Optimale Ernährung bei Mammakarzinom: Tipps von Prof. Dr. Martin Smollich

Die Ernährungsweise während und nach einer Brustkrebsbehandlung kann therapiebedingte Beschwerden mildern und das Rezidivrisiko senken. Tipps von PINK! Ernährungsexperte Prof. Dr. Martin Smollich.

Brustkrebs: Ernährung während der Akuttherapie

Therapiebedingte Beschwerden

Viele unerwünschte Wirkungen der onkologischen Pharmako- bzw. Strahlentherapie (z. B. Stomatitis, Gastroenteritis, Dysgeusie, Übelkeit/Erbrechen) können sich nachteilig auf den Ernährungszustand auswirken. Neben der symptomatischen Linderung dieser unerwünschten Wirkungen durch geeignete Arzneimittel soll die individuelle, professionelle Ernährungstherapie zusätzlich genutzt werden, um die Beschwerden zu lindern und den Ernährungsstatus optimal zu erhalten. Hierzu ist die Hinzuziehung qualifizierter Ernährungsfachkräfte sinnvoll.

Fasten vor der Chemotherapie

Experimentelle Daten sowie einzelne, kleine Pilotstudien deuten darauf hin, dass Fasteninterventionen vor bestimmten onkologischen Therapien Vorteile in Bezug auf Verträglichkeit und Wirksamkeit bringen könnten. Die Datenlage rechtfertigt aber keinesfalls die Empfehlung von „Heilfasten“ oder anderen Fastenarten vor einer Chemotherapie bzw. im Rahmen einer immunonkologischen Therapie. Neben den immanenten ernährungsmedizinischen Risiken durch das Fasten in einer derartigen Ausnahmesituation sollte auch berücksichtigt werden, dass ein Teil der verfügbaren Daten sogar tumorzellprotektive Wirkungen des Fastens impliziert. Daher sollte von Fasteninterventionen im Rahmen der onkologischen Therapie abgeraten werden.

Nahrungsergänzungsmittel

Vor Beginn der onkologischen Therapie sollte der Vitamin-D-Status überprüft und ggf. optimiert werden (mind. 75 nmol/l (30 ng/ml) 25(OH)D). Antioxidative Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine A, C, E, Resveratrol) sollten parallel zur Strahlen- bzw. Chemotherapie nicht in Dosierungen eingenommen werden, die über den allgemeinen Zufuhrempfehlungen liegen.

Rezidivprävention durch Ernährung nach Abschluss der Brustkrebs-Akuttherapie

Rezidivrisiko senken

Häufiger als unerwünschter Gewichtsverlust ist in der Therapie des Mammakarzinoms die unerwünschte Gewichtszunahme. Insbesondere die Gewichtszunahme im Rahmen der endokrinen Therapie ist ein negativer prognostischer Faktor. Zentraler Punkt zur Senkung des Rezidivrisikos ist die Vermeidung von Übergewicht und Adipositas. Dadurch verbessert sich nicht nur die Brustkrebsprognose, sondern auch das Risiko für Lymphödeme und spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird gesenkt. Die langfristige Gewichtsreduktion von übergewichtigen und adipösen Patientinnen ist in aller Regel nur mit individueller Begleitung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft möglich. Mit einer Ärztlichen Notwendigkeitsbescheinigung (s.u.) kann die Patientin hierbei unterstützt werden. Auch die Nutzung Brustkrebs-spezifischer Digitaler Gesundheitsanwendungen stellt eine sehr gute Möglichkeit zur ernährungstherapeutischen Aktivierung und Adhärenzsteigerung von Brustkrebspatientinnen dar.

Vollwertige und nährstoffdichte Lebensmittel bevorzugen

Insgesamt günstig auf die Gesundheit wirkt sich eine Ernährungsweise aus, die viel Gemüse und Obst, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte enthält. Gesundheitlich eher ungünstig wirken hochverarbeitete Lebensmittel, zuckergesüßte Getränke, Fastfood sowie rotes Fleisch und Wurstwaren. Am besten umsetzen lässt sich dieses Ernährungskonzept mit einer Kohlenhydrat-reduzierten mediterranen Ernährung. Welchen Effekt spezifische Ernährungsweisen (z. B. ketogen, glutenfrei) auf den Krankheitsverlauf haben, ist aktuell noch nicht bekannt. Grüner Tee kann in größeren Mengen bzw. in Form von Grüntee-Extrakt-haltigen Nahrungsergänzungsmittel das Risiko hepatotoxischer Arzneimittelreaktionen erhöhen.

