Bereits ab der ersten Lebensdekade bilden sich in den Gefäßen des Körpers erste arteriosklerotische Veränderungen und Ablagerungen. Solche frühen Gefäßläsionen sind gleichzeitig der Nährboden für spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt oder den frühen Herztod. Eine der Hauptursachen sind die Hypercholesterinämie sowie die Hyperlipidämie. Kinder mit entsprechender genetischer Prädisposition, Stoffwechselerkrankungen oder krankhaftem Übergewicht (Adipositas) sollten zumindest einen Cholesterin- und Lipid-Check bekommen. Denn nur mit der richtigen Diagnose können diese Kinder adäquat therapiert werden, wobei Ernährungsanpassungen stets den Vorrang vor Medikation haben sollen.
Bereits Kinder – insbesondere jene mit einem erhöhten familiären Risiko – können arteriosklerotische Gefäßveränderungen entwickeln, wenn ihr LDL-Cholesterin dauerhaft stark erhöht und das HDL hingegen deutlich vermindert ist. In jungen Jahren ist die Erkrankung den kleinen Patienten jedoch selten direkt anzusehen und ein allgemeines Screening fehlt in Deutschland.
Zwar ist die Untersuchung der Blutfette und des Cholesterinwertes Bestandteil der J1-Untersuchung, doch wird diese in Deutschland als freie Zusatzuntersuchung viel zu wenig angenommen. Pädiater plädieren deshalb, die Cholesterinbestimmung aus dem Blut bei allen Kindern bereits während der vorgeschriebenen U9 vorzunehmen.
Gerade Kinder mit angeborenem Risiko für die Hypercholesterinämie sind in den ersten Lebensjahren häufig unauffällig. Die erhöhten Cholesterinwerte (LDL-Cholesterin) sowie erhöhtes Lipoprotein a (LPa), welches die Thromboseneigung fördert, sind allein durch entsprechende Blutuntersuchungen zu entdecken.
Je länger eine Hypercholesterinämie unerkannt besteht, desto wahrscheinlicher treten im weiteren Verlauf Xanthome und andere sichtbare Cholesterin-Einlagerungen in der Haut auf. Typisch sind beispielsweise ebenfalls bräunliche Flecken an den Streckseiten der großen Gelenke.
Sollte bei einem Kind aufgrund der sichtbaren Anzeichen ein Verdacht auf eine Hypercholesterinämie bestehen, so ist dies anhand einer Blutdiagnostik rasch zu bestätigen. Desweiteren ist in den meisten Fällen eine Familienanamnese sehr hilfreich. Dabei fällt dann in der Regel auch auf, dass z. B. bereits der Großvater und/oder der eigene Vater in jungen Jahren (< 55 Jahre) Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle oder einen Herzinfarkt erlitten hatten. Bei Kindern mit einer solchen positiven Anamnese ist eine molekulargenetische Untersuchung durchzuführen, denn es besteht der Verdacht auf ein erbliches Geschehen.
Gemäß aktueller S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Hyperlipidämien bei Kindern und Jugendlichen weisen folgende Parameter im Blut auf eine Hypercholesterinämie hin:
Da das Gesamt-Cholesterin beim Menschen über den Tagesverlauf relativ stabil ist, ist eine Nüchtern-Bestimmung im Rahmen eines "Vorsorge"-Screenings in der Praxis nicht notwendig. Sollte der dabei ermittelte Serumwert für das Cholesterin jedoch deutlich erhöht sein, soll eine zweite Messung nüchtern erfolgen. Dabei sind neben dem LDL auch HDL, Triglyzeride, LPa sowie Homocystein zu bestimmen.
Wichtig: Ein Behandlungsbedarf der Hypercholesterinämie resultiert erst nach zweimaliger erhöhter Messung innerhalb von vier Wochen.
Im Rahmen der Ursachensuche sind sowohl molekulargenetische Verfahren zum Ausschluss einer primären (familiär vererbten) Hypercholesterinämie einzusetzen als auch weitere Risiken für sekundäre Hypercholesterinämien abzuklären. Bitte dabei ebenso an Medikamente denken, welche die Kinder oder Jugendlichen eventuell einnehmen. So ist beispielsweise von Corticoiden, oralen Kontrazeptiva, β-Blockern oder Thiaziden bekannt, dass diese Hypercholesterinämien fördern.
Differentialdiagnostisch sollte der Pädiater bei Vorliegen einer Hypercholesterinämie an die folgenden Erkrankungen und Ursachen denken:
Die Behandlung der Hypercholesterinämie des Kindes soll nach Möglichkeit anfangs ohne Medikation auskommen. Tatsächlich gibt es zahlreiche Studienergebnisse zum positiven Einfluss von Bewegung und Ernährungsanpassungen zur Kontrolle der Hyperlipidämien.
Das folgende Schema könnte bei der Behandlung der Hypercholesterinämie im Praxisalltag zum Einsatz kommen:
Quelle:
Lunch-Symposium: „Klingt komisch, ist auch so – von fettem Blut bis weichen Knochen“ (Veranstalter: Alexion Pharma Germany GmbH), DGKJ, 14.09.2018, Leipzig