Stress und Ängste beschleunigen Immunseneszenz

Angesichts der weltweit zunehmenden Zahl älterer Erwachsener ist es wichtig, Ungleichheiten in Bezug auf die altersabhängige Gesundheit besser zu verstehen.

Immunsystem im Laufe des Lebens vielen Belastungen ausgesetzt

Zusammenhänge zwischen sozialem Stress und Immunphänotypen

Im Rahmen der Immunseneszenz kommt es unter anderem zum Rückgang naiver und zur Zunahme terminal differenzierter T-Zellen, was sich auf die Gesundheit des Immunsystems und die gewebespezifische Alterung auswirkt.

Eine aktuelle Auswertung einer nationalen Stichprobe von 5.744 US-Erwachsenen über 50 Jahren kommt zu dem Schluss, dass psychosoziale Überlastung zu einer beschleunigten Ausprägung dieser Veränderungen führt. Zu den Risikofaktoren zählten nicht nur belastende Lebensereignisse und Traumatisierung, sondern auch chronischer Stress und Alltagshektik. CMV-Seropositivität und Lebensstilfaktoren milderten die Assoziation.

Doch nicht nur Personen, die hohen psychosozialen Belastungen ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für einen schlechten Gesundheitszustand – insbesondere Angstzustände gehen mit einer beschleunigten biologischen Alterung einher und wirken sich somit auf die Langlebigkeit aus.2 Eine davon unabhängige, im Frühjahr 2022 erschienene Studie erfasste bei 88 Männern und Frauen das Auftreten von Ängsten anhand von Fragebögen und bestimmte das biologische Alter durch Messung der DNA-Methylierung, einem Biomarker, mit dem sich die beschleunigte Alterung von Geweben quantifizieren lässt. Bei Menschen, die unter Ängsten litten, war das biologische Alter im Durchschnitt erhöht. Bei denjenigen, die keine Angstzustände angaben, wurde dagegen ein nicht signifikanter Unterschied oder sogar eine Abnahme des biologischen Alters festgestellt.

Hohes Stressniveau und Angstzustände korrelieren mit einer kürzeren Lebenserwartung

Diese epigenetischen Daten deuten darauf hin, dass speziell Ängste (mehr noch als Stress), mit einem Anstieg der biologischen Alterung assoziiert sind. "Es könnte sein, dass mehr Menschen wahrnehmen, dass sie gestresst sind. Die subjektive Vorstellung davon, was Stress ist, macht es vielleicht leichter, ihn in einen Fragebogen einzutragen. Angst ist vielleicht eine präzisere Messgröße – sie ist eine Art von Stress", führt Christopher Collins aus, Leiter von Forschung und Entwicklung bei Muhdo Health, einem Unternehmen für DNA-Tests, welches die Daten gewonnen hatte. Weitere Auswertungen ergaben auch, dass bestimmte Gene (die sich auf die Spiegel von Neurotransmittern wie Serotonin auswirken) den Effekt noch beschleunigen können.2

Die einzelnen Komponenten eines psychisch belastenden Lebensstils sind hierbei untrennbar miteinander verknüpft. Angst wird häufig als Reaktion auf Stress oder eine Bedrohung verstanden: chronischer Stress führt zur übermäßigen Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen, welche die Funktion des Nerven- und Immunsystems beeinflussen. Angstgefühle können als Folge dieses inflammatorischen Milieus im Körper auftreten, wie wir in einem früheren Beitrag näher erörterten.

Aufgrund der Allgegenwart von psychischem Stress in unserer Zeit liegen hierin wichtige Ansatzpunkte zur Prävention von gesundheitlichen Ungleichheiten im Alter. 
 

Referenzen: 

  1. Klopack, E. T., Crimmins, E. M., Cole, S. W., Seeman, T. E. & Carroll, J. E. Social stressors associated with age-related T lymphocyte percentages in older US adults: Evidence from the US Health and Retirement Study. Proceedings of the National Academy of Sciences 119, e2202780119 (2022).
  2. 2. Does anxiety affect your longevity? Longevity.Technology - Latest News, Opinions, Analysis and Research https://longevity.technology/does-anxiety-affect-your-longevity/ (2022).

    letzter Zugriff auf Websites: 16.7.22