Akromegalie: Ursachen, Folgen und Behandlung

Das Multirezeptor-Somatostatin-Analogon der zweiten Generation Pasireotid schaffte es die biochemische Ansprechrate bei einem Teil der Patienten zu verbessern und selbst in Extension-Studien aufrechtzuerhalten.<sup>1, 2</sup>

Akromegalie: Ursachen, Folgen und Behandlung

Der Begriff Akromegalie stammt aus dem Griechischen und bedeutet wortwörtlich übersetzt eine ausgeprägte Vergrößerung der Akren. Betrachtet man Patienten mit Akromegalie so verdeutlicht sich diese Veränderung der distalen Körperspitzen wie den Fingern, der Nase und der Stirn. Diese äußerst seltene Erkrankung wird durch ein Wachstumshormon produzierendes Hypophysenadenom verursacht. Die hieraus resultierende übermäßige Sekretion des insulinähnlichen Wachstumsfaktors 1 (IGF-1) kann eine Vielzahl an Organsystemen negativ beeinflussen. Die Akromegalie kann mit endokrinen, metabolischen, kardiovaskulären, respiratorischen, muskuloskelettalen und neoplastischen Komorbiditäten einhergehen. Unbehandelt führt die Akromegalie zu einem verfrühten Dahinscheiden der betroffenen Patienten. Die frühzeitige Diagnosestellung und die verbundene adäquate Behandlung sind unerlässlich um der mit der Akromegalie assoziierten Morbidität und Mortalität entgegenzuwirken. Bisher gestaltete sich die Therapie dieser seltenen Erkrankung nur schwer. Die Somatostatin-Liganden der ersten Generation (fg-SRL) konnten Patienten mit Akromegalie bis dato keine Kontrolle über die biochemischen Parameter geben. Anders sieht es mit dem Multirezeptor-Somatostatin-Liganden Pasireotid. Extension-Studien zu dessen Wirksamkeit geben einigen Patienten mit Akromegalie Hoffnung.4

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Abbildung 1: Der französische Profi-Wrestler André the Giant (André René Roussimoff) ist einer der bekanntesten Personen mit Akromegalie. Er war 2,24 m groß und 240 kg schwer.3

Pasireotid  besitzt ein breiteres Bindungsprofil als die fg-SRL

Das Cyclohexapeptid Pasireotid unterscheidet sich von den Somatostatin-Liganden der ersten Generation (fg-SRL) durch eine höhere Affinität zum Somatostatinrezeptor Typ 5 als zu dem Somatostatinrezeptor Typ 2 aus. Das breitere Bindungsprofil geht mit einer größeren klinischen Wirksamkeit bei Akromegalie einher – verglichen mit den fg-SRL. Ein Nachteil dieses Bindungsprofils ist der erhöhte Blutzuckerspiegel, der bei einigen Patienten auftreten kann. Dieser ist auf die Hemmung der Insulinsekretion und des Inkretineffekts sowie auf einer nur mäßigen Unterdrückung von Glukagon zurückzuführen. Der Behandlungsplan sieht eine intramuskuläre Injektion von Pasireotid  im 1-monatigen Intervallen vor.5

Die Wirksamkeit von Pasireotid wird in einer Metaanalyse bewertet

In einer Metaanalyse von Aliyeva T. et al. wurde die Wirksamkeit des Multirezeptor-Somatostatin-Liganden Pasireotid bei Patienten mit aktiver oder unkontrollierter Akromegalie bewertet. Das Forschungsteam schloss neun Studien mit insgesamt 590 Patienten in ihre Metaanalyse ein. Hiervon handelte es sich um vier klinische Studien und fünf Beobachtungskohorten. Fast 83 % der Gesamtpopulation bestand aus Patienten mit unzureichend kontrollierter Akromegalie. Der Einsatz des Multirezeptor-Somatostatin-Liganden Pasireotid führte zu folgenden Ergebnissen: 

