Leitlinien-Update: Synovitis bei Hämophilie
Beim Muskuloskelettalen Arbeitskreis Hämophilie kamen die Koryphäen des Fachgebiets zusammen, um für die Leitlinie "Synovitis bei Hämophilie" herauszuarbeiten, wie man der chronischen Synovitis erfolgreich vorbeugt und dafür sorgt, dass die Patienten frühzeitig versorgt werden. Für die zur Prävention notwendige Prophylaxe ist vor allem die Bestimmung des Talspiegels, sowie die Patientenadhärenz relevant.
Experten beraten über Behandlung von chronischer Synovitis
Beim Muskuloskelettalen Arbeitskreis Hämophilie kamen die Koryphäen des Fachgebiets zusammen, um für die Leitlinie "Synovitis bei Hämophilie" herauszuarbeiten, wie man der chronischen Synovitis erfolgreich vorbeugt und dafür sorgt, dass die Patienten frühzeitig versorgt werden. Für die zur Prävention notwendige Prophylaxe ist vor allem die Bestimmung des Talspiegels, also des Faktorspiegels unmittelbar vor der nächsten Injektion, sowie die Patientenadhärenz relevant. Die Kernergebnisse der Leitlinie "Synovitis bei Hämophilie" folgen im Text.
Prävention der chronischen Synovitis: Dauerbehandlung
- Bei Vorliegen einer schweren und seltener bei einer mittelschweren Hämophilie sollte die frühzeitige und ausreichende prophylaktische Substitutionstherapie erfolgen, um Blutungen und deren Folgen zu vermeiden.
- Aufgrund ausreichender Erfahrungen in der Leitliniengruppe soll die Anhebung des Talspiegels im Rahmen einer individualisierten prophylaktischen Substitutionstherapie bei Kindern mit schwerer Hämophilie auf ≥ 3% erfolgen.
- Bei den erwachsenen Hämophilen mit bereits arthropathisch veränderten Gelenken soll daher im Hinblick auf die vorliegenden Studienergebnisse der Talspiegel bei der prophylaktischen Substitutionstherapie ≥ 1-3% angehoben werden.
- In Einzelfällen kann zur Verbesserung einer individuellen Schmerz- und Blutungssymptomatik und zur Durchführung einer Physiotherapie vorübergehend ein Anheben des Talspiegels auf ≥ 10% erforderlich sein.
Therapie der akuten Synovitis:
- Bei einer akuten Synovitis in Folge einer akuten Gelenkblutung soll die Dosis des Gerinnungspräparats in Abhängigkeit vom Schweregrad und vom Ausmaß der Blutung initial 1-2x täglich 40-60 IE7kg betragen. Insbesondere bei Kindern können individuell höhere Dosierungen erforderlich sein.
- Die Reduktion der Dosis wie auch die Verlängerung der Intervalle sollte in Abhängigkeit vom klinischen Befund erfolgen. Eine zu rasche Dosisreduktion und / oder Intervallverlängerung kann der chronischen Synovitis Vorschub leisten.
- Bei sehr ausgeprägter Gelenkblutung mit massiver Schwellung kann im Einzelfall die Punktion erwogen werden.
- Begleitende Maßnahmen sind Ruhigstellung, falls erforderlich Scherzmedikation (keine Acetylsalicylsäure), antiinflammatorische Therapie und physiotherapeutische Behandlung.
Therapie der chronischen Synovitis:
- Auch bei der chronischen Synovitis ist derzeit die Behandlung mit Gerinnungspräparaten die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung von Blutungen.
- Durch die Neoangiogenese besteht eine erhöhte Blutungsneigung. Um erneute (Mikro-) Blutungen in das Gelenk zu verhindern, können Talspiegel des Faktors VIII oder IX auf minimum 30% angehoben werden. Parallel dazu sollte eine Radiosynoviorthese erwogen werden.
- Die Kontrolle des Talspiegels sollte im Intervall von 7-10 Tagen, danach monatlich bis zu einem halben Jahr erfolgen. Bei diesen Kontrollen sollte auch eine klinische Untersuchung mit Prüfung einer Überwärmung, einer Kapselverdickung, einer Bewegungseinschränkung oder einer Muskelatrophie durchgeführt werden.
- Wenn sich die Synovitis nicht ausreichend gebessert hat, kann entweder ein weiteres halbes Jahr die phrophylaktische Substitutionstherapie in gleicher Intensität durchgeführt oder eine erneute Radiosynoviorthese bzw. Synovektomie erwogen werden.
- Neben der Substitionstherapie von FVIII oder FIX sollten folgende zusätzliche Maßnahmen durchgeführt werden:
- Anwendung von antiinflammatorischen Medikamenten
- Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) systemisch
- Corticosteroide intraartikulär
- Physiotherapeutische Begleitbehandlung zur Vermeidung oder Verbesserung einer bereits eingetretenen Muskelatrophie sowie von Koordinations- und Gangstörungen
- Neben der klinischen Untersuchung sollten Kontrollen mit Hilfe einer Sonographie zu Beginn alle 7-10, danach monatlich und mit Hilfe des MRT alle 3-6 Monate mit Kontrastmitteln erfolgen. Bei kleinen Kindern muss die sehr aufwendige und belastende MRT-Untersuchung (Sedierung) sorgfältig abgewogen werden.
Fazit:
"Die Synovitis muss frühzeitig behandelt werden", appelliert Dr. Hans-Hermann Brackmann vom Hämophilie-Zentrum der Universität Bonn an die Teilnehmer der Session. Das Ziel der Prophylaxebehandlung bei Hämophilie muss es sein, die Entstehung einer chronischen Synovitis zu vermeiden. Mit den verlängerten Halbwertzeiten von Faktorpräparaten und die damit einhergehende gesteigerte Patientenadhärenz durch weniger Injektionen bei gleichen Talspiegelwerten, besteht nun Hoffnung für eine erfolgreiche Prävention.
Quellen:
Brackmann, H.H. (Berlin). MIS18-5 Die Synovitis aus der Sicht des erfahrenen Hämostaseologen. IN: 10:00 – 11:30 MIS 18 Muskoloskelettaler Arbeitskreis Hämophilie. Was habe ich aus der Leitlinie "Synovitis bei Hämophilie" gelernt? 63rd Annual Meeting of the Society of thrombosis and Haemostatis Research, Berlin, Germany. 27 Feb. – 2 Mar. 2019.