Eine Fülle von guten Studienergebnissen zum Melanom wurde beim ESMO-Kongress 2019 in Barcelona präsentiert. Piotr Rutkowski, Maria-Sklodowska-Curie-Institut, Warschau (Polen), fasste sie in einer Highlight-Sitzung beim ESMO-Kongress zusammen.
Das Melanom im Stadium III ist eine heterogene Erkrankung, die adjuvante Therapie ist aufgrund der Ergebnisse großer Studien wie COMBI-AD, CheckMate-238 oder KEYNOTE 054 inzwischen etabliert. Aus der Phase-3-Studie CheckMate 238 wurden Daten zu 3-Jahres-Wirksamkeit und zu Biomarkern präsentiert [1]. In der randomisierten Studie wurden Nivolumab (n = 453) und Ipilimumab (n = 453) in der adjuvanten Therapie bei PatientInnen mit reseziertem Hochrisiko-Melanom im Stadium III/IV verglichen. Nach 24 Monaten überlebten unter Nivolumab 63% der PatientInnen und unter Ipilimumab 50% der PatientInnen rezidivfrei, nach 36 Monaten waren es 58% unter Nivolumab und 45% unter Ipilimumab. Die günstigere Wirkung von Nivolumab hielt also über die Zeit weiter an. Es bleibt jedoch eine Reihe von Fragen, z. B. ob es ein Plateau der RFS-Kurve gibt und ob das Gesamtüberleben mit Nivolumab ebenfalls besser ist. Außerdem stellt sich die Frage, wie die Patienten nach einem Rezidiv behandelt werden sollen.
Die deutsche Arbeitsgruppe um Dirk Schadendorf, Essen, hatte beim ESMO die IMMUNED-Studie vorgestellt. In der doppelblinden, randomisierten Phase-2-Studie verglichen sie die Wirksamkeit von Nivolumab allein (n = 59) sowie von Nivolumab plus Ipilimumab (n = 56) mit Placebo (n = 52) in der adjuvanten Therapie von Stadium-IV-Melanomen ohne Krankheitszeichen (NED) nach Resektion und Bestrahlung [2]. Primärer Endpunkt war das rezidivfreie Überleben (RFS). Nach einem medianen Follow-Up von 28,4 Monaten war das RFS in der Kombinationsgruppe noch nicht erreicht, in der Nivolumab-Gruppe betrug es 12,4 Monate, in der Placebo-Gruppe 6,4 Monate. Die Hazard-Ratio lag für den Vergleich der Kombination vs Placebo bei 0,23 und für den Vergleich von Monotherapie vs Placebo bei 0,56. Die Wirkung war vor allem bei BRAF-mutierten Melanomen sehr deutlich, was Rutkowski als weiteren Beweis dafür ansieht, das in diesen Fällen eine aggressive Therapie mit der Kombination sinnvoll ist. Allerdings wird dies mit vermehrten schweren Nebenwirkungen erkauft. 70,9% der PatientInnen in der Kombinationsgruppe erlitten eine unerwünschte Wirkung vom Grad 3/4. Eine Bestätigung der Daten wird mit der CheckMate-915-Studie erwartet.
In einer randomisierten, offenen multizentrischen Phase-2-Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Talimogen Laherparepvec (T-VEC) mit anschließender Operation (n = 75) oder Operation allein (n = 75) bei PatientInnen mit einem resezierbaren Melanom im Stadium IIIB-IVM1A verglichen [3]. Primärer Endpunkt war das RFS nach 2 Jahren. Dies betrug in der T-VEC-Gruppe 50,5%, in der Operations-Gruppe 30,2% (HR 0,66, p = 0,038). Auch das Gesamtüberleben nach 2 Jahren war in der T-VEC-Gruppe mit 88,9% besser als mit 77,4% in der Operations-Gruppe (HR 0,49, p = 0,05). Es gab auch Signale zum pathologischen kompletten Ansprechen (pCR), denn 9 von 13 PatientInnen mit pCR hatten kein Rezidiv zum Analysenzeitpunkt erlitten. Rutkowski betonte, dass dies die bislang erste und größte randomisierte Studie zur neoadjuvanten Therapie bei dieser Patientengruppe ist. Im T-VEC-Arm traten keine Grad-5-Nebenwirkungen und keine unerwarteten Reaktionen auf.
Die 3-Jahres-Daten der OPACIN-Studie zeigten, dass eine neoadjuvante Therapie mit Ipilimumab plus Nivolumab beim makroskopischen Stadium-III-Melanom das 3-Jahres-RFS von 60% bei alleiniger Operation auf 80% und das 3-Jahres-OS von 70 auf 90% erhöht hatte [4]. Nach einem medianen Follow-Up von 36,7 Monaten hatte keine Patientin und kein Patient mit einer pCR ein Rezidiv erlitten. Dies weist darauf hin, dass die pCR als Surrogatmarker für RFS und OS in Studien dienen kann, in denen eine neoadjuvante Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren untersucht wird.