Die biochemischen Ansprechraten blieben auch in der Verlängerungsphase der untersuchten Studien erhalten. In einer weiteren gepoolten Analyse mit insgesamt vier Extension-Studien zeigte sich eine Prävalenz der biochemischen Kontrollrate von 29,03 % (n= 281 Patienten).6

Nebenwirkungen unter Pasireotid 

Unter Pasireotid kam es am häufigsten zu folgenden unerwünschten Ereignissen:

Pasireotid überzeugt im Langzeitverlauf über 10 Jahre hinweg

Im Jahr 2023 wurden Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Pasireotid bei Patienten mit Akromegalie veröffentlicht. In einer retrospektiven Analyse mit insgesamt 50 Patienten wurden die biochemische Ansprechrate und die Sicherheit von Pasireotid bei Akromegalie beurteilt.  Die retrospektive Analyse erfolgte anhand einer prospektiv geführten Datenbank aller Patienten mit Akromegalie, die seit November 2008 im medizinischen Behandlungszentrum in Rio de Janeiro, Brasilien in Behandlung waren. Bei mehr als der Hälfte (54 %) der Patienten normalisierte sich der IGF-I-Wert. Es zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Akromegalie-Symptome und der Lebensqualität der Patienten. Zu einer Tumorverkleinerung kam es bei 63 % der Patienten. Wichtig anzumerken ist jedoch, dass die eingeschlossenen Patienten zu Studienbeginn bereits eher kleinere Tumore hatten sowie einen niedrigeren GH-Wert hatten. Beim Großteil der behandelten Patienten traten hyperglykämische Ereignisse auf. Dies war auch der Fall bei den Patienten mit normalem Blutzucker vor Behandlungsbeginn. Ältere Patienten und Patienten mit höheren IGF-I-, Glukose- und HbA1c-Werten zu Beginn der Behandlung hatten höhere Glukose- und HbA1c-Werte während der Behandlung mit Pasireotid. Die Forschungsgruppe kam zu dem Schluss, dass Pasireotid selbst bei Patienten mit Akromegalie und Resistenz gegen SRL der ersten Generation über einen Zeitraum von mehr als 11 Jahren klinisch wirksam und gut verträglich war.7

Fazit für die Praxis

Rare Disease Day am 28. Februar 2025

Seit 2008 findet jedes Jahr Ende Februar der weltweite Tag der seltenen Erkrankungen statt. esanum begleitet den Tag und berichtet nicht nur über aktuelle Themen, sondern auch über mögliche Symptomkomplexe, Diagnostik, Therapieansätze und Orphan Drugs zur Behandlung von seltenen Krankheiten. Weitere Beiträge finden Sie im Themenspecial zum Rare Disease Day. 

Quellen:
  1. Ershadinia N, Tritos NA. Diagnosis and Treatment of Acromegaly: An Update. Mayo Clin Proc. 2022 Feb;97(2):333-346. 
  2. https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2021/20210512151772/anx_151772_de.pdf
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/André_the_Giant
  4. Feelders RA. et al. (2009). Medical therapy of acromegaly: efficacy and safety of somatostatin analogues.  Drugs. 2009 Nov 12;69(16):2207-26.
  5. Bolanowski M, Kałużny M, Witek P, Jawiarczyk-Przybyłowska A. Pasireotide-a novel somatostatin receptor ligand after 20 years of use. Rev Endocr Metab Disord. 2022 Jun;23(3):601-620.
  6. Aliyeva T. et al. (2024). Efficacy and safety of pasireotide treatment in acromegaly: A systematic review and single arm meta-analysis. Pituitary. 2024 Oct;27(5):468-479. 
  7. Gadelha M. et al. (2023). Long-term Efficacy and Safety of Pasireotide in Patients With Acromegaly: 14 Years of Single-Center Real-World Experience. J Clin Endocrinol Metab. 2023 Nov 17;108(12):e1571-e1579.