Durch die Verfügbarkeit der neuen Therapieoptionen kann nicht nur die Wirksamkeit der Behandlung gesteigert werden, sondern es ergeben sich auch positive Auswirkungen auf die Prognose und Lebensqualität der CLL-Patienten. Die geringeren Nebenwirkungen der neuen Substanzen tragen dazu bei, dass die Patienten von einer besseren Verträglichkeit der Therapie profitieren. Insbesondere die Zweitgenerations-BTK-Inhibitoren wie Acalabrutinib und Zanubrutinib zeichnen sich durch ein reduziertes Risiko kardialer Nebenwirkungen aus, im Vergleich zu den Erstgenerations-BTK-Inhibitoren wie Ibrutinib.
Die neuen Therapieoptionen haben bereits Einzug in die Leitlinien gehalten. Prof. Wendtner und Kollegen haben im Januar 2023 die aktualisierte Leitlinie für die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) verfasst. Die Chemotherapie wurde vollständig aus der Leitlinie entfernt, und es wird nur noch über die Verwendung der neuen Substanzen wie Venetoclax plus Obinutuzumab oder verschiedenen BTK-Inhibitoren (Acalabrutinib, Zanubrutinib) oder deren Kombination (Ibrutinib plus Venetoclax) gesprochen. Die Priorisierung der Behandlungsoptionen basiert auf dem molekularen Risikoprofil der Patienten.
Die personalisierte Medizin spielt eine entscheidende Rolle in der CLL-Therapie. Vor der Initiierung einer Behandlung werden drei Punkte abgeklärt: der IGHV-Status (mutiert oder nicht mutiert), das Vorhandensein einer TP53-Aberration und/oder TP53-Mutation, sowie das Vorliegen eines komplexen Karyotyps. Basierend auf diesen Profilen werden spezifische Therapien zugeordnet, wodurch eine personalisierte Therapie ermöglicht wird.
Die Forschung im Bereich der BTK-Inhibitoren und BCL2-Inhibitoren wird weiter voranschreiten. Auf dem EHA wurden Daten zu nicht-kovalent bindenden BTK-Inhibitoren vorgestellt, die als sogenannte 3. Generation gelten. Sie kommen zum Einsatz, wenn klassische kovalent bindende BTK-Inhibitoren nicht mehr wirken. Resistenzmutationen können nun durch Substanzen wie Pirtobrutinib oder Nemtabrutinib bekämpft werden. Zukünftig werden Mutations- und Resistenzprofile eine noch gezieltere Behandlung der Patienten ermöglichen. Darüber hinaus gibt es Entwicklungen im Bereich der BCL2-Inhibitoren, insbesondere der 2. Generation, die Hoffnung auf weitere Fortschritte bei Patienten mit rezidivierter, refraktärer CLL wecken.