Hepatitis-Behandlung: Unterschiede bei Kindern und Erwachsenen

Wie unterscheidet sich die Behandlung von Hepatitis bei Kindern und Erwachsenen? Sollen überhaupt alle Kinder mit Hepatitis-Infektion behandelt werden? Diese und weitere Fragen wurden auf dem EASL 2024 beantwortet.

Sollten alle Erwachsenen und Kinder mit chronischer Hepatitis behandelt werden?

Die erste Frage, mit der sich Dr. Giuseppe Indolfi vom Kinderkrankenhaus der Meyer-Universität in Florenz, derzeit Vorsitzender des Hepatologie-Ausschusses der Europäischen Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung (ESPGHAN), und Professor Alessio Alghemo von der Humanitas-Universität in Mailand, Experte für Gastroenterologie, befassten, lautete, ob alle Erwachsenen und Kinder mit chronischer Virushepatitis behandelt werden sollten.

Bei Hepatitis C beispielsweise profitieren Erwachsene schon seit langem von zugelassenen Behandlungen, während Kinder erst seit kurzem Zugang zu spezifischen Therapien haben. Bei Kindern überraschte die Wirksamkeit der neuen Medikamente mit hohen Ansprechraten. Das größte Problem bei pädiatrischen Patienten ist jedoch die schlechte Therapietreue, insbesondere bei jüngeren Kindern. Obwohl die Leberfibrose bei Kindern weniger schwerwiegend ist als bei Erwachsenen, zielt die Behandlung in erster Linie auf die Beseitigung der zugrundeliegenden Infektion ab, um die Lebensqualität zu verbessern und eine Übertragung zu verhindern. Bei Kindern kann die Entscheidung für eine Behandlung durch das Fehlen von Langzeitdaten und die Schwierigkeit, das Fortschreiten der Krankheit zu beurteilen, erschwert werden.

Die Behandlung aller Kinder mit chronischer Virushepatitis kann langfristig zu erheblichen Vorteilen führen, da das Risiko künftiger Leberkomplikationen verringert und die Lebensqualität verbessert wird.

Hepatitis-C-Therapie: auch bei Kindern und Jugendlichen

Neue direkt wirkende antivirale Medikamente (Directly acting antivirals; DAA) haben sich auch bei pädiatrischen Patienten als sehr wirksam erwiesen; die geringe Therapieadhärenz, insbesondere bei jüngeren Kindern, gibt jedoch weiterhin Anlass zur Sorge.

Eine frühzeitige Behandlung kann das Risiko künftiger Leberkomplikationen erheblich verringern und die Lebensqualität verbessern. Darüber hinaus deuten die Langzeitdaten darauf hin, dass die Behandlung weder das Wachstum noch die endokrine Entwicklung der Kinder beeinträchtigt.

Für Erwachsene gilt, dass die Entscheidung über eine Behandlung vom Einzelfall und dem Vorliegen anderer Erkrankungen abhängt. Im Allgemeinen wird jedoch eine Behandlung empfohlen, wenn sie für den Patienten von Nutzen ist. Selbst bei älteren Erwachsenen oder solchen mit anderen Begleiterkrankungen kann die Behandlung von Hepatitis C zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und der Prognose führen.

Anschließend wurde die Rolle der Ärzte bei der Sicherstellung des Zugangs zur Behandlung erörtert, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in denen die Verfügbarkeit der Behandlung nach wie vor ein Problem darstellt.

Fokus auf Hepatitis B und Hepatitis D

Die meisten pädiatrischen Fälle von Hepatitis B treten in der Perinatalperiode auf, trotz der Bemühungen, die Übertragung von der Mutter auf das Kind zu verhindern. Tatsächlich gibt es eine niedrige, aber signifikante Rate von Prophylaxeversagen; dies führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer chronischen Infektion während der ersten Lebensjahre. In den meisten Fällen kommt es in den ersten Lebensjahren zu einer spontanen Antigen-Serokonversion, doch bei einigen Kindern kann sich im Laufe der Zeit eine aktive Reaktion entwickeln, die zu erhöhten Transaminasen und dem Risiko einer Leberfibrose führt.

Schließlich wurde die Frage der Behandlung von Hepatitis D aufgeworfen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass diese Krankheit zwar als stark fortschreitend gilt, es aber immer noch einen kleinen Prozentsatz von Patienten gibt, die keine Anzeichen einer Progression zeigen. Sollten also alle Patienten behandelt werden oder die Behandlung auf diejenigen beschränkt werden, die Anzeichen eines Fortschreitens der Krankheit zeigen, wobei auch die mit der Verabreichung von Medikamenten verbundenen Kosten und Herausforderungen berücksichtigt werden? 

Generell wurde deutlich, dass trotz der Unterschiede bei den Behandlungsindikationen und -protokollen das Hauptziel nach wie vor darin besteht, die klinischen Ergebnisse für alle Patienten mit chronischer Virushepatitis zu verbessern, wobei die Risiken und Vorteile der Behandlung entsprechend den individuellen Bedürfnissen und den verfügbaren Ressourcen abzuwägen sind.

Eine frühzeitige Behandlung zur Verhinderung einer sexuellen Übertragung, insbesondere bei jungen Menschen mit hoher Viruslast, wurde ebenfalls diskutiert. Es wurden Fälle erörtert, in denen sexuell aktive Personen trotz fehlender Behandlungsindikation befürchten, das Virus auf ihre Partner zu übertragen.  In solchen Situationen kann eine Behandlung als Präventivmaßnahme zur Verringerung des Übertragungsrisikos angesehen werden, auch wenn sie dieses nicht vollständig beseitigt.

Wer sollte nach einem anhaltenden virologischen Ansprechen die Behandlung fortsetzen?

Aus pädiatrischer Sicht wurde das Follow-up-Management von Patienten diskutiert. Bei einigen Patienten  kann die Nachbeobachtung zwar beendet werden, weil sie bestimmte Kriterien für ein geringes Risiko erfüllen, allerdings ist es unerlässlich, diejenigen mit fortgeschrittener Krankheit oder Begleiterkrankungen regelmäßig zu überwachen.

Im Zusammenhang mit der Nachsorge wurden auch einige Fragen zum Übergang pädiatrischer Patienten in die Erwachsenenversorgung aufgeworfen. Dieser Übergang kann sowohl für Patienten als auch für Ärzte schwierig sein.

Außerdem wurde die Rolle des Hausarztes bei der Nachsorge der Patienten nach der Behandlung erörtert, dieser nimmt als Primärversorger einen zentralen Stützpunkt in der Behandlung ein. Jedoch ist festzuhalten, dass Hausärzte in einigen Ländern, z. B. in Italien, zeitlich und ressourcentechnisch nicht in der Lage sind, die Patienten regelmäßig zu überwachen, was zu einem Verlust an Kontinuität in der Versorgung führen könnte.

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