Tumoren mit Mismatch-Repair-Defizienz (MMRD) oder Tumoren mit hoher Mutationslast (TMB) sprechen auf eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren besser an als Tumoren ohne diese Eigenschaften. Fernanda Herrera, Universitätshospital Lausanne (Schweiz), fasste wichtige Studien zur Behandlung mit Immuntherapeutika in einer Highlight-Sitzung beim ESMO-Kongress 2019 in Barcelona zusammen.
Eine Mismatch-Repair-Defizienz (MMRD) wie beim Lynch-Syndrom, oder eine sporadische MMRD führen dazu, dass spontane Mutationen nicht mehr erkannt und repariert werden können. In der neu replizierten DNA häufen sich Insertionen, Deletionen und veränderte Mikrosatelliten an. Eine Mikrosatelliteninstabilität (MSI) ist durch das Auftreten neuer Allele innerhalb kurzer repetitiver DNA-Sequenzen (Mikrosatelliten) gekennzeichnet. Immuncheckpoints werden in MMRD-Tumoren stark exprimiert und MMRD-Tumoren sind hoch entzündet. Allerdings haben nicht alle MMRD-Tumoren eine hohe Tumormutationslast (TMB).
Die Hypothese von Diaz und Kollegen war, dass die Behandlung von MMRD-Tumoren mit PD1-Inhibitoren eine potente Antitumor-Immunantwort nicht nur bei Kolorektalkarzinom, sondern auch bei anderen Tumoren mit MMR-Defizienz auslösen kann [1]. Dies basierte auf Befunden, dass PatientInnen mit MMRD-Kolorektalkarzinomen auf eine Behandlung mit einem PD1-Inhibitor deutlich besser ansprachen, als PatientInnen mit Kolorektalkarzinom ohne MMRD. Sie analysierten hierzu die gepoolten Daten aus den Phase-2-Studien KEYNOTE 158 und KEYNOTE 164, in der 28 Tumortypen über mindestens weitere 18 Monate nachbeobachtet worden waren. Eingeschlossen waren 124 PatientInnen mit einem MSI-H-Kolorektalkarzinom und 233 PatientInnen mit einem nichtkolorektalen MSI-H-Tumor, wie z. B. Endometriumkarzinom (n = 49), Magenkarzinom (n =24), Cholangiokarzinom (n= 22) oder Pankreaskarzinom (n = 22). Die PatientInnen waren im Median 59 Jahre alt, 98% hatten mindestens eine Vortherapie erhalten und alle wurden mit Pembrolizumab in Standarddosierung behandelt.
Der primäre Endpunkt – die objektive Ansprechrate – betrug 34% in der Gesamtpopulation, 8% erreichten ein komplettes Ansprechen. Die mediane Dauer des Ansprechens ist derzeit noch nicht erreicht (Bereich 2,9 bis 31,3+ Monate). Das führte zu einem medianen Gesamtüberleben von 27,8 Monaten mit einer 2-Jahres-Überlebensrate von 52%. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) lag bei 4 Monaten, aber die Kurve flachte sich dann ab und nach 2 Jahren waren noch 31% der PatientInnen ohne Progression. Der Nutzen wurde bei fast allen Tumortypen gesehen, Pankreaskarzinome und Glioblastome sprachen jedoch nicht so gut auf die Pembrolizumab-Therapie an.
Pembrolizumab entwickelt also eine hohe Antitumoraktivität mit anhaltendem Ansprechen bei PatientInnen mit MSI-H-Tumoren unabhängig vom Tumortyp.
Die Tumormutationslast (TMB) ist ein Prädiktor der Wirksamkeit von Checkpoint-Inhibitoren. Marabelle und Kollegen untersuchten die Assoziation der TMB mit dem Outcome der PatientInnen in der KEYNOTE-158-Studie [2]. Die KEYNOTE-158-Studie ist eine Basket-Studie der Phase 2, in der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pembrolizumab bei verschiedenen Tumortypen wie z. B. SCLC, Mesotheliom, Anal-, Gallenwegs-, Zervix-, Endometrium-, Schilddrüsen oder Vulvakarzinom untersucht wurde. Sie erhielten Pembrolizumab über 35 Zyklen oder bis zur Progression oder Unverträglichkeit.
99 PatientInnen (13,2%) wiesen eine hohe TMB im Gewebe auf. Sie wurden im Median 11,7 Monate nachverfolgt. 652 Patienten (86,8%) hatten keine hohe TMB, sie wurden im Median 13,1 Monate weiter beobachtet. Als hohe TMB waren ≥ 10 Mutationen/Mb definiert. In der Gruppe mit hoher TMB waren 65,7% PD-L1-positiv und 14,1% wiesen eine hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) auf. Die PatientInnen mit hoher TMB sprachen auf die Pembrolizumab-Therapie mit 28,3% besser an, als die PatientInnen mit niedriger TMB (6,5%). Die mediane Dauer des Ansprechens ist für beide Gruppen noch nicht erreicht.
