- Pape J, Tschudin S (2023): Pro und kontra Social Freezing – eine Stellungnahme aus reproduktionsmedizinischer und psychosomatischer Perspektive. Gynäkologische Endokrinologie 21:53–58.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Eizellen bleiben „frisch“ und können für später aufgehoben werden. Die biologische Uhr lässt sich dadurch um etliche Jahre zurückstellen.
Zumal eine späte Schwangerschaft heute nicht unbedingt bedenklich ist. Zwar nehmen die medizinischen Risiken mit steigendem Alter zu. Bei einer fitten 40-Jährigen ohne Vorerkrankungen halten sie sich jedoch in überschaubaren Grenzen.
Die Medizin entwickeln sich rasant. Wo sich neue Möglichkeiten ergeben, werden sie auch genutzt. Die Kryokonservierung von Eizellen und die spätere IVF sind jedoch medizinisch nicht indizierte Maßnahmen. Es stellt sich die Frage, ob an sie nicht höhere Maßstäbe hinsichtlich Sicherheit und Erfolgsaussichten gelegt werden sollten.
Die Prozedur bleibt mit Risiken behaftet, der Erfolg ist nicht garantiert. Auch lässt sich der natürliche Alterungsprozess dadurch nicht aufhalten.
Fraglich ist auch, wie "sozial" und gerecht das Ganze wirklich ist. Social Freezing ist keine Kassenleistung. Die Kosten müssen die Betroffenen selbst tragen. Je nach Behandlung können sie sich auf etliche tausend Euro summieren.
Bleibt die Frage nach der viel beschworenen Autonomie und Emanzipation der Frau. Die Möglichkeit des Social Freezing kann auf Frauen auch zusätzlichen Druck ausüben. Es wird erwartet, dass sie Beruf und Familie ohne Abstriche unter einen Hut bringen, schließlich ist das Zeitfenster für die Familienplanung deutlich erweitert.
Wie bedenklich diese Entwicklung sein kann, zeigt sich bereits bei großen Firmen in den USA, die die Kosten des Social Freezing für ihre Mitarbeiterinnen übernehmen. So können sie sich mit dem Kinderkriegen erstmal Zeit lassen.
Social Freezing ist in der modernen Arbeitswelt angekommen. Es verschafft Frauen mehr Freiraum und Flexibilität, birgt aber zugleich Risiken und kann hohe Erwartungen schüren. Frauenärztinnen und Frauenärzten kommt die wichtige Aufgabe zu, ihre Patientinnen umfassend zu informieren und Chancen wie Grenzen des Social Freezing aufzuzeigen.