Gastroenterologie: Chancen der ambulanten Weiterbildung

Die ambulante Weiterbildung im Fach Gastroenterologie steckt noch in den Kinderschuhen, es gibt nur wenige niedergelassene Fachkollegen mit Weiterbildungsbefugnis, noch weniger Förderung.

Verbundlösungen könnten ambulante Versorgung organisieren

Die mit der Krankenhausreform beabsichtigte Konzentration und Spezialisierung von Kliniken wird auch Auswirkungen auf fachärztliche Weiterbildungen haben: das Stellenangebot im stationären Sektor könnte zurückgehen – und in der Folge müsste ambulante Weiterbildungsangebote ausgebaut werden: durch mehr weiterbildungsbefugte Fachkollegen und den Ausbau der noch dürftigen Förderung.

Dieses Fazit zieht Dr. Petra Jessen, die als Gastroenterologin in der Gemeinschaftspraxis Medicum im schleswig-holsteinischen Altenholz nahe Kiel niedergelassen ist und als eine von ganz wenigen unter ihren Fachkollegen eine Weiterbildungsbefugnis hat. Sie plädierte beim Kongress für Viszeralmedizin in der letzten Woche in Leipzig stattfand, für den Ausbau ambulanter Weiterbildungskapazitäten und die Organisation von Verbundlösungen unter niedergelassenen Kollegen und Kliniken, um den Erwerb von umfassenden Kenntnissen des Fachgebiets und den reibungslosen Ablauf des mindestens sechsjährigen Curriculums zu gewährleisten.

Die geltenden Weiterbildungsordnungen ermöglichen es, bis zu 36 Monate die erforderlichen fachlichen Qualifikationen in der ambulanten Medizin zu erwerben, mindestens 36 Monate müssen stationär geleistet werden. Als Vorteil der ambulanten Weiterbildung wertet Dr. Jessen bereits etablierte Mentoren, die den Nachwuchs in der gesamten Qualifikationsphase betreuen, und die Option, auch in Teilzeit zu arbeiten. Orts- und Praxiswechsel seien ebenfalls möglich. 

Nur wenige weiterbildungsbefugte Fachärzte 

Doch de facto ist das ambulante Weiterbildungsangebot noch dürftig: In Norddeutschland, so hat sie nachgezählt, haben lediglich 39 in Praxen oder MVZ niedergelassene Gastroenterologen eine Weiterbildungsbefugnis, an der Spitze Niedersachen mit 23, gefolgt von 11 in Hamburg, in Schleswig-Holstein sind es nur 4.

Auch die Fördermittel für die Weiterbildung – 5400 Euro monatlich je Vollzeitstelle, gegebenenfalls Zuschläge von 250/500 Euro bei drohender oder tatsächlicher Unterversorgung – gehen nahezu vollständig am Fachgebit Gastroenterologie vorbei. Wie im Gesetz vorgesehen, entfällt der Löwenanteil der Förderung von insgesamt 9588 Weiterbildungsstellen auf die Allgemeinmedizin mit 74 Prozent. Jenseits der Allgemeinmedizin müssen Kassen und KVen gemeinsam bis zu 2000 Stellen in anderen Fachgebieten fördern, und dabei taucht die Gastroenterologie nicht auf.   

Ein ambulanter Abschnitt im Verlauf der Weiterbildung eröffnet jedenfallls so manchem jungen Kollegen neue und alternative Perspektiven, wie Jessen überzeugt ist: die Tätigkeit in der ambulanten Medizin, sei es in eigener Praxis, als Partner einer Praxisgemeinschaft oder eines MVZ oder auch als angestellter Arzt. 

Von der Klinik in die Praxis: eine glückliche Wahl

Die letzte Alternative hat Dr. Michael Böhmig gewählt: als „Spätberufener“ arbeitet er nun als angestellter Gastroenterologe in der Gemeinschaftspraxis Krumme Lange – Zehlendorf im schönsten Südwesten von Berlin. Er hat sich von dert Idee einer Klinikkarriere – Oberarzt, Habilitation, Chefarzt, vielleicht Professor – verabschiedet und dies nicht bereut. Gewonnen habe vor allem eines: Lebensqualität. 

Natürlich sei das Arbeitsspektrum in der ambulanten Medizin deutlich anders als in der Klinik. Dort sei aufgrund hochgerüsteter apparativer Technik ein breites Leistungsspektrum möglich, in der ambulanten Versorgung sei die Technik auf Sonographie, Endoskopie und Koloskopie konzentriert. Anders als in der Klinik liege ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Prävention und Früherkennung und damit der Vermeidung schwerer Krankheitsverläufe. Statt des nur punktuellen Arzt-Patienten-Kontakts sehe man ambulant viel mehr Krankheitsverläufe, auch im Kontext mit anderen Fachgebieten. Obwohl angestellt, fühlt er sich als Freiberufler und Partner seiner Kollegen.

Ein systematisches Pro und Contra Klinik – Praxis fällt für ihn eindeutig zugunsten der ambulanten Medizin aus: das Einkommen sei besser, die Job-Sicherheit fast genau so gut. Zwar müsse man auf "Macht" verzichten (für den seltenen Fall, dass man überhaupt einen Chefposten erreicht), ebenso auf wissenschaftliche Ambitionen. Sinnstiftend seien gleichwohl beide Formen der Berufsausübung. Am Ende ausschlaggebend seien aber gewonnene Freiheiten und eine gelungene Work-Life-Balance, die ausreichend Luft für Familienleben lässt. Michael Böhmig bereut seine späte Wahl nicht – er ist rundum zufrieden mit seinem Job.