Der Anteil der Menschen, die 80 Jahre oder älter sind, wird sich bis zum Jahr 2050 verdoppelt haben, sagt eine Erhebung des Statistischen Bundesamts vorher. Millionen Menschen leiden im Alter an Arthrose, Wirbelsäulenerkrankungen, Osteoporose oder sind nach einem Sturz in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Experten sehen in der alternden Bevölkerung mit ihrer steigenden Krankheitslast eine Herausforderung, auf die sich alle Leistungsträger im Gesundheitswesen vorbereiten müssen.
Knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung ist bereits heute mindestens 60 Jahre alt. Der Anteil der über 80-Jährigen liegt bei rund 7 Prozent1. "Die steigende Lebenserwartung und die vorwiegend sitzende Lebensweise sorgen künftig für einen wachsenden Bedarf an orthopädischen und unfallchirurgischen Leistungen", sagt Dr. med. Gerd Rauch, Kongresspräsident des DKOU 2018 vom Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie. Denn große Volkskrankheiten wie Arthrose, Osteoporose oder Wirbelsäulenerkrankungen sind Verschleißerkrankungen: Sie entstehen und verschlimmern sich im höheren Lebensalter. Zusätzlich steigt auch das Risiko für gefährliche Stürze. Pro Jahr werden mehr als 400.000 Menschen nach einem Sturz ins Krankenhaus eingewiesen. Die häufigste Diagnose ist der Oberschenkelhalsbruch. "Da diese älteren Patienten nicht selten gebrechlich sind und oftmals auch an mehreren Begleiterkrankungen leiden, können wir sie nicht behandeln wie einen jungen Menschen", erklärt Kongresspräsident Professor Dr. med. Joachim Windolf, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Die Komplikationsrate ist bei ihnen höher: Jeder zehnte Betroffene stirbt innerhalb von 30 Tagen nach seiner Verletzung. Von den überlebenden Patienten muss jeder fünfte in ein Pflegeheim umziehen, weil er nach dem Sturz nicht wieder so mobil wird, um selbstständig im eigenen Haushalt zu leben.
"Die Behandlung alter Patienten stellt besondere Anforderungen an Zeit, Personalaufwand und Fachkenntnis", sagt Windolf. In ihrem Weißbuch Alterstraumatologie empfiehlt die DGU daher eine enge Zusammenarbeit mit Geriatern. Eine aktuelle Studie belegt, dass dadurch die Sterblichkeit nach altersbedingten Knochenbrüchen um 20 Prozent sinkt2. "Auch bei chronischen Erkrankungen wie der Arthrose ist es sinnvoll, schon im frühen Stadium einen Altersmediziner einzubeziehen", ergänzt Prof. Dr. Dr. med. Werner Siebert, Kongresspräsident des DKOU 2018 und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. Um die Versorgung dieser alten und sehr alten Patienten weiter zu verbessern, muss aber auch die Forschung in Orthopädie und Unfallchirurgie weiter vorangetrieben werden. "Kunstgelenke und Implantate ermöglichen es uns heutzutage, Mobilität bis ins hohe Alter zu erhalten. Wir werden aber auf Dauer Therapieansätze benötigen, die beschädigte Knochen oder verlorenen Gelenkknorpel wiederherstellen können", sagt Siebert.
Über neue Forschungskonzepte und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Behandlungsqualität und Patientensicherheit berichten Experten auf einer Pressekonferenz, die am 26. Oktober im Rahmen des DKOU 2018 in Berlin stattfindet.
Quellen:
1. Statistisches Bundesamt: Ergebnisse auf Grundlage des Zensus 2011 https://www.deutschlandinzahlen.de/tab/deutschland/demografie/bevoelkerung-nach-altersklassen-deutschland
2. Clemens Becker, Klilian Rapp. PROFinD – Prävention und Rehabilitation von osteoporotischen Frakturen bei Personen mit Benachteiligungen
https://www.msd.de/fileadmin/user_upload/default/documents/gesundheitspreis/PROFinD.pdf