Menschen, die es mit der Mundhygiene genau nehmen und sich 2–3-mal am Tag die Zähne putzen, scheinen ein geringeres Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes zu haben. Darauf weisen zumindest die Daten einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie aus Südkorea hin.
Rationale hinter der Studie war die Hypothese, dass mangelnde Mundhygiene und parodontale Erkrankungen zu transienten Bakteriämien und damit zu systemischen inflammatorischen Reaktionen führen können. Da die chronische Inflammation über eine Zunahme der Insulinresistenz und endothelialen Dysfunktion an der Entstehung eines Typ-2-Diabetes beteiligt sein kann, wäre somit ein Zusammenhang der beiden sehr häufigen Erkrankungen denkbar.
Die AutorInnen um Yoonkyung Chang vom Ewha Womans University College of Medicine in Seoul nutzen die Daten der staatlichen Krankenversicherung National HealthInsurance System - Health Screening Cohort (NHIS-HEALS) um ihre Hypothese zu untermauern. Diese Versicherung fordert alle Erwachsenen alle zwei Jahre zu einer Vorsorgeuntersuchung auf, bei der unter anderem auch nach der Mundhygiene gefragt und der Zahnstatus erhoben wird. Auf diese Weise konnten die Daten von 188.013 erwachsenen Personen ausgewertet werden, von denen 31.545 (16,1%) im Laufe von zehn Jahren neu an Diabetes erkrankten.
Die eingeschlossenen Personen waren im Mittel 53,3 Jahre alt, 57,9% waren Männer. 34,6% wiesen eine Hypertonie auf, 16,9% eine Dyslipidämie und 20,5% waren RaucherInnen. Etwa 80% der Teilnehmenden hatte angegeben, sich mindestens zweimal am Tag die Zähne zu putzen und drei Viertel hatten noch ein vollständiges Gebiss. Bei 17,5% war eine Zahnfleischerkrankung diagnostiziert worden.
Eine gute Mundhygiene schien sich auszuzahlen: Nach Berücksichtigung zahlreicher Faktoren (demographische Daten, regelmäßige körperliche Bewegung, Alkoholkonsum, Raucherstatus, vaskuläre Risikofaktoren, Malignome in der Vorgeschichte und Laborwerte) erkrankten Personen, die 3-mal täglich ihre Zähne putzten, zu 8% seltener an einem Diabetes (Hazard Ratio 0,92). Eine vorhandene Parodontitis erhöhte das Risiko um 9% (HR 1,09), und der Verlust von 15 oder mehr Zähnen, ging mit einem um 21% höheren Risiko einher (HR 1,21).
In der Subgruppenanalyse war der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabeteserkrankungen bei jüngeren Menschen (≤ 51 Jahre) stärker ausgeprägt als bei Älteren. Die Häufigkeit des Zähneputzens schien sich dagegen bei den Älteren (≥ 52 Jahre) stärker auf das Diabetesrisiko auszuwirken und bei Männern stärker als bei Frauen. Das Gleiche galt für die Zahl der verlorenen Zähne.
Auch wenn die Studie nichts über mögliche Mechanismen aussagt, vermuten die AutorInnen, dass eine bei schlechter Mundhygiene und Paradontitis nachgewiesene vermehrte systemische Inflammation zu der erhöhten Diabetesinzidenz beitragen könnte – auch wenn das natürlich nur einer von vielen Faktoren bei der Entstehung des Typ-2-Diabetes ist.
Als Limitationen nennen die AutorInnen unter anderem die Beschränkung auf die koreanische Bevölkerung, die möglicherweise nicht ganz ehrliche Selbstauskunft über die Häufigkeit des Zähneputzens, das retrospektive Design und die mangelnde Differenzierung zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes.
Fazit: Parodontitis und der Verlust von Zähnen scheint mit einem erhöhten Risiko für Neuerkrankungen an Diabetes einherzugehen. Eine optimale Mundhygiene scheint das Risiko zu reduzieren und könnte somit möglicherweise zu einer Reduktion von Diabeteserkrankungen beitragen.
Quelle:
Chang Y et al; Improved oral hygiene is associated with decreased risk of new-onset diabetes: a nationwide population-based cohort study; Diabetologia (2020); DOI: https://doi.org/10.1007/s00125-020-05112-9 https://diabetologia-journal.org/wp-content/uploads/2020/02/Chang.pdf