Studien von begrenztem Umfang zeigen, dass die endgültige Beurteilung von Vitamin D3 zur sekundären Prävention von Krebs des Verdauungstrakts weiter auf sich warten lässt. Dennoch ist es Ng et al. scheinbar gelungen, eine statistisch signifikante Verbesserung des Pflegebedürftigkeitsrisikos durch die D3-Gabe nachzuweisen.
Zwei Studien von begrenztem Umfang zeigen, dass die endgültige Beurteilung von Vitamin D3 zur sekundären Prävention von Krebs des Verdauungstrakts weiter auf sich warten lässt.1,2 Zwar konnte eine randomisierte Phase-2-Doppelblindstudie von Kimmie Ng (Dana-Farber Cancer Institute, Boston, Massssachusetts, USA) und Kollegen keine signifikanten Vorteile einer Hochdosis-Gabe von D3 auf das progressionsfreie Überleben (PFS) von 139 Patienten mit metastasiertem kolorektalen Karzinom (CRC) unter Chemotherapie nachweisen.1 Und auch Mitsuyoshi Urashima et al. erkannten keine Vorteile einer postoperativen Vitamin D3-Behandlung von 417 Patienten mit Stadium I-III Krebs des Verdauungstrakts (Ösophagus: 10%; Magen: 42 %; CRC: 48%) auf das rückfallsfreie 5-Jahres-Überleben der Patienten in ihrer randomisierten, Placebo kontrollierten Doppelblindstudie.2
Allerdings weisen beide Forschungsgruppen darauf hin, dass ihre Ergebnisse eher explorativen als endgültigen Charakter hätten. Die gewählte Vitamin D3-Dosis könnte zu niedrig gewählt2 und der Umfang der Untersuchungen zu beschränkt gewesen sein, um eine Wirkung sicher auszuschließen.1,2 Darüber hinaus sei es Ng et al. gelungen, eine statistisch signifikante Verbesserung des Pflegebedürftigkeitsrisikos durch die D3-Gabe nachzuweisen. Weitere Untersuchungen zu Vitamin D3 seien daher nach Meinung beider Forschungsgruppen wünschenswert.
Urashima et al. ebenso wie Ng und Kollegen führen als Ausgangspunkt ihrer jeweiligen Studie an, dass die Gabe von Vitamin D3 Krebs langfristig entgegenwirke und mit einer geringeren Krebssterblichkeit assoziiert sei.3,4 Bereits bei der Auswertung der Nurses’ Health Study und der Health Professionals Follow-Up-Study war zudem beobachtet worden, dass insbesondere CRC-Patienten im Stadium III und IV bezüglich des Gesamtüberlebens von höheren Plasmaspiegeln an Vitamin D3 profitierten.
Weitere Untersuchungen hätten zudem nachgewiesen, dass sowohl die 1𝜶-Hydroxylase als auch der Vitamin D-Rezeptor in praktisch sämtlichen Körperzellen vorhanden seien. Das gelte auch für CRC- und andere Krebszellen, so dass die Tumorzellen in der Lage seien, lokal Vitamin D aus Vitamin D3 zu synthetisieren. Für Vitamin D sei jedoch gezeigt worden, dass es eine Differenzierung in CRC-Zellen auslösen, Wachstum verhindern, die Größe von intestinalen Adenomen reduzieren und die Empfindlichkeit gegenüber 5-FU im Maus-Modell erhöhen kann, berichten Ng und Kollegen.
Die biochemischen Zusammenhänge und die Erfahrungen ihrer Studie legten nahe, dass Vitamin D daran beteiligt sei, die Darmschleimhaut-Barriere aufrecht zu erhalten, in dem es die Tight junctions zwischen den Mukosazellen stabilisiere. So beobachteten Ng et al. weniger Diarrhöen vom Grad ≥ 3 unter den Vitamin D3-Hochdosis-Patienten in ihrer Untersuchung. Wie aufgrund der Dissipation des Vitamin D im Fettgewebe zu erwarten, war dieser Effekt bei schlanken Teilnehmern deutlicher ausgeprägt als bei übergewichtigen.
Beide Forschungsteams empfehlen trotz der bescheidenen Erfolge ihrer aktuellen Studien, weitere, vor allem umfangreichere Untersuchungen zum Nutzen von Vitamin D3 bei Krebserkrankungen, insbesondere des Magendarmtrakts. Beide Gruppen begründen das vor allem mit der statistisch ungenügenden Größe ihrer Studien und einem nicht auf den Nachweis der Wirksamkeit ausgelegten Design der Untersuchungen. Speziell Urashima verweist auf die zu große Vielfalt der untersuchten Tumoren, um bei einer Teilnehmerzahl von 417 Patienten zu statistisch belastbaren Ergebnissen zu gelangen. Die in früheren Studien belegten Befunde, die theoretischen biochemischen Grundlagen und nicht zuletzt der signifikante Nachweis eines reduzierten Pflegerisikos in der eigenen Untersuchung rechtfertigen für Ng et al. die Forderung nach umfangreicheren Untersuchungen zu Vitamin D3 als Sekundärprävention.
Quellen:
1. Ng K, et al. Effect of High-Dose vs Standard-Dose Vitamin D3 Supplementation on Progression on Progression-Free Survival Among Patients With Advanced or Metastatic Colorectal Cancer: The SUNSHINE Randomized Clinical Trial. JAMA. 2019; 321: 1370-1379. https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2730112
2. Urashima M, wt al. Effect of Vitamin D Supplementation on Relapse-Free Survival Among Patients With Digestive Tract Cancers: The AMATERASU Randomized Clinical Trial. JAMA. 2019; 321: 1361-1369. https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/10.1001/jama.2019.2210
3. Manson JE, et al. VITAL Research Group. Vitamin D supplements and prevention of cancer and cardiovascular disease. N Engl J Med. 2019; 380: 33-44. https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa1809944
4. Keum N, Giovannucci E.VitaminD supplements and cancer incidence and mortality: a meta-analysis. Br J Cancer. 2014; 111: 976-980. https://www.nature.com/articles/bjc2014294.pdf