Zöliakie: Gesunde Knochen durch höheren BMI und größere Muskelmasse
Zöliakie ist mit einem erhöhten Osteoporoserisiko verbunden. Eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass Muskelmasse, BMI und Knochengesundheit bei Betroffenen zusammenhängen könnten.
Wichtige Erkenntnisse zur Körperzusammensetzung und Knochendichte bei Zöliakie
- Fast ein Drittel der Zöliakie-Patienten in der Studie zeigte eine reduzierte Knochendichte: 27 % der Betroffenen wiesen Osteopenie im Bereich der Lendenwirbelsäule und 20 % im Bereich des Oberschenkelhalses auf.1 Bei drei Personen wurde Osteoporose diagnostiziert.1
- Personen mit Zöliakie, die ein niedriges Körpergewicht, eine geringere fettfreie Masse, reduzierte Muskelmasse, einen niedrigen Body-Mass-Index (BMI) oder eine niedrigere Grundstoffwechselrate aufwiesen, hatten ein deutlich erhöhtes Risiko für Osteopenie und Osteoporose.1
- Obwohl Zöliakie-Patienten häufiger von Osteopenie und Osteoporose betroffen waren, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Körperzusammensetzung zwischen der Zöliakie-Gruppe und der Kontrollgruppe.1
Warum ist das Risiko für Osteoporose bei Zöliakie erhöht?
Studien zeigen, dass bis zu 60 % der Zöliakie-Patienten eine verringerte Knochendichte und bis zu 35 % eine Osteoporose aufweisen.1 Das erhöhte Osteoporose-Risiko bei Zöliakie ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen beeinträchtigt die Schädigung der Darmschleimhaut die Aufnahme essentieller Nährstoffe wie Calcium und Vitamin D, was zu einem Mangel an diesen Substanzen führt. Zum anderen fördern chronische Entzündungsprozesse die Freisetzung proinflammatorischer Botenstoffe wie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Interleukin-1 und Interleukin-6, die den Knochenaufbau stören.1 Dies alles kann zu sekundären Hyperparathyreoidismus und verstärkter Knochenresorption führen und langfristig die Entstehung von Osteopenie und Osteoporose begünstigen.1
Körperzusammensetzung als möglicher Einflussfaktor für Knochendichte
So viel zum Basiswissen rund um die Knochendichte bei Zöliakie. Einen ganz neuen Aspekt untersuchte eine polnische Forschergruppe: Sie ging der Frage nach, ob es einen Zusammenhang zwischen Körperzusammensetzung und Knochendichte bei Zöliakie-Patienten gäbe. Diese Thematik ist besonders relevant, da die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Menschen mit Zöliakie, insbesondere in westlichen Ländern, zunimmt. Beispielsweise ergab eine britische Studie an 187 Probanden mit Zöliakie, dass 44 % entweder übergewichtig oder adipös waren.2
In der aktuellen Studie1 von Skoracka K. et al. wurden 56 Personen mit Zöliakie untersucht. Gemessen wurden die Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Oberschenkelhalses sowie verschiedene Körperparameter wie BMI, Muskelmasse, fettfreie Körpermasse (bestehend aus Muskeln, Knochen und anderen fettfreien Geweben) und Grundstoffwechselrate. Darüber hinaus wurden die Serumspiegel von Vitamin D und Calcium erfasst. Die erhobenen Daten wurden den Ergebnissen der Kontrollgruppe gegenübergestellt.
Mehr Muskelmasse macht Knochen stärker
Die Ergebnisse zeigen interessante mögliche Zusammenhänge auf: Personen mit reduzierter Knochenmineraldichte hatten vermehrt
- einen niedrigeren BMI,
- eine geringere fettfreie Körpermasse,
- geringere Muskelmasse oder/und
- einen niedrigeren Grundumsatz.1
Ein möglicher Mechanismus, der den Zusammenhang zwischen einer geringen Muskelmasse und einer verminderten Knochenmineraldichte erklären könnte, ist die reduzierte mechanische Belastung der Knochen bei wenig Muskelmasse.1 Die mechanische Stimulation spielt nämlich eine entscheidende Rolle für die Osteogenese und wird durch eine höhere Muskelmasse gefördert.1 Dieser Zusammenhang zeigt auf, dass bei der Therapie von Patienten mit Zöliakie nicht nur auf eine Umstellung der Ernährung, sondern auch auf die Integration körperlicher Aktivität in das Therapieregime zu achten ist.
Bemerkenswert ist zudem, dass die Studie einen klaren Zusammenhang zwischen einem niedrigen BMI sowie einem geringen Körperfettanteil und einer reduzierten Knochendichte nachwies.1 Interessanterweise gab es jedoch keine signifikanten Unterschiede in den Körperparametern zwischen der Zöliakie- und der Kontrollgruppe.1
Fazit: Prävention durch Lebensstilintervention
Abschließend geben die Forscher einige nützliche Hinweise, die bei Personen mit Zöliakie die Knochengesundheit fördern könnten: Die Einhaltung einer glutenfreien Diät ist essentiell, um die Knochendichte bei Zöliakie-Patienten zu verbessern und das Frakturrisiko zu senken.1 Gleichzeitig weisen die Forscher darauf hin, dass die Ernährungsqualität bei Zöliakie-Patienten häufig zu wünschen übrig lässt. Denn glutenfreie Produkte sind oft stark verarbeitet, wodurch folglich oft wichtige Nahrungsbestandteile fehlen.1 Betroffene sollten aber auf eine Ballaststoff- und Polyphenol-reiche Ernährung achten, da dies entscheidend zur Knochengesundheit beitragen kann.1 Hierbei spielt das Darmmikrobiom eine wesentliche Rolle: Eine hochwertige Ernährung unterstützt nämlich die Mikroflora im Darm, die als potenziell zentraler Faktor für den Knochenstoffwechsel gilt.1
Ergänzend dazu ist körperliche Aktivität, insbesondere Widerstandstraining, bedeutsam.1 Denn die Erhöhung der fettfreien Körpermasse stärkt die Knochendichte und bietet damit einen zusätzlichen Schutz vor Knochenerkrankungen.1
- Tucker, E et al. Patients with coeliac disease are increasingly overweight or obese on presentation. J. Gastrointest. Liver Dis. 2012, 21, 11–15
- Skoracka K et al. The effect of body composition on osteoporosis risk in adults with celiac disease. Gastroenterol Insights. 2024;15(4):895-903. doi:10.3390/gastroent15040062.