Das Pediatric Inflammatory Bowel Disease-Ahead Program (PIBD-AP) hat in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift GastroenterologyI zwei Konsenserklärungen zu prognostischen Faktoren bei Colitis ulcerosa bzw. Morbus Crohn für Kinder und jugendliche PatientInnen veröffentlicht.1,2 Beide Erklärungen stellen neue Erkenntnisse dar, da bisher keine wissenschaftlich belastbaren Prognosefaktoren zu therapeutischen Entscheidungen bei den beiden Darmerkrankungen bekannt waren.
Chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (CED, IBD) stellen eine ernst zu nehmende, potenziell Lebensqualität und Lebensperspektive verändernde Diagnose dar. Das gilt umso mehr, wenn sie pädiatrische PatientInnen betrifft.
Aus ärztlicher Perspektive haben prognostische Aussagen zu CED entscheidende Bedeutung, insbesondere für therapeutische Entscheidungen. Bisher fehlte ÄrztInnen oft die Grundlage, um Therapie-Empfehlungen gegenüber ihren pädiatrischen PatientInnen und deren Eltern wissenschaftlich abgesichert zu begründen. Eine mehr als unbefriedigende Situation, der mit den beiden Konsenserklärungen nun partiell Abhilfe zuteil wird.
Beide Konsensstatements wurden von hochkarätig besetzten, internationalen Autorengruppen erarbeitet, die sich aus ausgewiesenen UniversitätswissenschaftlerInnen zusammensetzten. Ähnlich dem Verfahren, das bei der Erarbeitung von Leitlinien genutzt wird, erarbeiteten, bewerteten und stimmten die Forschenden die einzelnen Empfehlungen ihrer Konsenserklärungen ab.
Inhaltliche Grundlage der Aussagen waren im Fall der Colitis ulcerosa (CU) 59 Studien, von denen 17 für die quantitative Meta-Analyse herangezogen wurden. Für Morbus Crohn (CD) erwies sich die Studienlage als noch umfangreicher. Insgesamt 101 Studien wurden herangezogen, von denen 42 in die quantitative Meta-Analyse eingingen.
Dennoch wurde von den Autorengruppen beider Untersuchungen angemerkt, dass sich die Studienlage nicht einheitlich befriedigend dargestellt habe. So vermissten die AutorInnen bei einzelnen Aussagen immer wieder eine breitere Datenbasis. Eine geringere Qualität der Empfehlung zu diesem Punkt war dann die Folge.
Dennoch sind die Autoren der Auffassung, mit ihren Konsenserklärungen erstmals umfassende, wissenschaftlich belastbare Aussagen zur Prognose der beiden entzündlichen Darmerkrankungen getroffen zu haben. Tab. 1 zeigt die Konsensaussagen zur CU, während Tab. 2 die Konsensaussagen zum M. Crohn enthält.
Gerade aufgrund der erheblichen Reichweite der in den beiden Veröffentlichungen getroffenen Aussagen sahen sich die AutorInnen zu Vorsicht und Zurückhaltung bei deren Formulierung verpflichtet. Für die Ärzteschaft bestehe die zentrale Aufgabe nun darin, Patienten und ihren Eltern gegenüber die Aussagekraft der Prognosefaktoren zu verdeutlichen und medizinisch und lebensperspektivisch einzuordnen.
Die AutorInnen fühlen sich einer wissenschaftlich optimierten Therapie verpflichtet. Behandelnden PädiaterInnen und GastroenterologInnen solle eine wissenschaftliche Richtschnur an die Hand gegeben werden, die in Zweifelsfällen die Entscheidung zugunsten der realistischeren Prognose erlauben solle.
Tab. 1: Zusammenfassung der Konsenserklärung zu prognostischen Faktoren bei pädiatrischer Colitis ulcerosa.1
Tab. 2: Zusammenfassung der Konsenserklärung zu prognostischen Faktoren bei pädiatrischem Morbus Crohn.2
Referenzen:
1. Orlanski-Meyer E, et al. Predicting Outcomes in Pediatric Ulcerative Colitis for Management Optimization: Systematic Review and Consensus Statements From the Pediatric Inflammatory Bowel Disease–Ahead Program. Gastroenterology 2021; 160: 378–402. https://www.gastrojournal.org/action/showPdf?pii=S0016-5085%2820%2935206-9
2. Ricciuto A, et al. Predicting Outcomes in Pediatric Crohn’s Disease for Management Optimization: Systematic Review and Consensus Statements From the Pediatric Inflammatory Bowel Disease– Ahead Program. Gastroenterology 2021; 160: 403–436. https://www.gastrojournal.org/action/showPdf?pii=S0016-5085%2820%2935205-7