Die Behandlung mit einer kombinierten Immuntherapie aus Nivolumab plus niedrig dosiertem Ipilimumab verlängerte im Vergleich zu einer Chemotherapie das Gesamtüberleben von bislang nicht behandelten Patientinnen und Patienten mit einem fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) und zwar unabhängig von der PD-L1-Expression des Tumors. Dies zeigte Teil 1 der CheckMate-227-Studie, die Solange Peters, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne (Schweiz), im Präsidentensymposium beim ESMO-Kongress 2019 in Barcelona präsentiert und parallel im New England Journal of Medicine publiziert hat [1, 2].
Die beiden Immuntherapeutika Nivolumab und Ipilimumab haben unterschiedliche, aber sich ergänzende Wirkungsmechanismen. Der CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab induziert de-novo-Anti-Tumor-Reaktionen von T-Zellen, während der PD-1-Inhibitor Nivolumab die Anti-Tumor-T-Zellfunktion wiederherstellt und verstärkt. Das ist die Rationale, die einer Kombination der beiden Substanzen zugrunde liegt. Sie hatte bereit in Phase-3-Studien beim Nierenzellkarzinom und beim Melanom zu einer Verbesserung des Gesamtüberlebens geführt.
In der von BMS und Ono finanzierten offenen randomisierten Phase-3-Studie CheckMate 227 wurden Nivolumab und Nivolumab-basierte Therapieregime im Vergleich zu Chemotherapie in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen NSCLC untersucht.
1.189 PatientInnen mit einem NSCLC im Stadium IV und einer PD-L1-Expression ≥ 1% erhielten randomisiert Nivolumab plus Ipilimumab, Nivolumab alleine oder Chemotherapie. 550 PatientInnen mit einer PD-L1-Expression ≤ 1% erhielten Nivolumab plus Ipilimumab, Nivolumab plus Chemotherapie oder Chemotherapie. Die Studie hatte zwei koprimäre Endpunkte, das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS). Die Ergebnisse zum PFS waren bereits 2018 im NEJM publiziert worden. Peters präsentierte nun die Ergebnisse zum Gesamtüberleben bei den PatientInnen mit einer PD-L1-Expression ≥ 1% aus dem Vergleich von Nivolumab plus Ipilimumab (n = 396) und Chemotherapie (n = 397).
Nach einer Nachbeobachtungszeit von 29,3 Monaten lag das mediane Gesamtüberleben in der Nivolumab/Ipilimumab-Gruppe bei 17,1 Monaten, in der Chemotherapie-Gruppe bei 14,9 Monaten. Dies bedeutet eine signifikante Senkung des Sterberisikos um relativ 29% (Hazard-Ratio 0,79, p = 0,007). Nach zwei Jahren lebten in der Immuntherapie-Gruppe noch 40%, in der Chemotherapie-Gruppe noch 33% der PatientInnen.
Auf die Immuntherapie sprachen 35,9% der PatientInnen, auf die Chemotherapie 30,0% an. Das Ansprechen dauerte im Median 23,2 Monate mit der Immuntherapie und 6,2 Monate mit der Chemotherapie. Bei PatientInnen mit einer hohen PD-L1-Expression ≥ 50% betrug die Ansprechrate bei Immuntherapie 44,4%, bei Chemotherapie 35,4%. Das mediane Gesamtüberleben lag bei 21,2 bzw. 14,0 Monaten.
Die Immuntherapie wirkte jedoch auch bei einer PD-L1-Expression < 1%: das mediane Gesamtüberleben betrug 17,2 Monate im Vergleich zu 12,2 Monaten unter Chemotherapie (HR 0,62). Nach 2 Jahren lebten unter Immuntherapie noch 40%, unter Chemotherapie noch 23% der PatientInnen. Bei Behandlung mit Nivolumab und Chemotherapie (n = 177) überlebten die PatientInnen im Median 15,2 Monate (HR 0,78). Die Ansprechraten der PatientInnen mit geringer PD-L1-Expression lagen unter Nivolumab/Ipilimumab bei 27,3%, unter Nivolumab/Chemotherapie bei 37,9% und unter Chemotherapie bei 23,1%. Das Ansprechen dauerte im Median 18,0 Monate, 8,3 Monate bzw. 4,8 Monate.
Eine Auswertung aller PatientInnen unabhängig vom Ausmaß der PD-L1-Expression ergab, dass sie mit Nivolumab/Ipilimumab (n = 583) im Median 17,1 Monate, mit Chemotherapie (n = 583) 13,9 Monate überlebten (HR 0,73). Die Effekte von Nivolumab/Ipilimumab waren in allen Subgruppen nachzuweisen. Es wurden keine bislang nicht bekannten unerwünschten Wirkungen beobachtet.
Peters fasste zusammen:
Diskutant Sanjay Popat, Royal Marsden Hospital, London, wies allerdings darauf hin, dass die Immunkombinationstherapie doch mit einer erheblichen Toxizität assoziiert ist, bei etwa einem Drittel der PatientInnen kam es zu Grad-3/4-Nebenwirkungen.
Eine Nivolumab-Monotherapie habe bei einer PD-L1-Expression ≥ 1% nur eine begrenzte Wirkung in der Erstlinientherapie, Ipilimumab verstärke zwar die Wirkung, aber auf Kosten der Verträglichkeit. Bei einer PD-L-1-Expression unter 1% sei die Immuntherapie-Kombi zwar wirksamer als die Chemotherapie, aber dies sei nur eine exploratorische Analyse.
Bei PatientInnen mit einer PD-L1-Expression ≥ 1% sei der Effekt der Immuntherapie-Kombination auf das Gesamtüberleben zwar besser als der Effekt der Chemotherapie gewesen, dies sei jedoch vor allem auf die hohe Wirksamkeit bei Patientinnen und Patienten mit starker PD-L1-Expression über 50% zurückzuführen. Erstaunlicherweise habe sich bei den PatientInnen mit einer PD-L1-Expression zwischen 1 und 49% kein signifikanter Effekt gezeigt. Viele Fragen seien noch offen, die in weiteren Untersuchungen geklärt werden müssten, wie die optimale Dosierung, die Dauer und das Schema der Ipilimumab-Therapie. Unklar sei auch, ob Nivolumab der richtige Partner für Ipilimumab sei.
Quellen:
1. Peters S. Nivolumab + low-dose ipilimumab vs platinum-doublet chemotherapy as first-line treatment for advanced non-small cell lung cancer (NSCLC): CheckMate 227 Part 1 final analysis. ESMO 2019 Annual Meeting, 27. September bis 1. Oktober 2019, Barcelona, LBA4.
2. Hellmann M et al. Nivolumab plus Ipilimumab in Advanced Non–Small-Cell Lung Cancer. N Engl J Med, online publiziert am 28. September 2019