Stressbedingte Erkrankungen, wie beispielsweise Angst, posttraumatische Belastungsstörungen, Depression oder chronischer Schmerz, sind statistisch betrachtet weiter auf dem Vormarsch. Dennoch gibt es Menschen, die scheinbar sehr viel besser mit Stressoren umgehen können und seltener an stressbedingten Krankheiten leiden. Diese höhere Kompetenz, mit Stress umzugehen, wird als Resilienz bezeichnet. Doch was bedeutet das? Gibt es am Ende sogar konkrete Resilienzfaktoren, die eine Risikoabschätzung der Stressanfälligkeit erlauben?
Die Resilienz gilt gemeinhin als das schützende Vermögen, Stress und seine Folgen erfolgreich abzuwehren. Dabei erschien es lange Zeit so, als wäre das Resilienzvermögen angeboren, ein echter Wesenszug eines Menschen. Dass dies keinesfalls so ist, zeigen aktuelle Forschungen auf diesem Gebiet.
Zu den oft zitierten sogenannten Resilienzfaktoren zählen unter anderem ein guter Umgang mit Stress, ein ausgeprägtes Problemlöseverhalten, stabile soziale Netzwerke, Hilfsbereitschaft sowie positives Denken. Doch wirken diese auch als Schutzfaktoren, welche darauf schließen lassen, wie gut oder schlecht ein Mensch mit Stress umgehen wird?
Leider sind neueren Studien zufolge solche Resilienzfaktoren nur wenig bzw. überhaupt nicht prädiktiv für die Stressanfälligkeit. Vielmehr fällt auf, dass sich jeder Mensch in Stresssituationen beständig verändert – so kann es in der Folge z. B. zur Stressimmunisierung oder auch zu einer veränderten Genexpression kommen.
Die Resilienz bildet keinen Schutzpanzer, hinter dem sich ein Mensch verkriechen kann und an dem der Stress regelrecht abprallt. Stattdessen beschreibt die Resilienz die Aufrechterhaltung oder rasche Wiederherstellung der psychischen Gesundheit nach Stress. Dies zeigt dass Resilienz keine unveränderliche starre Charaktereigenschaft einzelner Menschen ist, sondern, dass es sich um sehr komplexe und dynamisch veränderliche Anpassungsprozesse handelt.
Ein ganz ähnliches Konzept sehen Forscher bei Stress-bedingten Schmerzen realisiert. Dabei verursacht ein Symptom ein anderes und alle Symptome wechselwirken schließlich miteinander. So wirkt sich Angst auf das Sozialleben aus, der Mensch zieht sich zurück und vereinsamt. Daraus entstehen Depressionen, welche die Einsamkeit weiter verstärken oder die Betroffenen sogar die Arbeit verlieren lassen können, was die Angstsymptomatik zusätzlich verstärkt.
In einem auf diese Weise vorgeschädigten System bewirken Stresseinflüsse sehr leicht, dass Angst und Stresssymptome am Umschlagspunkt "kippen" und es zu maladaptivem Verhalten kommt. Resilienzfaktoren auf der anderen Seite dämpfen das Stresslevel bzw. die Symptomatik und verhindern auf diese Weise eine Maladaptation. Ferner ist die Resilienz als dynamischer Prozess veränderlich und kann sogar trainiert werden.
Quelle:
Präsidentensymposium: "Resilienz : dynamischer Prozess oder Charaktereigenschaft?" (R. Kalisch), Schmerzkongress, 19.10.2018; Mannheim.