Die Vorteile von Digitalen Gesundheitsanwendungen im Praxisalltag
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) können Patienten beim Therapiemanagement helfen und sie auf dem Behandlungsweg unterstützen. Alle Vorteile auf einen Blick.
Die wichtigsten Vorteile von DiGA im Überblick:
- Betroffene erhalten leitlinienkonforme und evidenzbasierte Informationen, wodurch sich überflüssige Fragen in der zeitlich knapp bemessenen Sprechstunde vermeiden lassen. Der Behandlungsaufwand wird insgesamt reduziert – ohne Abstriche in der Versorgung.
- Es entsteht keine Mehrarbeit für die Praxen. Aktivierung und Nutzung erfolgen durch die Patienten.
- Eine Verschreibung ist für Sie budgetneutral und es entstehen auch keine Kosten für Patienten.
- Die Kosten der DiGA werden von den Krankenkassen direkt mit dem Hersteller abgerechnet.
- DiGA können Patientinnen und Patienten außerhalb der Praxen und Kliniken bestmöglich begleiten.
DiGA erfordern eine Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das die Anwendungen umfassend auf Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datensicherheit und Datenschutz prüft. Nach einer einjährigen Erprobungsphase müssen Hersteller den hinreichenden Nutzen für Patienten mithilfe von umfassenden randomisiert-kontrollierten Studien belegen. Erst dann wird eine DiGA dauerhaft im Verzeichnis des BfArM gelistet.
Wie können Sie eine DiGA verschreiben?
Apps, die im DiGA-Verzeichnis gelistet sind, können Sie als Arzt oder Psychotherapeut ganz einfach auf Rezept verschreiben oder eine ärztliche Bescheinigung dafür ausstellen. Eine solche Verordnung belastet das Heilmittelbudget nicht. Und auch Patienten können DiGAs ohne finanzielle Belastung nutzen, da die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden (für Privatversicherte abhängig vom Tarif). Dafür reichen gesetzlich Versicherte das Rezept oder die ärztliche Bescheinigung bei ihrer Krankenkasse ein. Den für den Einsatz notwendigen Freischaltcode erhalten sie anschließend von der Krankenkasse. Nach dem Download der App über den App-Store oder die Hersteller-Website lässt sich die Anwendung durch die Eingabe des Codes direkt nutzen.
DiGA unterstützen auch Brustkrebsbetroffene
Auch für Brustkrebspatientinnen gibt es bereits DiGA auf dem Markt, die Betroffene durch ihre Erkrankung begleiten. Dazu zählt unter anderem die App PINK! Coach. Sie hilft dabei, Patientinnen nach der Diagnose aufzufangen und während der Therapie und in der Nachsorge mit leitlinienkonformen Informationen und Handlungsempfehlungen zu versorgen.
PINK! Coach ist die einzige dauerhaft im DiGA-Verzeichnis des BfArM gelistete DiGA für Brustkrebspatientinnen. Den hinreichenden Nutzen, der für die dauerhafte Aufnahme belegt werden musste, konnte in Studien nachgewiesen werden. Die Gefahr von Regressansprüchen durch eine Verordnung besteht nicht, da durch die vorhandenen Studien belegt ist, dass die Leistung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und somit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht.
Was bietet PINK! Coach?
Mit PINK! Coach wird Brustkrebspatientinnen ein digitales Tool an die Hand gegeben, mit dem sie begleitend zur ärztlichen Behandlung selbst aktiv werden können. Denn oftmals haben die Patientinnen große Angst und sind verunsichert, häufig fehlt aber in der täglichen Praxisroutine die Zeit, um Fragen vollumfänglich zu besprechen.
Die App bietet Betroffenen deshalb umfassende Unterstützung in den prognostisch relevanten Bereichen Ernährung, Bewegung, mentale Gesundheit und Nebenwirkungs-Management – zum Beispiel bei Fatigue. In wissenschaftlichen Studien (RCT1,2 und RWD3) konnte der medizinische Nutzen der App im Hinblick auf verschiedene Endpunkte nachgewiesen werden.