Fazit der AutorInnen: Die TMB ist ein guter Biomarker für die Wirkung von Pembrolizumab bei verschiedenen Tumortypen.
Die optimale Dauer und das Timing einer Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren sind derzeit noch nicht bekannt. Bei manchen PatientInnen hält das Ansprechen trotz eines Therapiestopps an. Bislang liegen nur weniger Daten zur Wirksamkeit einer erneuten Gabe eines Checkpoint-Inhibitors nach einer Pause vor, wenn die Erkrankung wieder fortschreitet. Sheth und Kollegen untersuchten nun die Wirksamkeit eines Retreatments mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab bei 1.022 PatientInnen mit fortgeschrittenen soliden Tumoren. Sie waren in der Phase-1/2-Studie NCT01693562 mit Durvalumab bis zu einem Jahr behandelt worden. PatientInnen, die auf die Behandlung ansprachen, stoppten sie nach 1 Jahr und konnten bei einer Progression erneut mit Durvalumab behandelt werden.
Von den 1.022 PatientInnen beendeten 168 die Durvalumab-Behandlung nach 1 Jahr, weil keine erneute Progression aufgetreten war. Von diesen wurden bei Progression 71 PatientInnen erneut mit dem PD-L1-Inhibitor therapiert. Im Median waren die PatientInnen 8,9 Monaten nicht behandelt worden.
11,4% erreichten ein partielles Ansprechen, 60% eine stabile Erkrankung. Von den 8 PatientInnen mit partiellem Ansprechen beim Retreatment hatten 5 (63%) initial ein komplettes/partielles Ansprechen gezeigt.
Die Schlussfolgerung der AutorInnen lautete, dass Retreatment eine vielversprechende Strategie ist. Der Nutzen der Behandlung ist nicht Tumor- oder Histologie-spezifisch. Die Daten müssen jedoch prospektiv noch validiert werden. Weiterhin unbekannt bleibt die optimale Dauer der PD-(L1)-Behandlung.
Die PARP-Hemmung bei BRCA-mutierten Tumoren führt zur Anreicherung von DNA-Schäden und Genom-Instabilität, was letztendlich den Zelltod auslöst. Nach präklinischen Daten bei BRCA1-defizienten Mäusen reguliert die PARP-Hemmung die PD-L1-Expression hoch, erhöht die T-Zell-Infiltration in Tumoren und löst eine Antitumor-Immunantwort über einen STING-Stoffwechselweg aus. Das legt nahe, den PARP-Hemmer Olaparib mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab zu kombinieren. Domchek und Kollegen stellten beim ESMO-Kongress erste Daten der MEDIOLA-Studie von Patientinnen mit BRCA-mutiertem HER2-negativem metastasiertem Mammakarzinom vor, die teilweise chemotherapeutisch vorbehandelt waren [4]. Sie erhielten Olaparib und Durvalumab bis zur Progression. Primäre Endpunkte waren die Krankheitskontrollrate (DCR) nach 12 Wochen und die Sicherheit. Von den 30 Patientinnen waren 43% Hormonrezeptor-positiv und 57% dreifach negativ. 30% waren nicht chemotherapeutisch vorbehandelt worden.
Die Behandlung wurde im Allgemeinen gut toleriert. Es traten keine neuen bislang nicht bekannten unerwünschten Wirkungen dieser Therapien auf.
Die objektive Ansprechrate lag bei 63,3%. Der größte Effekt mit einer objektiven Ansprechrate von 70% wurde in der Gruppe mit 0 bis 1 Vortherapie gesehen. Das Ansprechen hielt im Median 9,2 Monate an. Das mediane PFS lag bei 8,2 Monaten, das mediane OS bei 21,5 Monaten.
Die Kombination aus Durvalumab und Olaparib zeigte also in dieser Studie eine vielversprechende lang anhaltende Aktivität und Verträglichkeit bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom und BRCA-Keimbahnmutation.
Quellen
1. Diaz AL, et al. Pembrolizumab in microsatellite instability high cancers: Updated analysis of the phase II KEYNOTE-164 and KEYNOTE-158 studies. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 11740.
2. Marabelle A, et al. Association of tumour mutational burden with outcomes in patients with select advanced solid tumours treated with pembrolizumab in KEYNOTE-158. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 11920.
3. Sheth S, et al. Durvalumab activity in previously treated patients who stopped durvalumab without disease progression. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 11750.
4. Domchek S, et al. Phase II study of olaparib and durvalumab (MEDIOLA): Updated results in patients with germline BRCA-mutated metastatic breast cancer. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 11910.