Nach den nun vorliegenden Daten aus großen Studien liegt die 5-Jahres-Überlebensrate beim fortgeschrittenen metastasierten Melanom zwischen 34 und 52%. Aktuelle Daten der CheckMate-067-Studie zeigten, dass bei Behandlung mit Nivolumab/Ipilimumab nach 5 Jahren die Überlebensraten mit 52% immer noch besser waren als mit Nivolumab allein (44%) oder Ipilimumab allein (26%) [5, 6]. Das mediane OS ist für die Kombination noch nicht erreicht. Damit ist dies die einzige Therapie für das metastasierte Melanom, mit der ein medianes Überleben von mehr als 5 Jahren erreicht wird.
Auch das PFS war mit 36% vs 29% bzw.8% besser. Wichtig ist nach Aussage von Rutkowski, dass man aber nun ein Plateau beim PFS sieht. Nach 5 Jahren sind in der Nivolumab/Ipilimumab-Gruppe 74% der PatientInnen noch am Leben und benötigen keine Therapie, in der Nivolumab-Gruppe sind es 58% und in der Ipilimumab-Gruppe 45%.
Die Kombination aus Cobimetinib und Atezolizumab (n= 222)wurde in der IMspire-170-Studie mit Pembrolizumab (n = 224) bei unbehandeltem PatientInnen mit fortgeschrittenem Melanom vom BRAFV600-Wildtyp verglichen [7]. Die Studie erreichte jedoch den primären Endpunkt PFS nicht. Nebenwirkungen waren mit der Kombination häufiger als mit Pembrolizumab.
Hirnmetastasen sind bei Melanompatienten häufig, sie liegen bei 20 bis 25% der Patientinnen und Patienten bei der Diagnose eines Stadium-IV-Melanoms vor. Bei der Autopsie können sie in 50 bis 70% der Fälle nachgewiesen werden. Systemische Therapien wirken zwar, der Effekt hält jedoch nicht lange an. In der Phase-2-Studie ABC wurden asymptomatisch Melanom-PatientInnen ohne Vorbehandlung mit Hirnmetastasten randomisiert mit Nivolumab/Ipilimumab (n = 35) oder Nivolumab (n = 25) behandelt, weitere 16 vorbehandelte PatientInnen mit Symptomen erhielten Nivolumab [8]. Das intrakraniale Ansprechen war mit 51 % unter der Kombination deutlich höher als mit 20% unter Monotherapie. Das intrakraniale PFS lag im Median bei 5,4 bzw. 2,5 Monaten. Nach Aussage von Rutkowski unterstützen die Daten den Einsatz von Nivolumab ± Ipilimumab bei Melanompatienten mit Hirnmetastasen insbesondere dann, wenn sie weniger als 10mg Prednison benötigen.
Quellen:
1. Weber J, et al. Adjuvant nivolumab versus ipilimumab in resected stage III/IV melanoma: 3-year efficacy and biomarker results from the phase III CheckMate 238 trial. . ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 1310O.
2. Schadendorf D, et al. Adjuvant immunotherapy with nivolumab alone or in combination with ipilimumab versus placebo in stage IV melanoma patients with no evidence of disease (NED): A randomized, double-blind phase II trial (IMMUNED). ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, LBA67.
3. Dummer R, et al. Primary 2-year results of a phase II, multicenter, randomized, open-label trial of efficacy and safety for talimogene laherparepvec (T-VEC) neoadjuvant treatment plus surgery vs surg in patients with resectable stage IIIB-IVM1a melanoma. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, LBA66.
4. Blank CU, et al. 3-year relapse-free survival, overall survival and long-term toxicity of (neo)adjuvant ipilimumab + nivolumab in macroscopic stage III melanoma (OpACIN trial). ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 1313PD.
5. Larkin J, et al. 5-year survival outcomes of the CheckMate 067 phase III trial of nivolumab plus ipilimumab combination therapy in advanced melanoma. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, LBA68_PR.
6. Larkin J, et al. Five-year survival with combined nivolumab and ipilimumab in advanced melanoma. N Engl J Med. 2019, online publiziert am 28. September 2019.
7. Arance A, et al. Combination treatment with cobimetinib and atezolizumab vs pembrolizumab in previously untreated patients with BRAFV600 wild type advanced melanoma: Primary analysis from the phase III IMspire170 trial. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, LBA69.
8. Long GV, et al. Long-term outcomes from the randomized phase II study of nivolumab or nivo+ipilimumab in patients with melanoma brain metastases: Anti-PD1 brain collaboration (ABC). ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, 1311O.