So konnte gezeigt werden, dass Patientinnen, die PINK! Coach nutzen, i.d.R. eine signifikant reduzierte psychische Belastung2 aufweisen und eine vorhandene Fatigue deutlich reduziert wird1. Besonders praxisrelevant ist auch die Beobachtung, dass App-Nutzerinnen ein deutlich besseres Gewichtsmanagement zeigen3: Diese Patientinnen können ihr Gewicht halten (auch bei Chemotherapie-begleitenden Dexamethason-Gaben oder unter endokriner Therapie) und die übergewichtigen Patientinnen reduzieren ihr Gewicht sogar. Außerdem konnte bei den App-Nutzerinnen eine signifikant gesteigerte körperliche Aktivität nachgewiesen werden3.
Ergebnisse der Pilotstudie:
Ergebnisse Pilotstudie1: Fatigue und psychische Belastung
Abbildung 1. Ergebnisse aus der Pilotstudie: Fatigue und psychische Belastung.
Psychische Belastung über 6 Monate2
Abbildung 2. Ergebnisse aus der Wirksamkeitsstudie: Psychische Belastung über 6 Monate.
Vergleichsstudie zu PINK! Real-World-Daten: Kategoriale Gewichtsveränderung3
Abbildung 3. Gewichtsveränderungen im Vergleich: Brustkrebspatient:innen mit PINK! Coach3 im Vergleich zu Brustkrebspatient:innen unter Regelversorgung4.
Gewichtsveränderung bei Einnahme von Tamoxifen
Abbildung 4. Gewichtsveränderung bei Einnahme von Tamoxifen. Patient:innen mit PINK! Coach3 im Vergleich zur Standardtherapie5.
DiGA: Eine Bereicherung für Patienten und Praxis
Digitale Gesundheitsanswendungen ersetzen den Praxisbesuch nicht. Aber sie können Betroffene auch außerhalb der Arztpraxis unterstützen, dienen als Informationsquelle und helfen beim Umgang mit Krankheiten.
Über die Autorin Prof. Dr. Pia Wülfing
Prof. Dr. Pia Wülfing ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und seit mehr als 20 Jahren auf das Thema Mammakarzinom klinisch und wissenschaftlich spezialisiert. Nach 10 Jahren an der Universitätsfrauenklinik Münster, in der sie das dortige Brustzentrum und die klinische Studienzentrale mit aufbaute und sich zum Thema "Targeted Therapies" beim Mammakarzinom habilitierte, leitete Frau Prof. Wülfing in den vergangenen 10 Jahren die onkologische Praxis und onkologische Tagesklinik am größten deutschen Brustzentrum, dem Mammazentrum Hamburg. Prof. Wülfing hat zahlreiche Original- und Übersichtsarbeiten zum Thema Mammakarzinom publiziert und ihre wissenschaftlichen Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet. Corona-bedingt hat Prof. Wülfing sich 2020 dem Thema "Digital Health" zugewandt. Sie ist Gründerin von "PINK! Aktiv gegen Brustkrebs", einer Online-Plattform für Brustkrebspatientinnen. PINK! bietet verschiedene digitale Lösungen für eine bessere Information, Betreuung und Versorgung von Brustkrebspatientinnen an.
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Wolff J, Wuelfing P, Koenig A, Ehrl B, Damsch J, Smollich M, Baumann FT, Harbeck N, Wuerstlein R. App-Based Lifestyle Coaching (PINK!) Accompanying Breast Cancer Patients and Survivors to Reduce Psychological Distress and Fatigue and Improve Physical Activity: A Feasibility Pilot Study. Breast Care (Basel). 2023 Oct;18(5):354-365. doi: 10.1159/000531495. Epub 2023 Jun 16. PMID: 37901047; PMCID: PMC10601684.
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Wolff J, Seidel S, Wuelfing P, Lux M, zu Eulenburg C, Smollich M, Baumann F, Seitz S, Kuemmel S, Thill M, Tio J, Braun M, Hollaender H, Seitz A, Horn F, Harbeck N, Wuerstlein R. App-based support for breast cancer patients to reduce psychological distress during therapy and survivorship – a multicentric randomized controlled trial. Front. Oncol., 18 April 2024 Sec. Breast Cancer Volume 14 – 2024. https://doi.org/10.3389/fonc.2024.1354377.
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Wolff J, Smollich M, Wuelfing P, Mitchell J, Wuerstlein R, Harbeck N, Baumann F. App-Based Lifestyle Intervention (PINK! Coach) in Breast Cancer Patients—A Real-World-Data Analysis. Cancers. 2024; 16(5):1020. https://doi.org/10.3390/cancers16051020.
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