Diabetes und chronische Nierenerkrankungen: neue ganzheitliche Leitlinie erschienen
Die Therapie von Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Diabetes erfordert viel Fingerspitzengefühl kann sehr komplex werden. Die aktualisierte Leitlinie "Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO)" enthält wichtige Empfehlungen.
Übersicht über die Leitlinie
- Die Leitlinie gibt Handlungsempfehlungen, hat aber auch relevante Praxistipps.
- Patientinnen und Patienten sollten zu einer Anpassung des Lebensstils motiviert werden.
- Alle drei bis sechs Monate sollten alle Risikofaktoren evaluiert werden.
- Die aktualisierten Empfehlungen werden weiter unten dargestellt.
Chronische Nierenerkrankung und Diabetes erfordern komplexes Management
Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung (CKD), die zusätzlich noch an Diabetes leiden, sollten engmaschig kontrolliert werden. Schließlich steigt mit der Doppelbelastung das Risiko für Krankheitsexazerbationen sowie mögliche kardiovaskuläre und organschädigende Komplikationen.
Deshalb bietet die aktualisierte Leitlinie nicht nur Handlungsempfehlungen bezüglich medikamentöser Therapie, sondern zielt auf eine ganzheitliche Behandlung ab. Besonderen Stellenwert hat hier die Lebensstiländerung der Erkrankten, die mit ausgewogener Ernährung, Bewegung, Gewichtsregulation und Rauchstopp einen soliden Grundstein für ihre Gesundheit legen können und sollten. Zur Erfolgskontrolle empfehlen die Experten ein Risikoassessment alle drei bis sechs Monate.
Medikamentöse Therapie ist ein Grundpfeiler der Behandlung
Da jedoch eine Anpassung des Lebensstils in vielen Fällen nicht ausreichend ist, bildet die medikamentöse Therapie eine wichtige Säule in der Behandlung der Erkrankten. Die Leitlinie gibt entsprechende Empfehlungen:
- Patientinnen und Patienten mit Hypertonie, Diabetes und Albuminurie sollten einen ACE-Hemmer oder einen Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker erhalten – und zwar bis zur höchsten zugelassenen und tolerierten Dosis.
- Typ-2-Diabetiker mit CKD und einer eGFR über 20 ml/min sollten idealerweise einen SGLT2-Inhibitor einnehmen.
- Kommt es unter Therapie mit einem ausdosierten RAS-Inhibitor weiterhin zu Albuminurie, sollten Erkrankte mit Typ2-Diabetes und CKD einen kardioprotektiven MAR erhalten – solange die Kaliumwerte im Normalbereich liegen und die eGFR über 25 ml/min ist.
- Metformin wird weiterhin empfohlen, solange die eGFR über 30 ml/min liegt.
- Ist der Diabetes trotz Metformin und einem SGLT2-Inhibitor nur schwer einzustellen, oder liegen Kontraindikationen vor, sollte ein langwirksamer GLP-1-Rezeptoragonist verordnet werden.
Nicht-medikamentöse Maßnahmen haben hohen Stellenwert
Neben den medikamentösen Interventionen spielen Lebensstiländerungen eine große Rolle im Management von Diabetes und CKD. Die Experten der Leitlinienkommission haben in der aktualisierten Version deshalb auch Empfehlungen diesbezüglich mit aufgenommen:
- Der Rauchstopp ist besonders für Erkrankte mit CKD und Diabetes wichtig. Patientinnen und Patienten sollten diesbezüglich motiviert und unterstützt werden.
- Der Ziel-HbA1c-Wert sollte individuell festgelegt werden und zwischen <6,5% und <8,0% liegen.
- Idealerweise nehmen Erkrankte 0,8 g Eiweiß pro kgKG täglich zu sich. Für Menschen, die auf Dialyse angewiesen sind, ist der Wert entsprechend höher.
- Betroffene sollten weniger als 5 g Salz (als Natriumchlorid) pro Tag zu sich nehmen.
- Körperliche Aktivität ist wichtig – deshalb wird empfohlen, pro Woche mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivitäten durchzuführen. Eine individuelle Anpassung kann nötig sein, zum Beispiel bei vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen.
- Ein strukturiertes Lernprogramm mit dem Erlernen von Selbstmonitoring sollte Patientinnen und Patienten angeboten werden.
- Um die bestmöglichen Outcomes zu erreichen, sollten Erkrankte von einem multidisziplinären Team behandelt werden.
Fazit für die Praxis
Die aktualisierte Leitlinie bietet neben überarbeiteten Empfehlungen zur Therapie und zum Management der CKD und Diabetes hilfreiche Praxistipps für den klinischen Alltag. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Lebensstiländerung ein – ein einfaches, aber schwer umzusetzendes Mittel zur Behandlung der Erkrankungen.
Mehr aus unserer aktuellen Kongressberichterstattung:
- Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Diabetes Work Group. KDIGO 2022 Clinical Practice Guideline for Diabetes Management in Chronic Kidney Disease. Kidney Int. 2022;102(5S):S1–S127.