Fokus auf Fettqualität

Die pauschale Empfehlung, im Rahmen einer gesundheitsförderlichen Ernährung fettarme Lebensmittel zu bevorzugen, ist aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse widerlegt. Wichtiger als eine Fettreduktion ist die Vermeidung von zugesetzten Zuckern, wie sie in vielen Fertigprodukten zu finden sind. Beim Fett dagegen kommt es vor allem auf die Fettqualität an. Hochwertige pflanzliche Öle (Olivenöl, Rapsöl, Leinöl) sollten bevorzugt, tierische Fette dagegen möglichst sparsam verwendet werden.

Alkohol meiden

Alkohol ist zwar ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung von Brustkrebs; wie sich Alkohol auf das Rezidivrisiko auswirkt, ist allerdings bislang nicht vollständig erforscht. Aus ernährungsmedizinischer Sicht ist es aber insgesamt ratsam, so wenig Alkohol wie möglich zu trinken.

Sojahaltige Lebensmittel sind unbedenklich

Viele Brustkrebspatientinnen haben die Befürchtung, dass sich sojahaltige Lebensmittel wie Soja-Drinks, Tofu oder Tempeh ungünstig auf ihre Erkrankung auswirken könnten. Sehr viele große Studien haben inzwischen gezeigt, dass diese Sorge unbegründet ist. Vielmehr können Sojaprodukte als hochwertige pflanzliche Proteinquelle genutzt werden. Auch Frauen mit einem Östrogenrezeptor-positivem Tumor bzw. unter endokriner Therapie können ohne Bedenken sojahaltige Lebensmittel in verzehrüblichen Mengen konsumieren.

Nahrungsergänzungsmittel

Auch nach Abschluss der Akuttherapie sollte die Vitamin-D-Versorgung langfristig optimal gehalten werden. Während einer endokrinen Therapie sollte zusätzlich auf eine ausreichende Calciumzufuhr geachtet werden (1.000 – 2.400 mg/Tag). Eine sehr gute Calciumquelle ist ein calciumreiches Mineralwasser (Calciumgehalt mind. 300 mg/l). Weitere gute Calciumquellen sind Käse und Milchprodukte, grünes Kohl- und Blattgemüse und Haselnüsse. Bei der Verwendung pflanzlicher Milchalternativen (z. B. Hafer- und Sojadrinks) sollte darauf geachtet werden, dass sie mit Calcium angereichert sind.

Ärztliche Notwendigkeitsbescheinigung

Die meisten Krankenkassen übernehmen (zumindest anteilig) die Kosten einer qualifizierten Ernährungstherapie, wenn dazu eine sog. Ärztliche Notwendigkeitsbescheinigung für eine Ernährungstherapie vorliegt. Das Ausstellen dieser Notwendigkeitsbescheinigung ist budgetneutral.

Über den Autor 

Prof. Martin Smollich ist Fachapotheker für Klinische Pharmazie und Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Seit 2018 leitet er die Arbeitsgruppe Pharmakonutrition am Institut für Ernährungsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Lübeck. Zuvor hatte Prof. Smollich eine Professur für Klinische Pharmakologie und Pharmakonutrition an der Mathias Hochschule Rheine inne, wo er den ersten ernährungsmedizinischen Studiengang Deutschlands geleitet hat.

Wissenschaftliche Schwerpunkte seiner Arbeit sind die medizinische Wirkung von Lebensmittelinhaltsstoffen, funktionelle Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel. Prof. Smollich ist vielfacher Fach- und Sachbuchautor und Herausgeber von Ernaehrungsmedizin.blog, dem reichweitenstärksten deutschsprachigen Fachblog zur Ernährungsmedizin. Als wissenschaftlicher Beirat von PINK! erstellt und kuratiert Prof. Smollich den ernährungswissenschaftlichen Teil der App PINK! Coach.

Referenzen:
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