Gentherapie bei Hämophilie: ein Update

Im Jahr 2022 wurde die Gentherapie sowohl für Hämophilie A als auch Hämophilie B von der EMA zugelassen. Doch das bedeutet nicht, dass die Behandlung auch für alle Erkrankten zur Verfügung steht. Es gibt weiterhin Fragen und Ungewissheiten rund um die Therapie.

Die aktuellsten Entwicklungen aus der Hämophilie-Gentherapie

Hämophilie – ein idealer Kandidat für Gentherapie?

Sowohl der Hämophilie A als auch der Hämophilie B liegt ein Gendefekt zugrunde. Es handelt sich um eine monogenetische Erkrankung. Das heißt, bei einer Gentherapie muss nur das eine defekte Gen ersetzt oder behandelt werden, was die Erkrankung zu einem idealen Kandidaten für diese Art der Therapie macht. 

Darüber hinaus bietet sich die Bluterkrankheit für derartige Behandlungsmethoden an, da schon eine kleine Veränderung der Faktor-VIII- oder -IX-Expression eine deutliche Verbesserung der Blutungsneigung hervorrufen kann. Auch das Monitoring des Behandlungserfolges ist einfach und kostengünstig: zur Erfolgskontrolle ist lediglich die Bestimmung des relevanten Gerinnungsfaktors notwendig. 

Wie genau funktioniert die Gentherapie bei Hämophilie?

In der Therapie der Hämophilien wird ein Gen in die Zelle eingeschleust und übernimmt die Funktion des defekten Gens. Dies geschieht mit Hilfe von Adeno-assoziierten Viren (AAV), die in der Regel nicht pathogen und non-integrating sind. Das bedeutet, dass es nur in sehr seltenen Fällen zu einer fatalen Integration des Virus in die Zelle kommt, welche in eine Onkogenese leiten könnte. 

Doch dieser Vorteil kann auch problematisch sein: Es besteht die Gefahr eines Funktionsverlusts durch Verdünnungen oder fehlende Expression. Darüber hinaus können AAVs keine größeren Gene transportieren, was insbesondere im Fall der Hämophilie A eine Herausforderung darstellte. Das natürliche Gen war zu groß und musste erst für den Carrier angepasst werden.

In welche Zellen werden die funktionierenden Gene eingebaut?

Beide Hämophilien haben unterschiedliche Ursprungs- und Zielzellen. So wird das für Faktor VIII kodierende Gen in sinusoidale endotheliale Leberzellen eingebaut, während das für den Faktor IX verantwortliche Gen in Hepatozyten eingeschleust wird. 

Hämophilie: was kann die Gentherapie?

Für beide Hämophilien gibt es aktuell Studien in späteren Stadien, die die Erkrankungen mit Gentherapie behandeln. Für beide Krankheitsvarianten konnte festgestellt werden, dass es zu einer deutlichen Verbesserung des Faktorenspiegels und somit zu weniger Blutungen und weniger Notwendigkeit der Prophylaxe kommt. 

Weniger erfreulich ist jedoch die Variabilität der Gerinnungsfaktoren-Expression nach Gentherapie. Insbesondere bei der Hämophilie A kommt es hier zu deutlichen Schwankungen – bis zu einem Level, bei dem Thrombosen möglich sind. Im Falle der Hämophilie B sind diese weniger ausgeprägt und die Expression ist stabiler. 

Die Frage nach den großen Unbekannten

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse, bleiben doch noch einige unbekannte Faktoren:

Fazit für die Praxis

Die Gentherapie für Hämophilien bietet möglicherweise eine spannende Therapieoption. Doch befindet sich diese Behandlung noch in den Kinderschuhen und weitere wichtige Fragen müssen geklärt werden. Eine einfache Lösung für die Heilung der Gerinnungsstörung sind Gentherapien aktuell nicht. 
 

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