Triple-Therapie bei PBC: Biochemische Remission und Stabilisierung der Lebersteifigkeit

Derzeit basieren alle UDCA-Ansprechkriterien auf den Grenzwerten für AP, ALT und Bilirubin. Es besteht ein starker medical need hinsichtlich der Bestimmung einer adäquaten Zweitlinientherapie bei unzureichendem Therapieansprechen auf UDCA.<sup>1,2<sup>

Die Krankheitsprogression bei PBC ist messbar anhand bestimmter biochemischer Parameter

Verschiedene biochemische Parameter korrelieren mit dem Risiko einer Lebertransplantation sowie dem  Mortalitätsrisiko bei PBC. Die Werte der AP, der GGT und des Bilirubins spielen hierbei eine entscheidende Rolle. So stellen erhöhte Werte der AP und der GGT frühe biochemische Anzeichen einer primär biliären Cholangitis dar. Es konnte beobachtet werden, dass höhere Werte der alkalischen Phosphatase sowie des Bilirubins positiv mit der Krankheitsprogression bei PBC korrelieren können. Niedrigere Werte hingegen können prädiktiv für ein transplantationsfreies Überleben der betroffenen Patienten sein.1

UDCA-Erstlinientherapie bei bis zu 40% der Patienten unzureichend

Als Erstlinientherapeutikum der chronischen Erkrankung bei PBC wird UDCA empfohlen. Diese kleidet - ähnlich einem Schutzfilm - die interlobulären Gallengänge aus und kann so den Krankheitsprozess verlangsamen. Trotz dieser Therapieoption kann die PBC jedoch in einer Zirrhose und dem Tod resultieren. Ein unzureichendes Therapieansprechen liegt bei bis zu 40% der behandelten Patienten vor. Zur potentiellen Senkung der Komplikations- und Progressionsrate ist der frühe Einsatz eines hierzu ergänzenden Therapeutikums im Rahmen der Zweitlinientherapie essenziell.1,2

Bei unzureichendem UDCA-Therapieansprechen kann die zusätzliche Kombinationstherapie (bestehend aus OCA+BZF) zum Einsatz kommen 

Obeticholsäure (OCA) ist seit 2016 bei PBC bei unzureichendem Therapieansprechen oder Ursodeoxycholsäure-Unverträglichkeit als Zweitlinientherapeutikum verfügbar.  Bei der OCA handelt es sich um einen selektiven und potenten Farnesoid-X-Rezeptor-Agonisten. Die "bedingte Zulassung" beruhte auf der Verbesserung der Serumwerte für ALT und Bilirubin in der POISE-Studie. Der Pan-Agonist der Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR) Bezafibrat (BZF) kann auch bei unzureichendem Therapieansprechen bei PBC zum Einsatz (Off-Label-Use) kommen. Er führte ebenso bei PBC-Patienten mit einem unzureichenden UDCA-Ansprechen zu einer biochemischen Verbesserung. Auf dem diesjährigen EASL-Kongress wurden die Ergebnisse der  Kombinationstherapie OCA+BZF bei PBC-Patienten mit unzureichenden UDCA-Therapieansprechen oder UDCA-Unverträglichkeit vorgestellt. Die Forschungsgruppe um Jones D. hatte hierfür zuvor verschiedene Dosierungen und Formulierungen dieser Kombinationstherapie bei insgesamt 75 Patienten untersucht.2

Eingeschlossen wurden PBC-Patienten mit folgenden Eigenschaften:

Nach Studieneinschluss erfolgte eine 1:1:1:1-Randomisierung hinsichtlich der unterschiedlichen Therapieschemata:

Die Medikamenteneinnahme erfolgte täglich und wurde über einen Zeitraum von 6 Monaten beobachtet. 66 Patienten nahmen an der Extensionsstudie teil.2

OCA/B400 SR induzierte bei 66,7% der Studienteilnehmer eine biochemische Remission*

6 Monate nach Studienbeginn trat bei 61,1% der Patienten in der OCA/B400 SR Therapiegruppe eine AP-Normalisierung ein. Bei 77,8% der Patienten kam es unter  OCA/B400 SR zu einer 40%-igen AP-Reduktion (verglichen mit den AP-Baselinewerten). Bei dieser Therapiegruppe lag auch ein verringertes Risiko für die Notwendigkeit einer Lebertransplantation sowie ein verringertes Mortalitätsrisiko vor. Die ALT wurde um 41,9%, die AST um 16,1% und die GGT um 81,6% gesenkt. Die Normalisierungsrate für diese Enzyme lag bei jeweils 83,3%, 77,8% und 72,2%. Das Gesamtbilirubin konnte in dieser Kohorte um 27,6% reduziert werden. Eine biochemische Remission* trat bei 66,7% der PBC-Patienten dieser Therapiegruppe ein. 

*Eine biochemische Remission wurde definiert wie folgt:

Niedrige Therapieabbruchrate unter OCA/B400 SR

Bei 66,7% der Patienten der  OCA/B400 SR Therapiegruppe  traten unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Pruritus, Leberschädigung und Myalgie. Bei 16,7% der Patienten kam es zu einem Therapieabbruch aufgrund unerwünschter Arzneimittelwirkungen.2

Fibroscan-Messung bestätigt Wirksamkeit der Triple-Therapie bei PBC unter Real-World-Bedingungen

Houri führte Messungen der Elastizität des Lebergewebes vor sowie 6 Monate nach Beginn einer Triple-Therapie bei PBC mittels Fibroscan durch. Es zeigte sich eine Stabilisierung der Lebersteifigkeit. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Triple-Therapie das Fortschreiten des narbigen Umbaus der Leber aufhalten konnte. Gleichzeitig konnte Houri I. eine deutliche Verbesserung des Pruritus nach Initiierung der Triple-Therapie beobachten.4

Fazit für die Praxis

Die auf dem EASL-Kongress vorgestellten Real-World-Daten zur Effektivität der Triple-Therapie bei PBC geben Anlass zur Diskussion des Widerrufs der "bedingten EMA-Zulassung" für OCA bei PBC**.

**bei unzureichendem UDCA-Therapieansprechen oder UDCA-Unverträglichkeit
 

Quellen:
  1. Jones DEJ. et al. (2022). The relationship between disease activity and UDCA response criteria in primary biliary cholangitis: A cohort study. EBioMedicine. 2022 Jun;80:104068. 
  2.  Jones D. E.: Combined effect of obeticholic acid and bezafibrate in patients with primary biliary cholangitis and inadequate response or intolerance to ursodeoxycholic acid: 6-month results from a phase 2 trial, POSTER ID LBP-027, 5 Juni, 08:30 - 08:30 Uhr, EASL CONGRESS, Milan, Italy, 5-8 Juni 2024.
  3. https://www.leberhilfe.org/pbc-europaeische-arzneimittelagentur-empfiehlt-die-zulassung-von-obeticholsaeure-zu-widerrufen/
  4. Houri I.: Harnessing synergy of ‘triple’ anti-cholestatic therapy in patients with primary biliary cholangitis POSTER ID THU-121, 6 Juni, 08:30 - 08:30 Uhr, EASL CONGRESS, Milan, Italy, 5-8 Juni 2024.