalten”, wodurch es möglich ist, die Widerstandskraft zu stärken und die eigene Bewusstseinskompetenz zu schulen.
Aus der eigenen Mitte zu handeln, bedeutet, ganz bei sich selbst zu sein und aus sich heraus zu handeln; eigene Erwartungen erfüllen zu können. Dies bringt weniger Stress von außen, mehr Präsenz bei dem, was wir tun und steigert dadurch die Effektivität.
Dem gegenüber steht der Zustand, eben nicht aus der eigenen Mitte heraus zu handeln: Dies führt dazu, ständig fremde Erwartungen erfüllen zu müssen, schließlich hinter einem "falschen" Selbst herzujagen und in eine zunehmende Abhängigkeit von den Meinungen anderer zu geraten. Dies fördert Stress durch Angst, z. B. Versagensängste oder Angst vor Verlust.
Gut in sich zu sein, die eigene Mitte wirklich bewusst wahrzunehmen heißt, entspannt und in sich ruhend zu sein. Dies fördert eine positive Grundhaltung. Das Handeln erfolgt selbstbestimmt nach den eigenen Ideen und Erwartungen. Dadurch sinkt das Stressrisiko von außen ganz erheblich.
Auf einem Workshop beim diesjährigen 71. DGU-Kongress in Hamburg wurde das Thema Resilienz im ärztlichen Alltag genauer beleuchtet. Mit diesen ersten Anregungen können auch Sie demnach Ihre Resilienz erhöhen und einen ersten Schritt zu weniger Stress im Beruf machen:
Wenn es Ihnen gelingt, den Tag nach eigenen Ideen und Erwartungen zu meistern, werden Sie automatisch weniger Stress erleben. Seien Sie wie ein Tennisball. Selbst wenn Sie dann einmal von außen zusammengedrückt werden, so springen Sie gleich darauf doch immer wieder munter in die Ausgangsform zurück. Denn Sie sind genau so und eben nicht anders.
Quelle:
Hohenfellner U. Workshop “Resilienz statt Burnout trotz hoher Anforderung …”, 71. DGU-Kongress, 19.09.2019, Hamburg